Internationales Frauenfilmfestival 2013 - Part 3
Samstag, 13. April 2013
Leones (OmU)
Regisseurin Jasmín López über ihren Film: „Leones ist ein Essay über den Tod aus der Perspektive eines sterblichen Wesens, wahrgenommen als wunderbare Landschaft. Es geht um Jugend und ihre Besessenheit. Um den Tod, seine Schönheit und Unbegreiflichkeit. Wie schwach kann der menschliche Körper sein im Vergleich zu einem intellektuellen Konstrukt? Diese Jugendlichen sind immer im Hier und Jetzt. Jeder Hinweis auf die Zeitlichkeit spielen sie herunter oder lehnen ihn strickt ab. Sie sind nicht nur im Moment, sondern wirklich versunken darin; ängstlich und gelangweilt zugleich, beinahe außerhalb jeder Zeitlichkeit.“
Das klingt doch ganz interessant, oder? Doch wie wirkt der Film denn nüchtern betrachtet? Zu sehen sind fünf Jugendlichen, die sich im Wald verlaufen und nicht wieder herausfinden. Die Kamera bleibt stets distanziert und verliert zwischenzeitlich auch ihre Protagonisten aus den Augen und fängt die Bäume und Sträucher des Waldes ein. Leider ohne jegliche Magie. Wer jetzt irgendeine Wendung, Entwicklung oder dergleichen erwartet, sitzt im falschen Film. Bis auf eine kurze Sexszene herrscht Stillstand in diesem Film. Selten habe ich so unbefriedigt das Kino verlassen. 2/10
Es folgten drei längere aktuelle Kurzfilme
Human Vessel (OmeU)
Regisseurin Sissi Deng setzt sich selbst in Szene, indem sie ihre eigene kreative Blockade als Drehbuchautorin inszeniert. Sie beschließt einen Film über sich selbst zu machen, da sich selbst doch am besten kennt. Erst jetzt wird ihr erst wirklich bewusst, was für ein gewöhnliches, normales und wohlbehütetes Leben sie führt. Interessante Persönlichkeitsstudie mit einem hohen selbstreferentiellen Charakter. Hat mir sehr gefallen.
Like Rats Leaving a Sinking Ship (OmeU)
Ein schwieriger Film über die transsexuelle Identität, die mehrere Ebenen umfasst und essayistischen Charakter aufweist. Eine Zweitsichtung würde bei einer Bewertung hilfreich sein.
Monolog (OmeU)
Der autoritäre Film in seiner Reinform. Nur der Torso der Regisseurin ist zu sehen und ihre direkte Ansprachen an das Publikum sowie ihre Bemerkungen zur Projektion zu hören. Spannendes Experiment.
Danach folgten drei Kurzfilme aus den 1910er Jahren
La tournée des grands ducs
Kurzfilm aus dem Jahre 1913, indem zwei betuchte Paare sich einen tollen Abend in einer Ganovenkneipe erhoffen. Aus heutiger Sicht nur noch leicht unterhaltsam.
Les Vampires IV: Le Spectre
Ohne große Vorkenntnis ist es schwierig diese Episode aus dem Jahre 1915/1916 wirklich einzuordnen, sodass ich den Film nur mit geringem Interesse verfolgte.
Judex Episode V: Le Moulin Tragique
Der gleiche Fall ist es bei diesem Film aus dem Jahre 1917. Außerdem setzte auch mal wieder die Festivalmüdigkeit ein. Dagegen ist man manchmal machtlos...
The Queen of Versailles
Wahnwitzige Dokumentation über die erfolgreichen Jahre des Immobilien-Milliardärs David Siegel und seinem finanziellen Ruin durch die Finanzkrise im Jahre 2008. Die Finanzkrise dient daher in diesem Film auch als ein idealer dramaturgischer Wendepunkt, um die Änderungen in der Familie Siegel abzubilden. Ein extrem unterhaltsamer Einblick in einer fremden und seltsamen dekadenten Welt. 8/10
Als nächstes folgte eine Hommage an Heddy Honigman mit zwei Filmen aus ihrem Œuvre.
A shtetl that's no longer there (Yiddish vrennekes) (OmeU)
In dem Dokumentarkurzfilm porträtiert Honigman ihre Mutter, wie sie Yiddish Vrennekes nach einem Familienrezept zubereitet. Währenddessen erzählt die Mutter aus ihrer Vergangenheit. Der Film ist Teil einer Serie, wo Honigman den Weg zum Herzen über den Magen zu illustrieren versucht, indem sie ihre Protagonisten ihr Lieblingsgericht zubereiten lässt. Ganz nett, aber stattdessen kann man auch besser seinen eigenen Eltern oder Großeltern zuhören.
Good Husband, Dear Son (OmeU)
In der Dokumentation aus dem Jahre 2001 erzählt Honigmann die Geschichte des bosnischen Dorfes Ahatovici, indem sie Menschen aus dem Dorf über ihre Erfahrungen mit dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien berichten lässt. Das Dorf wurde damals auf Grund und Boden niedergebrannt und nur Frauen, Kinder und einige wenige Männer blieben verschont. Seitdem hat sich die Alltagskultur und die Bewältigung der Ereignisse in diesem Ort massiv verändert. Honigmann erzählt eine sensible Geschichte, aber versucht nicht nur die Trauer abzubilden, sondern lässt viel mehr den überlebten Humor durchscheinen. Schwierig zu bewerten, denn „Unterhaltung“ sieht natürlich trotzdem anders aus.
Young and Wild (O-Ton)
Den Abschluss des Tages bildete ein moderner chilenischer Spielfilm aus dem Jahre 2012, in der eine Teenagerin gegen die Verbote der Kirche und den Reglements der Familie rebelliert. Eng verflochten mit der Eroberung des virtuellen Raums, bereitet Regisseurin Marialy Rivas die Themen der freien Selbstentfaltung mit dem Fokus auf der sexuellen Lust und dessen Auslebung in einem repressiven Umfeld, in einem abwechslungsreiche visuellen Stil, dass von starken Farben, der Aufbrechnung des Filmbildes (durch Chats und Internetblogs) und anderen kreativen Einfällen auf. Einzig das Ende des stark jugendlich-orientierten Filmes wirkt ein wenig konservativ. Sehr gute 6/10
Mit einer richtigen Werbekampagne würde dieser Film auch in Deutschland seine Besucher finden.
Fortsetzung folgt...