AW: Zuletzt gesehen
Harry Potter und der Halbblutprinz
Vor rund 3-4 Jahren habe ich mal den Entschluss gefasst, mich mit dem Potter-Universum zu befassen - trotz aller Widerstände, wenn ein Film oder eine Franchise eine gewisse Relevanz errungen hat, sehe ich mich fast schon dazu gezwungen, mir alleine der historischen Einordnung wegen ein Bild zu machen. Und abgesehen von der Hauptfigur hatte mich die Verfilmung von Rowlings Buchreihe zunehmend eines Positiven belehrt. Auch wenn man ihr gewisse Irrelevanzen zuschreiben muss, als eklektisches Universum ist die Welt um Hogwarts Castle durchaus schmuck ausgebaut und gibt dem gemarterten Fantasy-Volk (denn was gab's da schon zuletzt abseits vom "Herrn der Ringe"? - allenfalls aktuell "Game Of Thrones") reichlich Platz, um sich wohl zu fühlen, das muss man schon eingestehen.
"Der Halbblutprinz" allerdings kommt mit seinen wieder unvermeidlichen zweieinhalb Stunden wie ein überlanger Prolog für die große Finalshow rüber; ich mag mir gar nicht vorstellen, wieviel Füllmaterial bei 7.1 noch auf mich zukommen mag. Die Düsternis ist endgültig eingekehrt, Hogwarts und die Wälder drumherum erblassen in fahlen Sepiatönen, wichtige Figuren sterben und andere durchleben Krisen, zwischendurch wird London mal so richtig durchgerüttelt, so wie es sonst nur New York kennt, aber all das nur in dem Bewusstsein, dass dem fiesen Voldemort eine Bühne bereitet werden muss.
5/10
Another Earth
Drama mit Metaverstärker: Die zweite Erde bietet der klassischen Dramenkonstruktion eine gespiegelte Fläche zur Reflektion und damit eine Fläche an zusätzlichen Optionen: Was wäre wenn? Von diesem Grundgedanken zehren sämtliche Figuren in diesem Independent-Drama. Die Erde prangt für alle Erdbewohner unübersehbar am Himmel, und somit bildet das theoretische Gedankenspiel einen allgemeinen Konsens, der von der Psyche einer einzelnen Figur weggeht, die sonst eine Besessenheit pflegt, in die andere nicht einsehen können. Diesmal ist alles für alle einsehbar, und hierin liegt auch das Novum, von dem dieser Film profitiert und durch welchen er ein ungeheures Diskussionspotenzial evoziert. "Another Earth" versteht den plötzlich auftauchenden Himmelskörper nicht wie "Melancholia" als Ursache nachfolgender Ereignisse und damit als anthropologische Studie, sondern als Metapher für menschliche Sehnsüchte. Anders gesagt: Der Planet in "Melancholia" war real, der aus "Another Earth" ist eine Konstruktion des kollektiven Geistes. Und das erhebt diesen Film über manche logischen Fehler, die einem begegnen mögen.
8/10
Possession
Meisterhaftes Berlin-Drama über den inneren Zerfall ehelicher und kleinfamiliärer Strukturen beim Versuch, diese Strukturen um jeden Preis zu retten, eingekleidet in die Metaphorik eines Tentakelmonsters, das sexuelle Bedürfnisse und den damit verbundenen Selbsthass versinnbildlicht. Isabelle Adjani ist bei der Verkörperung ihrer schizophrenen Figur im totalen Exzess. Zulawski inszeniert ohnehin alles karg wie in einem Theaterstück und inszeniert die Rollen auch dementsprechend, aber Adjani steigert sich in ihre eigene Kategorie und kreischt und zetert und scheint sich praktisch vor der Kamera zu häuten. Im filmischen Sinn ist dieses Overacting nahezu unerträglich, aber es macht im Kontext der Inszenierung durch und durch Sinn. Einer der besten Filme, die ich seit langer Zeit gesehen habe.
9.5/10
Metropia
Der Farbentzug und die Tristesse der hier aufgestellten Dystopie sowie die sehr spezielle Animationsform weckt auf Anhieb Erinnerungen an „Film Noir“ und „Renaissance“; Wasserköpfe sitzen auf ausgemergelten, kleinen Körpern und stellen so eine Überdrüssigkeit des Systems treffend dar, das Individualität nicht mehr zu erlauben scheint. Es handelt sich um real aufgenommene Standaufnahmen von Gesichtern und Körpern, die dann durch CGI-Bearbeitung zum Leben erweckt werden. Das Ganze wirkt auf bizarre Weise gleichzeitig tot (wegen der unecht wirkenden Emotionen) und doch lebendig (wegen der fotorealistischen Texturen), passt also hervorragend zur Thematik. Zwar wirken viele Einstellungen recht starr, allerdings wird der gleichförmigen Aufnahme der Figuren (meist frontal oder seitlich) mit aufwändigen Kamerafahrten und –Perspektiven entgegen gewirkt, so dass „Metropia“ wesentlich abwechslungsreicher wirkt als die genannten Alternativen. Inhaltlich ergeben sich leider nicht viele Innovationen; im Fokus steht einmal mehr der identitätslose Mitarbeiter aus dem Ameisenhaufen, der von einer Femme Fatale in den Widerstand gezogen wird.
