Zombie
Hier mal meine sehr ausführliche Kritik/Analyse/Interpretation/Liebeserklärung...
"When there's no more room in hell, the dead will walk the earth."
Im Jahr 1978 erblickte der Film "Dawn of the Dead" das Licht der Welt und sollte als der beste Zombie- und Horrorfilm aller Zeiten in die Filmgeschichte eingehen. Bereits 10 Jahre zuvor hatte der Regisseur George A. Romero seinen ersten Zombiefilm gedreht: "Night of the Living Dead". Er revolutionierte über Nacht das Horrorgenre und machte dem Publikum auf einer neuen Ebene Angst. Doch "Dawn" sollte ein noch größerer Erfolg und Meilenstein werden. Er gilt bis heute als Blaupause für alle anderen Zombiefilme. "Dawn of the Dead" ist noch immer wegweisend und bis heute unübertroffen.
Romero zeigt uns eine Welt am Rande der Apokalypse, in der die (Un)Toten über die Erde wandeln, getrieben von nur einem einzigen Instinkt - zu fressen. In all dem Chaos finden die vier Protagonisten Peter, Roger, Stephen und Francine Zuflucht in einem riesigen Einkaufszentrum. Eine Idee, die es in dieser Form noch nie zuvor gegeben hat.
"Dawn of the Dead" sorgte für viel Aufruhr. Unter anderem aufgrund seiner derben Gore Effekte, blutigen Splattereinlagen und expliziten Fressszenen. Er galt regelrecht als Schlachtplatte und Splatterfest. Doch "Dawn" ist keinesfalls nur auf sein Blut und Gekröse zu reduzieren. Romero ist bekannt dafür, eine ordentliche Prise Gesellschaftskritik in Form von Subtext in seine Filme mit einzustreuen. Dieses Mal sollte der Materialismus und unser Konsumverhalten als Gesellschaftskritik dienen. Und welcher Schauplatz wäre dafür besser geeignet als ein riesiges Einkaufszentrum. Der Film entstand zu einer Zeit, wo riesige Einkaufskomplexe noch ein absolutes Novum und eher eine Seltenheit darstellten. Sie glichen einem Tempel bestehend aus unbegrenztem Exzess an materiellen Luxusgütern. Die Monroeville Mall bietet also den perfekten Schauplatz und ist in seiner Atmosphäre unübertroffen.
Romero's Film beginnt mit einer unglaublich intensiven Eröffnungssequenz, die sowohl den Zuschauer als auch die Charaktere zur selben Zeit Hals über Kopf ins Chaos stoßen. Das Intro ist so genial, weil beide zu jedem Zeitpunkt auf demselben Wissensstand sind. Wir erleben den Anfang vom Ende, den Zusammenbruch der Zivilisation, den Beginn der Apokalypse zusammen. Wir erhalten Infos, wenn die Charaktere sie erhalten. Das ist ein genialer Kniff von Romero. Dazu der gekonnt und ganz bewusst gehetzt und teilweise wirr wirkende Schnitt. Das ist sowas von perfekt arrangiert und geschnitten. Die unheilvolle Goblin Musik verstärkt die Intensität. Mitzuerleben auf welch verschiedene Art und Weise die Menschen in der TV Station verzweifelt versuchen mit der Situation umzugehen ist real gewordener Horror. Verwirrung, Angst und Panik machen sich breit. Chaos pur. Hier liefert Romero so unglaublich viele wichtige Infos, baut von Anfang an enorme Spannung auf, zieht den Zuschauer von der ersten Sekunde an in seinen Bann und man kann sich auf Anhieb mit den Figuren identifizieren. All dies wirkt aufgrund des Settings und wie es arrangiert wurde extrem real. Wahrlich eine Meisterleistung.
Sobald sich die Protagonisten zusammengefunden haben und einige lebensbedrohliche Gefahren überwinden konnten, in denen Romero die Endzeitstimmung genial weiter ausbaut, gelangen sie an den Hauptschauplatz des Films: die Shopping Mall. Hier kristallisiert sich bei genauerem Hinsehen Romero's wahre Intention heraus - die Konsumkritik.
