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The Descendants
Die Kulissen von Hawaii und Honolulu nutzt Alexander Payne geschickt, um einen Kontrast zum potenziell schweren Stoff herzustellen. Das Drama um die durch einen Unfall im Sterben liegende Ehefrau, eine Affäre und Geschäftliches, das in seiner Bedeutung die gesamte Insel betrifft, wird damit in einen lockeres Gewand gekleidet, so dass die Figuren zwar authentisch wüten und trauern dürfen, dem Zuschauer aber dennoch nicht der Klos im Hals stecken bleibt. So betont "The Descendants" am Ende die Familienwerte, ohne gleich die Individualität zu begraben, ohne aber auch zur karikaturistischen Freakshow aus schrägen Einzelgängern zu mutieren, wie bei "Little Miss Sunshine" geschehen; Payne gelingt dadurch und selbstverständlich mit Hilfe der hervorragenden Haupt- und Nebendarsteller ein enorm komplexes Familienportrait und ein perfekt ausbalancierter Ton zwischen Drama und lockerer Komödie, bei der keine noch so kleine Nebenrolle befürchten muss, unzureichend gezeichnet zu sein; nicht einmal der torfnasige Freund der rebellischen Tochter.
21 Jump Street
In Unkenntnis der Serienvorlage entpuppt sich "21 Jump Street" als satirische High-School-Komödie, die ähnlich wie "Veronica Mars" den Anspruch hat, die amerikanische Jugendkultur zu entlarven, dabei aber ungleich klamaukartiger zu Werke geht: die Hauptdarsteller Tatum und Hill stolpern von einer Peinlichkeit in die nächste. Der klassische Rollentausch des Beliebten und des Nerds steht gar nicht mal so sehr im Vordergrund, es ist vielmehr die Hysterie der Performance, mit der "21 Jump Street" alle Zweifel beseitigen möchte. Mitunter verrennt er sich dabei zu sehr in Plumpheiten und postmodernen Ellipsen (Stichwort: "Ich dachte aber jetzt wirklich, dass der explodiert"), auch wenn er hier und da mal ein paar Glückstreffer einsacken kann und selbst zum Teil seines Beobachtungsobjekts wird. Das Hauptdarstellerpaar vermittelt immerhin auf nüchterne und ungewöhnliche Art eine alternative Buddy-Welt: Die Freunde müssen sich nicht erst zusammenraufen, sie sind sich im Grunde von Anfang an darüber im Klaren, dass sie zusammengehören.
Bad Lieutenant
Was Nicolas Cage später unter Werner Herzog als surrealistisch gefärbte Psychopathie interpretierte, ist bei Harvey Keitel reinste Abgefucktheit. Als Low-Budget-Film teilt sich "Bad Lieutenant" ein New York mit Martin Scorsese, wie dieser es für "Taxi Driver" und "Hexenkessel" darstellte. Dabei zieht Abel Ferrara das von Drogen und Gewalt gezeichnete Großstadtleben radikal in eine Parallele mit dem Glauben und schreckt auch nicht vor grafischen Explizitheiten zurück, beziehen diese sich nun auf Nacktheit, Gewaltausübung oder auch religiöse Symbolik, die fast schon profan in die dreckigen Sets eingebettet wird. Einfacher und unmittelbarer als das Remake, aber eben auch eindringlicher.