"Twin Peaks" (S2)
Ein bißchen mußte ich mich diesmal zum Weitersehen überreden, da die Serie nach der Offenbarung des Mörders wirklich für die Mehrzahl an Episoden massiv abfällt. So richtig kommt man auch bis zum Schluss nicht mehr in die Puschen, besonders in Hinblick auf die überragende S1. Man merkt halt an allen Ecken und Kanten, daß Lynch kaum noch involviert war und sich seine Ersatzleute wohl sagten "Wir machen was, das wie Lynch aussieht oder etwas, wie er es machen könnte." Doch damit ist es leider nicht getan, wie S2 eindrucksvoll zeigt. Zu sehr mäandern die Handlungsstränge, die nun keine gemeinsame Mitte mehr haben, vor sich hin, schwanken zwischen langweilig (Josie), sinnlos (James), immerhin spaßig (Nadine), leidlich interessant (Ben) und "hätte man mehr draus machen müssen" (Cooper/Earle). Es fehlt das alles zusammenhaltente Zentrum. Dass hier dann auch komplett vom Studio der Stecker gezogen wurde (das die Misere in ihrem Ursprung zu verantworten hatte), ist verständlich.
Was mir auch zum ersten Mal bewusst aufgefallen ist: S1 und S2 umfassen eine Zeitspanne von rund 5 Wochen. Es ist schon erstaunlich, was in so kurzer Zeit alles geschieht, und (das stieß mir diesmal übel auf) sobald ein Problem gelöst ist, findet es fortan keinerlei Erwähnung mehr. Klar, es ist letzten Endes eine Seifenoper und funktioniert nach deren Mechanismen, aber wenn man's mal in die Wirklichkeit überträgt, so liegen da schon Welten zwischen TV und echter Welt. In meiner Heimatstadt wurde in den 80ern mal eine Leiche gefunden. Darüber redet man noch heute. In Twin Peaks ereignen sich innerhalb von zwei, drei Wochen gleich drei Morde, vom selben Täter begangen. Und kaum ist selbiger überführt, kommt man praktisch nicht mehr darauf zu sprechen. Sheriff Trumans Absturz dauert exakt zwei Tage, danach ist davon keine Rede mehr usw. usf. So funktionieren Kleinstädte einfach nicht. Ok, genug kluggeschissen. Es ist und bleibt eine TV-Serie mit viel Licht und leider auch einiges an Schatten.