Romero überträgt seine Zombies als Negativkopie auf uns Menschen und unser außer Kontrolle geratenes Konsumverhalten, sowie unserer Gier nach Materiellem. Der Knackpunkt ist, die Untoten werden nicht von den Lebenden in der Shopping Mall angezogen, sondern von dem Ort selbst (
"They're after the place."). Es war ein wichtiger Ort in ihrem früheren Leben, an dem sie sich wohl fühlten (
"Maybe some kind of instinct. Memory. What they used to do. This was an important place in their lives"). Es ist kein Zufall, dass Romero seine Untoten oftmals wie gewöhnliche Leute wirken lässt, die durch die Mall schlendern - getrieben von nur einem Instinkt: geistloses Konsumieren. Die Zombies sind ein Spiegelbild unserer Gesellschaft (
"They're us, that's all."). Doch Romero benutzt nicht ausschließlich die Untoten, um auf seinen Subtext hinzuweisen. Damit würde er es sich zu einfach machen. Er macht auch vor seinen Protagonisten nicht Halt. Anfangs wollen sie die Mall nur nutzen, um eine kurze Verschnaufpause zu bekommen. Doch auch sie werden sehr schnell von diesem vermeintlichen Paradies angezogen und begeben sich in Lebensgefahr, nur um ihrer Gier nach Materiellen nachzukommen. Wichtig: sie geben zwar vor, nur die wirklich wichtigen Dinge holen zu wollen, doch noch bevor Roger und Peter das erste Mal in die Läden gelangen sagt Roger, dass er als allererstes Feuerzeugbenzin benötigt. Hier und dort ist es bereits um ihn geschehen. Er ist der Magie dieser "Goldgrube" verfallen. Ihm steht die Begeisterung für diesen Ort inkl. all seiner Güter förmlich ins Gesicht geschrieben. Stephen geht es genau so. Nachdem Fran nur knapp dem Tod entkommen ist versucht er sie auf sehr fragwürdige Weise zu beruhigen und zu trösten (
"You should see all this stuff we got, Frannie. This place is terrific. We really got it made here."). Ein erstes Anzeichen dafür, dass unsere Helden glauben, der Materialismus und die Mall könnten ihnen dabei helfen, die Apokalypse auszusitzen und zu überleben. Was wür ein Irrsinn. Für unsere Helden ist es ein aufregendes, abenteuerliches Unterfangen, die Mall für sich einzunehmen, sie von den Zombies zu säubern, um dann wie die Made im Speck darin leben zu können.
Der wahre Horror in diesem Film ist imo jedoch nicht die Zombie-Apokalypse selbst, sondern viel mehr das Handeln unserer Helden. Indem sie sich in der Mall verschanzen, sich immer mehr und mehr dem Konsum hingeben und nach der Säuberung versuchen ein ganz normales Leben in der Mall zu führen, passiert etwas ganz wichtiges: sie blenden die Apokalypse komplett aus. Sie verdrängen sie. Sie ignorieren das Problem, anstatt dagegen anzugehen. Denn sie sind ja sicher an diesem Ort. Was draußen passiert ist nicht von Interesse. Sie wollen es also aussitzen. Sie wollen sich Normalität schaffen. Sie richten es sich heimisch ein, versorgen sich mit Pelzmänteln und Ringen, nehmen sich die Zeit beim "shoppen" die Waren zu wiegen, um zu sehen wie teuer der "Einkauf" wird, benutzen Geld als Spielgeld beim Poker etc. Es herrscht uneingeschränkter Konsum. Obwohl er selbst nahe dem Tod ist und seiner unausweichlichen Wiederkehr als Untoter ins Auge sieht, ist Roger noch immer nur auf die Vorteile seines Kaufhausparadieses fixiert (
"We whipped 'em, didn't we? We whipped 'em and we got it all!"). Das ist imo der wahre Horror. Ich finde der Aspekt des Verdrängens lässt sich wunderbar auf unsere Gesellschaft übertragen: allzu oft wird der Horror in der realen Welt ausgeblendet oder will bewusst nicht wahrgenommen werden, frei nach dem Motto "Mir geht es doch gut! Und solange es mir gut geht, brauche ich auch nicht über meinen Tellerrand hinaus schauen." Den Menschen wird der Horror leider erst dann bewusst, wenn sie selbst davon betroffen sind.
