Internationales Frauenfilmfestival 2013 - Part 2
Freitag, 12. April 2013
Pluto (OmU)
Der Druck der Elite anzugehören, der Druck die besten Noten zu schreiben und die Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler in Südkorea ist der Ausgangspunkt für den dramatischen Thriller von Regisseurin Su-won Shin. Die Kritik am System wird sehr offensichtlich im Film integriert, aber durch die nicht chronologische Erzählung, erzeugt der Film eine gewisse Grundspannung, die auf jeden Fall dazu verleitetet weiter dem Geschehen zu verfolgen. Ein gutes Spielfilmdebüt, dass aber auch Luft nach oben offen lässt. 6/10
Gespräche mit verrückten Frauen (O-Ton)
Die Dokumentation von Allie Light zeigt sieben Frauen, die sich offen zu ihren psychischen Krankheiten (Manische Depression, Multipler Persönlichkeitsstörung, Schizophrenie etc.) bekennen und Hintergründe über ihr Krankheit, ihr Verhalten und über ihre Genesung schildern. Aufgrund der sieben verschiedenen Lebensläufe fällt es als Zuschauer erst einmal schwer alle Informationen richtig zuzuordnen, was bei einem mehrmaligen Sichten vermutlich kein Problem darstellen dürfte. Ich fand es jedenfalls schwer dem Geschehen immer zu folgen und sich in die depressiven Phasen der Protagonisten zu verlieren. Kein einfacher Film und für mich gen Ende auch sehr überrascht, dass Regisseurin Allie Light selbst einer der Protagonistinnen gewesen ist.
Obwohl Allie Light mit ihrer vorherigen Dokumentation „In the Shadow of the Stars“ (1991) den Oscar gewonnen hat, scheinen ihre Filme für die Öffentlichkeit kaum zugänglich zu sein. So musste ich ihre Person sogar erst noch in der OFDb eintragen.
Die 727 Tage ohne Karamo
Die Österreicher scheinen einen Hang zum durchinszenierten Dokumentationen zu haben, deren Gestaltung an Spielfilme erinnert. Regisseurin Anja Salomonowitz gibt jedem ihrer Filme eine bestimmte Farbe und dieses Mal handelt es sich, wenn man den Film gesehen hat, ist es auch mehr als offensichtlich, um die Farbe Gelb, um damit das triste Thema der österreichischen Bürokratie zu färben. Auch wenn für mich die Farbe dann doch ein wenig zu penetrant eingesetzt worden ist, liefert sie Hintergründe zu der Situation binationaler Liebespaaren in Österreich ab. Es ist erschreckend wie schwer es der österreichische Staat den Liebespaaren macht, wo ein Partner einen Migrationshintergrund besitzt, sich endlich das Jawort zu geben und eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. In dieser Hinsicht ist Deutschland freilich auch kein leuchtendes Beispiel, aber die dort herrschenden Regelungen beschneiden meiner Meinung nach massiv die Freiheit des Menschen. Allein wegen des Themas sollte diese Dokumentation mehr Aufmerksamkeit bekommen! 7/10
Rapsodia Satanica
Der italienische Stummfilm aus dem Jahre 1915 wurden nur mit italienischen Zwischentiteln aufgeführt, die während der Vorstellung live übersetzt worden sind. (Wie bei vielen Vorstellungen während des Festivals wurden dazu Kopfhörer verteilt)Leider hat die Übersetzerin teilweise sehr undeutlich und leise gesprochen, sodass ich leider nicht alles verstehen konnte. Die Geschichte über eine Frau, die mit einen Pakt mit dem Teufel schließt, um die die ewige Jugend zu bekommen, war dennoch nachvollziehbar. Leider wollte bei mir der Funke nicht ganz überspringen. Irgendwie schien ich nicht in der richtigen Stimmung gewesen zu sein.
Im Anschluss des Films folge die lange Filmnacht mit zahlreichen Kurzfilmen und Musikvideos.
Tilly Bébé, die berühmte Löwenbändigerin
Der Kurzfilm aus dem Jahre 1908, der auf 16mm projiziert worden ist, zeigt, wie der Titel schon erahnen lässt, die Löwenbändigerin Tilly Bébé. Vermutlich erzeugt der Filme heute eine noch größere Wirkung und Entrüstung bei den Zuschauern, sodass man seinen eigenen Augen nicht trauen möchte, wie leichtfertig Tilly mit den Löwen umgeht und immer wieder die Mäuler der Löwen aufreißt und beinahe ihren Kopf reinsteckt.
Buck Fever
Eine YouTube-Collage von Amateuraufnahmen, wo verschiedene Jäger Tiere erlegen. Das Video zeigt die Anspannung der Jäger vor und den befreienden Moment nach dem Abschuss eines Tieres. Danach positionieren sich die Großwildjäger mit ihrem erlegten Wild vor der Kamera und geben ihren Emotionen Ausdruck. Für mich war der Film in seiner Drastik kaum zu übertreffen.
