Internationales Frauenfilmfestival 2013 - Part 4
Sonntag, 14. April 2013
Filibus
Der letzte Tag des Festivals begann mit einem italienischen Stummfilm aus dem Jahre 1915 von Regisseur Mario Roncoroni. In seinem Filmdebüt, wie oft sieht man sich schon ein Filmdebüt aus den 1910er Jahren (!), spielt Christina Ruspoli die Hauptrolle mit einem außergewöhnlichen Doppelleben. Auf der einen Seite ist sie ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft und auf der anderen Seite terrorisiert sie als Filibus ganz Sizilien von ihrem Zeppelin aus. Dass die schurkische Unterhaltung ganz im Zeitgeist der 1910er Jahre zu sehen ist, erschwert aus heutiger Sicht manchmal den Zugang zu dem teils naiven Spiel des Films.
Alice Guy - Kurzfilme
Nach einer kurzen Pause folgten zahlreiche Filme von Alice Guy (Gi ausgesprochen), die neben den Gebrüdern Lumière und Georges Méliès zu den Pionieren des Films zählt, aber leider meist zu Unrecht übergangen wird. Die gezeigten Kurzfilme stammten aus dem Zeitraum zwischen 1900 und 1907 und offenbaren eine reichhaltige Fantasie, wunderbare Sketche und jede Menge komische Szenen, die als zeitlos angesehen werden können. Ich hoffe, dass ihre Filme in Zukunft die gleiche Anerkennung finden werden wie beispielsweise die Filme von Méliès.
Colombianos (OmeU)
Filmemacherin Tora Mårtens hat über vier Jahre die beiden Brüder Fernando und Pablo sowie deren Mutter begleitet und schildert den Kampf des Drogenentzugs von Fernando und die Auswirkungen auf die Familie - die sogenannte Co-Abhängigkeit der nahen Verwandten. Anders als in Spielfilmen, die sich mit dem Thema Drogen auseinandersetzen, wird die Abhängigkeit nicht drastisch oder reißerisch dargestellt, sondern durch zahlreiche Aussparungen wird ein differenziertes Bild entworfen. Diese Aussparungen resultieren vor allem aufgrund der Privatsphäre der porträtierten Personen, die viele Szenen nicht im Film integriert haben wollten. Letztlich besitzt die Dokumentation zu viele Leerstellen und viele Dinge werden aufgrund der zeitlichen Einordnung der Geschehnisse für den Zuschauer nicht nachvollziehbar. Des Weiteren muss sich der Film auch mit der Last auseinandersetzen, dass dieses Thema bereits in allen möglichen Variationen erzählt worden ist und zweitens bereits etliche reale Vorbilder besitzt, was natürlich einerseits ein höheres Identifikationspotenzial für die Zuschauer stiften kann, aber sich auch andererseits mit anderen Realitäten messen muss d.h. Zuschauer mit ähnlichen Erfahrungen, ob im Freundes- oder Verwandtenkreis, die die Veranschaulichung des Themas nicht eindringlich genug empfinden oder gar als standardisiert. Es stellt sich bei diesem Themen die Frage, wieso gerade dieses Schicksal verfilmt worden ist und nicht eines der anderen tausenden Fällen dieser Art. Knappe 6/10
Fine