Wie ich schon erwähnte, versuchen die Protagonisten ihr Glück durch vollendeten Materialismus zu finden. Das funktioniert auch eine Weile ganz gut. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt werden sie sich der bitteren Realität bewusst. Ihr ganzes Hab und Gut macht sie nicht wirklich glücklich. Sie fühlen sich leer, distanzieren sich von einander, sind gereizt und sehen einfach keinen Sinn mehr in ihrer Existenz.
"What have we done to ourselves?" fragt Fran in einer Schlüsselszene, wo sie realisiert, dass sie sich durch diesen Ort sozusagen selbst zerstört haben. Bei unseren Helden macht sich das Gefühl von Depression und Langeweile breit. Die Realität holt die Vier ein: die Apokalypse ist real und sie ist noch immer da draußen - schlimmer als zuvor. Die Zombies werden immer wieder in Scharen instinktiv(!) von diesem Ort angelockt, denn er lässt sie einfach nicht los (
"They don't know why. They just remember. Remember that they wanna be in here."). Das gilt sowohl für die Untoten als auch für die Lebenden (die Protagonisten).
Wie für Romero üblich stellen jedoch die Menschen selbst noch immer die größte Gefahr in solch einer Extremsituation dar. Das erkennt auch Peter in der Szene, wo er Stephen erklärt, dass sie eine Wand hochziehen sollten, um ihren "Wohnort" zu verbergen, falls eines Tages andere Menschen hier auftauchen. Hier erwähnt er explizit Plünderer. Er weiß, dass auch andere Menschen von diesem Ort angezogen werden und das haben wollen, was sie haben. Ihm ist bewusst, dass andere Menschen bzw. viel mehr deren Neid, eine viel größere Bedrohung darstellen, als die Zombies in- und außerhalb des Kaufhauskomplexes. Zu Beginn des Films als Roger und Peter auf den Priester treffen gibt es eine Unterhaltung, die genau darauf anspielt. Die Kernaussage ist: "hört auf euch gegenseitig zu töten, sonst werden wir den Untoten unterliegen". Als die Plünderer am Ende die Mall stürmen und sich das Geld und die Wertsachen unter den Nagel reißen wollen, knallen bei Stephen die Sicherungen durch. Wie können sie es wagen, sein Eigentum zu stehlen? (
"It's ours. We took it. It's ours.") Auch hier warnt Peter erneut, dass die Plünderer doch nur an dem Kaufhaus interessiert seien, nicht an den Menschen, die sich darin verschanzen. Doch es ist zu spät. Stephen hat das Feuer eröffnet und einen Krieg angezettelt. Mit katastrophalen Folgen. Die mahnenden Worte des Priesters, die fast schon einer Prophezeiung gleichen, sollten sich bewahrheiten. Es ist einfach erschreckend realistisch mit anzusehen, wie sehr die Menschen noch immer an den Normen aus ihrem früheren Leben festhalten und ihr Leben riskieren, nur um an Geld zu kommen, welches in dieser apokalyptischen Welt keinerlei Wert mehr hat. Die Biker rauben sogar den Schmuck und die Brieftaschen der Zombies. Dazu dann noch die Tortenschlacht. Es ist alles so absurd und in seiner Aussage doch so klar und deutlich: die Menschen denken selbst am Ende der Welt noch immer nur an sich selbst und sind nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Es gibt kein Wir. Niemand will etwas gegen das Problem tun, jeder will nur für sich so gut wie möglich weiterleben. Solange es ihnen gut geht scheren sie sich einen Dreck, was um sie herum passiert. So ist es wenig verwunderlich, dass neben der Biker Gang ausgerechnet Roger und Stephen - die beiden Männer, die dem geistlosen Konsum am meisten erliegen - beim Versuch, das vollendete Glück in Form von Materialismus zu finden und dabei jegliche Bedrohung von außen ausblenden, sterben und als Untote ins Einkaufzentrum zurückkehren. Es scheint fast als würde Romero sagen wollen, unser Konsumverhalten ist so stark, dass es uns sogar bis in den Tod begleitet und immer ein Teil von uns sein wird. Oder sind wir vielleicht bereits sogar hirntote Konsumsklaven...? Als die Mall am Ende von den Zombies erneut überrannt wird und sie ihren heiligen Ort wieder eingenommen haben, begleitet von Herbert Chappell's "The Gonk", ist die Metapher perfekt. Der Kreis schließt sich.