Ruski Make Up
Sollten die Russen der EU beitreten, werden sich ihre Posttraumata der kommunistischen Anarchie im globalisierten Europa ausbreiten, heißt es im Vorstellungstext zu dem Kurzfilm von Mariola Brillowska in dem Katalog des Festivals. Bunte Bilder, viel Dialog und Gesang und alles vollkommen überfrachtet, hinterlässt der Animationskurzfilm einen bleibenden Eindruck. Kurzer Ausschnitt bei
YouTube.
Escape
Der Kurzfilm mit einer Laufzeit von 21 Minuten kontrastiert mithilfe von zwei jungen Frauen, die sich im Wald verlaufen, die Lebensräume Stadt und Dorf. Mit differenzierten Mädchenrollen die, die Extrema unserer Gesellschaft abbilden (sollen?) zeigt die junge Regisseurin Rosa Hannah Ziegler die aggressive Natur des weiblichen Geschlechts oder der jugendlichen Kultur. Eine solide Arbeit mit verschiedenen visuellen und technischen Inszenierungsmerkmalen.
Home
Ich zitiere erneut aus dem Katalog des Festivals: „Home ist ein Film über Heimat, Heimatlosigkeit und Rehe.“ Was stellt man sich darunter vor? Zumindest nicht nur zwei kopulierende Rehe, die aus der Ferne beobachtet und gefilmt worden sind. Zum Glück ging dieser „Experimentalfilm“ nur zwei Minuten. Innerhalb des Abends diente der Film vielleicht zur kurzen Auflockerung, aber im Prinzip ist so etwas doch belanglos...
Beauty-Kit
Das animierte Musikvideo der Künstlergemeinschaft Pleix, zeigt innerhalb von zwei Minuten verschiedene Schönheitsoperationsangebote für Kinder. Kurzweilige Satire für zwischendurch. Film bei
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Centrefold
In dem zehnminütigen Animationsfilm untersucht Ellie Land die kosmetische Genitalchirurgie sowie deren Umstände und Folgen für die betroffene Personen. Ganz interessant. Passend dazu habe ich ein paar Tage später direkt eine Ringvorlesung zum Thema „Der Kampf um die Vulva hat begonnen“ besucht, wo der aktuelle Diskurs über die weibliche Genitalchirurgie analysiert worden ist. Ist wohl ein aktuelles Modethema. Trailer bei
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Super Smile
Fünf Minuten konfrontiert die Performance-Künstlerin Effie Wu den Zuschauer mit ihrem grotesk-hypnotischen Dauergrinsen. Sehr unterhaltsam und auch beängstigend. Das anschließende Gespräch mit Frau Wu war auch sehr lustig.
Mademoiselle
Der Experimentalfilm von Emilie Jouvet zeigt eine Möglichkeit sich den täglichen Belästigungen von Männern zu entledigen. Merkwürdig, eindringlich, aber auch irgendwie naiv und belanglos. Film bei
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Commodity Fetishism
Mode, Performance, Verkleidungen. Unterlegt mit elektronischen Musik wird der menschliche Körper immer von neuem konstruiert. Ganz interessant. Film bei
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The Stars (Are Out Tonight)
Das Comeback von David Bowie ließ auch erneut seine kreative Ader im Musikvideo entfachen. Tilda Swinton und David Bowie harmonieren, allein der Optik wegen, fantastisch zusammen.
Tram
Der Animationsfilm von Michaela Pavlátová illustriert eine sexuelle Fantasie einer Straßenbahnfahrerin. Das Ruckeln und Vibrieren der Bahn, das rhythmisierte Ein- und Aussteigen der Fahrgäste sowie der Ticketentwertung bildet die Grundlage für diese sehr komische Fantasie. Auch für mich ein echter Höhepunkt des Abends.
Teaser bei
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Borrando La Frontera
Der Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko wird in himmelblau gestrichen. Ein experimentelles Friedensangebot. Film bei
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Fjögur Píanó – Sigur Rós
Wer hätte damit gerechnet, dass Shia LaBeouf mal in einem Musikvideo zu einem Lied von Sigur Rós mitspielen würde. Er macht seine Sache aber sehr gut. Das Video ist sehr fantasievoll, aber passt in meinen Augen nur bedingt zur dem Stil von Sigur Rós. Vielleicht liegt es auch daran, dass bei deren Musik bereits immer eigene Bilder im Kopf entwickele.
Golem
Abgedrehtes animiertes Musikvideo, indem idealisierte Träume zu Tierfutter für Zombies verarbeitet werden?! Film bei
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Woman
Experimentalfilme muss man nicht verstehen und manchmal wollen sie auch gar nicht verstanden werden. Was macht denn eine „fucking real woman“ aus?
Der über den Herzog herzog
Ein kurzer Film, der die Machart und vor allem die Tonart von Werner Herzog in seinen Dokumentationen karikiert. Schöne cinephile Parodie für zwischendurch.
Persian Pickles
Als Abschluss noch ein kurzer visueller Trip mithilfe von der schnellen Montage von Paisley-Mustern. Wer als Zuschauer blinzelt, verliert.
Fortsetzung folgt...