6/10
Wasser für die Elefanten
Rührselige Geschichte eines alten Mannes, der über die traurigen, kargen 30er Jahre referiert, und der junge Zirkus-Manager findet das alles natürlich pflichtschuldig sauspannend und grinst den Alten zwei Stunden lang über beide Ohren an. Naja. Soweit der 08/15-Rahmen, der dem Zuschauer schon mal nahe legt, dass er das alles gefälligst faszinierend zu finden hat; dabei erzählt der Alte bloß eine schon x-fach gehörte Dreiecksgeschichte, die in einem Desaster endet und doch glücklich endet, wie im Märchen eben, und sei sonst auch alles von der Prohibition gezeichnet gewesen, so dass die Wundgeschufteten nicht einmal mehr Alkohol hatten, um ihre Wunden und ihren inneren Frieden zu salben, so war es ja doch irgendwie eine tolle Zeit, gell? Wäre Waltz nicht (obwohl auch er aufpassen muss, nicht auf den unbehaglich grinsenden, vordergründig freundlichen, aber innerlich kaputten Psychopathen festgenagelt zu werden), wäre das alles kaum der Rede wert; wofür Francis Lawrence zwei geschlagene Stunden braucht, das hat Peter Jackson mal eben bequem in seinem Prolog von „King Kong“ am Rande abgehakt. Aber wir schätzen ja die Alten, deswegen schätzen wir auch eine so schäbig auf Mitgefühl ausgerichtete Gutenachtgeschichte.
4/10
SOS - Feuer an Bord
Also wenn sich da mal nicht „Zwei Himmelhunde auf den Weg zur Hölle“ kräftig bedient hat. Howard Hawks bietet haufenweise spektakulärer Flugszenen, eine extrem dichte Atmosphäre in Wind, Regen und Sturm, eine Kneipengesellschaft, bei der man gerne mittendrin wäre und die nochmal so viel intimer ist als bei „Casablanca“ und eine Drei- bis Vier- oder gar Fünfecksbeziehung, die durch eine pfeffrige Vorgeschichte mächtig aufgeheizt wird. Durch und durch intensiv, spannend und gespickt mit harten Hunden und Frauen, die ihnen verfallen sind.
8/10
Bedtime Stories
Sandler weiß um die Formelhaftigkeit seiner Komödienkonstrukte, also lässt er die Drehbücher jetzt auch immer mal wieder mit ein wenig Fantasy aufpeppen. Anstatt einer magischen Fernbedienung geht es nun um kindliche Fantasie und deren Wirklichwerdung. Am Prinzip ändert sich dabei natürlich nichts; Sandler spielt den unglücklichen, naiven Trottel, der sich mit allerhand neureichem Gesocks herumplagen muss, bis sich ihm irgendwann die Chance bietet, gegen dieses Gesocks persönlich in einem Zweikampf anzutreten, um seinen Traum zu verwirklichen (vgl. z.B. „Happy Gilmore“, „Billy Madison“ u.v.m.). Das Gesocks wird schön schnöselig gespielt von Guy Pearce, der sich gemeinsam mit Sandler unter anderem im Mittelalter und im Weltraum zum Affen machen muss; überall eben, wo die kindliche Fantasie hinträgt.
5/10
Sons Of Anarchy - Season 1
Wenn ich auf die erste Staffel zurückblicke, bin ich doch überrascht, wie wenig Zündstoff bislang tatsächlich explodiert ist; bei einer Serie über eine Bikergang hätte man sicherlich noch mehr Konflikte erwartet. Die sind aber für die zweite Staffel zu erwarten, denn am Ende geht soweit die Post ab, dass das Bruderband – ähnlich wie in „The Shield“ – zu reißen droht. Bis dahin grenzen einige Handlungsstränge leider an Soap-Opera-Zustände, allerdings kippt die Serie nie, was sie der hochwertigen Machart und den soliden Schauspielern zu verdanken hat, obwohl echte Neuentdeckungen bislang ausbleiben; die besten Leistungen bieten Leute wie Ron Perlman oder Katey Sagal, die man eben bereits gut kennt, während etwa Hauptdarsteller Charlie Hunham solide, aber blass bleibt.
Insgesamt sehr sehenswert, zumal das Handeln der Biker nicht glorifiziert wird. Eine deutliche Steigerung ist für Staffel zwei zu erwarten.
7/10