Ich finde Romero's Umsetzung unfassbar genial. Er hat einen sehr intelligenten und zugleich sehr unterhaltsamen Weg gefunden, seine Sozialkritik zu transportieren. Diese ist auch niemals zu aufdringlich. Sie ist tatsächlich "nur" Subtext. Handlung, Story, Charaktere, Atmosphäre und vor allem Unterhaltung stehen immer noch im Vordergrund. "Dawn of the Dead" ist tatsächlich imo einer der unterhaltsamsten Filme aller Zeiten. Doch warum ist das so? Warum macht es so unglaublich viel Spaß den Helden dabei zu zusehen, wie sie sich stundenlang in der Mall die Freizeit vertreiben, indem sie shoppen, Videospiele zocken, nebenbei noch ein paar Zombies töten, es sich dann richtig schön gemütlich und heimisch einrichten oder ganz entspannt pokern inkl. alkoholischer Getränke und schöner Musik? Weil wir nicht anders sind als unsere Helden und die Unoten in diesen Film! Weil wir uns selbst bei dem Gedanken erwischen, wie toll und aufregend es sein muss, im Falle einer Zombieapokalypse in ein riesiges Einkaufzentrum zu flüchten und es ganz für sich alleine zu haben mit all den darin vorhandenen Schätzen und auf Zombiejagd zu gehen. Es ist ein euphorisches, beflügelndes, ja fast schon abenteuerliches Gefühl, welches wir dabei verspüren. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und behaupten, dass wir alle schon seit Kindheitstagen von einer ähnlichen, eigentlich schon ultimativen Fantasie begleitet werden, wo wir uns vorstellen, wie es wohl sein mag, einmal ganz alleine in einen großen Spielzeugladen eingeschlossen zu sein und alles darin nur für sich zu haben. Dieses Sinnbild lässt sich imo sehr gut auf Romero's Film übertragen. Deshalb kann man sich auch so unfassbar gut mit den Charakteren und ihrer Situation identifizieren und banale Handlungen aus dem Alltag werden plötzlich zur großen Faszination für uns. Ich bin ganz ehrlich, ich würde im Zweifelsfalls ganz genau so handeln wie Peter, Roger, Stephen und Francine. Auf den ersten Blick ist die Shopping Mall auch der ideale Ort, um sich zu verschanzen. Man ist sicher/geschützt, hat ausreichend Nahrung, Wasser und Kleidung. Und ja, ich würde mich früher oder später garantiert auch mit allen erdenklichen Luxusgütern eindecken.
Schauspielerisch finde ich den Film ebenfalls absolut stark. Romero hat hier ein feines Händchen beim Casting bewiesen. Und vor allem hat er noch viel tollere, vielschichtige Charaktere geschrieben, die vom Cast glaubhaft zum Leben erweckt worden. Unsere vier Helden sind ganz normale Leute mit Schwächen und Fehlern, aber zum Glück keine wandelnden Klischees. Sie sind sehr nahe an der Realität. Ihre Taten sind für mich zu jeder Zeit nachvollziehbar, auch wenn man ganz genau weiß, dass einige davon nicht von Vorteil sind. Sie sind einfach menschlich und deshalb kann ich mich auch so gut mit ihnen identifizieren. Das beste Beispiel dafür ist Roger. Er geht total auf in diesem ganzen Szenario. Die vielen Nahtoderfahrungen und dieses Gefühl von unbegrenztem Exzess sorgen dafür, dass sich eine Menge Euphorie in ihm breit macht. Er fühlt sich wie ein unantastbarer Cowboy, wodurch er leichtsinnig wird und Fehler begeht, was ihm zum Verhängnis wird. Diese Charakterentwicklung ist sehr glaubhaft dargestellt. So sehr, dass ich mich sogar selbst damit identifizieren kann. Mit Roger ist also der Draufgänger vertreten.
Peter wird als Autoritätsperson angesehen. Aber nicht weil er unbedingt der Anführer sein möchte. Er fungiert lediglich als Stimme der Vernunft. Er hat immer ein klares Ziel vor Augen und behält einen klaren Kopf. Ihm ist nicht an Konflikten und Schuldzuweisungen gelegen. Er agiert rein pragmatisch, um am Leben zu bleiben und Gefahren zu meiden. Er tut das, was für die Gruppe am besten ist.
Fran fällt in eine ähnliche Sparte, hat es aber aufgrund ihres Geschlechts und ihrer Schwangerschaft anfangs schwieriger als vollwertiger Teil des Teams angesehen zu werden. Ihre Stärke liegt darin überlebenswichtige Strategien und Argumente in einer wertfreien, schlüssigen und ruhigen Art zu vermitteln und somit als starke Persönlichkeit anerkannt zu werden. Auf diese Weise erlangt sie Mitspracherecht und wird als vollwertiges Mitglied der Gruppe angesehen. Sie dient wie Peter als Stimme der Vernunft.
Stephen verfolgt gute Absichten, wird aber zu häufig Opfer seines eigenen Egos. Oftmals fühlt er sich gekränkt. Eventuell kommt ihn durch Peter und Roger sogar der Gedanke, dass er alleine nicht in der Lage ist seine Freundin zu beschützen, wodurch er sich entmannt fühlt. Er nimmt vieles zu persönlich. Er möchte einer von den "coolen Jungs" sein. Ihm fehlt es jedoch an den nötigen Fähigkeiten. Er agiert oft unbeholfen. Genau wie Roger verfällt auch er viel zu sehr dem endlosen Materialismus. Jedoch aus anderen Gründen. Stephen versucht sein Glück lieber im Materialismus zu finden, als in einem harmonischen Zusammenleben mit anderen Menschen. Er scheint sich nämlich niemals gänzlich verstanden, anerkannt oder gar wohl zu fühlen. Viele Zuschauer würden sich im Falle eines solchen Endzeitszenarios wohl gerne in der Rolle von Peter oder Roger wiedererkennen wollen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass wir vermutlich eher in die Kategorie "Stephen" fallen würden.
Die Vier wachsen mir bei jeder Sichtung mehr und mehr ans Herz. Man kann einfach nicht anders als sie lieb zu gewinnen. Unglaublich charismatisch, sympathisch und menschlich. Es ist fast als würde ich sie schon mein Leben lang kennen. Als wären es gute, alte Freunde mit denen man sehr gerne gemeinsam so viel Zeit im Kaufhaus verbringt.
Der Look der Zombies ist legendär. Vom Gore FX Meister Tom Savini zwar nicht so beabsichtigt und eher den Umständen der verwendeten Lichtquellen am Set geschuldet, finde ich das Resultat der grau-bläulichen Zombies dennoch famos. Ich liebe diesen Zombie-Look. Generell finde ich die Gore- und Make-Up FX sehr gelungen in diesem Film. Vor allem wenn man sich vor Augen führt, dass Savini in sehr kurzer Zeit quasi alles im Alleingang meistern musste. Hinzu kommt noch das er eine Nebenrolle im Film hat und auch noch als Stuntman fungierte. Riesen Respekt! Außerdem beteuerte Romero immer wieder, dass der Look und auch das Blut ganz bewusst etwas befremdlich wirken sollte, um den Film "cartoonish" wirken zu lassen. Er soll nicht bloß Angst machen, er darf auch lustig sein. Denn er soll Spaß machen. Oftmals beschrieb er "Dawn" auch als "Comic-Book-Action-Movie with Zombies".
Für seine Fassung, die US-Kinofassung, hat Romero sogar selbst Hand angelegt und den Film selbst geschnitten. Der Schnitt ist brillant. Er verleiht dem Film ein aufregendes und mitreißendes, aber nicht zu schnelles Tempo. Dabei verliert er niemals den roten Faden der Handlung, seine Charakterzeichnung und Entwicklung, seinen Subtext, den Unterhaltungsfaktor oder die Dramaturgie aus den Augen. Alles greift wie zwei Zahnräder perfekt ineinander. Nicht nur von Szene zu Szene. Auch innerhalb der Szenen herrscht eine unfassbar tolle Dynamik. Der Film besteht aus wahnsinnig vielen Einstellungen und hat einfach diesen gewissen "Snap". Dies resultiert in einem grandiosen Flow/Pacing. Das Storytelling ist hier meisterhaft. Dazu braucht man sich nur das exzellente Cross Cutting zwischen dem TV Interview mit dem Wissenschaftler und Peter anzusehen, der darauf wartet, dass Roger als Untoter zurückkehrt. In beiden Szenen ist die Kernaussage: bringt das nötige Opfer, ganz egal, wie schwer es auch sein mag. Emotionen können wir uns nicht leisten. Handelt rational. Die Frage ist nur: hat man die Kraft und den Mut dazu?
An dieser Stelle möchte ich Kameramann Michael Gornick loben. Er hat den Film nicht nur in stimmungsvollen Bildern eingefangen, sondern auch dafür gesorgt, dass der Zuschauer zu jeder Zeit den perfekten Überblick hat. Man spricht hier vom sogenannten "Sense of Geography", das heißt, der Zuschauer weiß zu jeder Sekunde, wo sich die Charaktere in diesem riesigen Kaufhaus befinden, wie der Komplex aufgebaut ist und sie haben ein Gespür für die Größe der Räumlichkeiten. All dies ist extrem wichtig, um ein Gefühl von Realismus in dieser fiktiven Filmwelt beim Zuschauer zu entwickeln und unter anderem auch, um den Plänen der Helden problemlos folgen zu können, die stark die Architektur des Kaufhauses mit einbeziehen. Man kann sagen, Gornick hat jede Einstellung bis ins kleinste Detail durchdacht und entsprechend das Framing konzipiert. Generell lässt er den Film, der im Grunde eine Low Budget Independent Produktion ist, sehr episch in seinem Scope wirken.
Die Kirsche auf dem Sahnehäubchen stellt die Musik dar. Diese ist eine Mischung aus dem unheilvollen, apokalyptischen, treibenden und rockigen Score der italienischen Band Goblin und urheberrechtlich ungeschützter Library Tracks, die nicht zufällig in ausgewählten Szenen einen leicht parodistischen Touch haben und sogar an Kaufhausmusik erinnern. Dieser Mix ist absolut ungewöhnlich und vielleicht genau deshalb auch so effektiv. Die Musik verleiht "Dawn of the Dead" eine einzigartige, nicht reproduzierbare Stimmung und stellt zugleich die letzte Zutat dar, um Romero's bahnbrechende Vision zum Leben zu erwecken.
Der Wiederanschauungswert ist quasi unermesslich hoch, da der Film auch nach unzähligen Sichtungen überhaupt keine Abnutzungserscheinungen zeigt. Romero hatte eine klare Vision, die er glücklicherweise ohne Kompromisse konsequent umsetzten konnte. Der Film ist ein absolutes Meisterwerk, das bis heute nichts von seiner Faszination, Aussagekraft und Intensität verloren hat. Für mich immer noch top aktuell mit seiner zeitlosen Message. Kein anderer Zombiefilm hat ein so immersives Worldbuilding wie "Dawn of the Dead".
Von mir bekommt der beste Zombie- und Horrorfilm aller Zeiten ganz klar die Höchstwertung!
Legendär. Unnachahmlich. Unübertroffen. Unsterblich.
10/10