Batman
Gotham City ist ein Moloch der Gewalt, in fester Hand von Gangsterboss Carl Grissom und dessen Schergen. Nur einer nimmt den Kampf gegen das organisierte Verbrechen auf: der mysteriöse Batman, der in der Nächte Dunkel durch die Stadt streift und böse Buben dingfest macht. Als er einen Anschlag auf eine Chemiefabrik vereitelt, wird Grissom-Primus Jack Napier verunstaltet und mutiert zum völlig durchgeknallten Joker, der seinen Boss aus dem Weg räumt und Batman nebst Großteil der Stadtbevölkerung ausräuchern will.
Die 80er waren nicht gerade eine löbliche Periode, wenn es um Comic-Verfilmungen ging. Um nicht zu sagen: sie waren gefüllt mit keine Comic-Verfilmungen, um Peter Sellers mal etwas zitatverfremdend zu quotieren. So grenzte es schon an ein kleines Wunder, dass man irgendwann klammheimlich in England mit den Dreharbeiten zu „Batman“ begann und dies dem bis dato noch fast unbeschriebenem Regie-Blatt Tim Burton (bevor er zum siamesischen Zwilling von Johnny Depp wurde) in die freakigen Hände legte. Der Rest ist Geschichte: „Batman“ war DAS Kinophänomen 1989 und belebte ein totgeglaubtes Genre neu. Sein Regisseur und Hauskomponist Danny Elfman brachte der Film den Durchbruch (seinem Hauptdarsteller nicht so sehr, da eher Fluch denn Segen… fragt mal bei Christopher Reeve nach), und für ein paar Wochen/Monate war es praktisch unmöglich, dem Fledermaussymbol zu entgehen, das mehr oder weniger überall aufgedruckt erschien.
Heute, immerhin ein Vierteljahrhundert später (unglaublich), ist „Batman 1989“ deutlich in die Jahre gekommen und sichtlich schlechter gealtert als sein 1992er Nachfolger. Seinerzeit mein absoluter Lieblingsfilm, muß ich ihm heute eine gewisse Patina gestehen, die viel vom ehemaligen Glanz der Vorzeigeproduktion in Sachen „Film + Marketing = gewaltiger Gewinn“ gerubbelt hat. Dies liegt vor allem an der Verpflichtung von Prince für die Pop-Songs. Damals sicher gut fürs Geschäft, sind es vorzugsweise eben jene Prince-Vehikel, den den bemüht zeitlos wirkend wollenden Film auf die späten 80er datieren. Optisch und modisch eher in den 40er und 50er Jahren angesiedelt, vom atmosphärischen Gothic-Look ganz zu schweigen, der sich ohnehin von praktisch allem abhebt, was seinerzeit in einem Film dieser Art erwartet wurde, reißt es einen jedes Mal aus dem Geschehen, sobald Prince seine Songs zu trällern beginnt. Außerdem sind seine Lieder Scheiße…
Ganz anders Danny Elfmans orchestrale Musikuntermalung, die für einige Jährchen maßgebend sein sollte, wie eine Comicverfilmung zu klingen hatte.
Problematischer wird es bei den Darstellern: Batman/Bruce Wayne ist Gaststar in seinem eigenen Film und wird gnadenlos zur Seite geschoben, sobald Joker die Leinwand betritt und Jack Nicholson seine One-Man-Show abzieht. Der ist denn auch mit großer Freude dabei (sei es aus Gaudi über die Rolle an sich oder über den megafetten Gehaltsscheck, den Nicholson seinerzeit kassierte und der ihm vertragsmäßig sogar noch Kohle aus allen Nachfolgern ins Portokässchen spülte) und beherrscht praktisch jede Szene, in der er auftritt. Michael Keaton, der sich als Batman redlich müht (leider folgt man ein wenig dem Christopher Reeve-Muster und schiebt seinem Bruce Wayne ein etwas trotteliges Verhalten unter), hat hier ein wenig das Nachsehen und wird vom übermächtigen Nicholson überragt. Das sollte man Tim Burton in die Schuhe schieben, der schon damals mehr Interesse an den schrägen, durchgeknallten Typen hatte und Joker allen anderen gern die Schau stehlen lässt. Kim Basinger, sorry, geht als reportierende Reporterin eigentlich gar nicht, wenn man zur Sache schreitet. Ihr dauerhaftes Sirenengekreisch ist nicht nur ohrenbetäubend, sondern auch unglaublich nervtötend. Von einer toughen Journalistin, die sich ihre Sporen in der Kriegsberichterstattung verdient haben will, ist hier leider nicht viel zu spüren.
In Nebenrollen tummeln sich der damals noch leidlich angesagte Billy Dee Williams als Harvey Dent, der dann doch nicht Two Face wurde, Jack Palance als Obergangster Grissom und der Hammer-erfahrene Michael Gough als Butler Alfred, der immer wieder mal Tim Burtons Weg kreuzen und diese Rolle noch in drei weiteren Filmen spielen sollte. Sicher sind keine Künstler dabei, aber ihre Auftritte kauft man ihnen ab.
Die Action ist gut dosiert, man merkt Burton aber an, dass er kein Action-Regisseur ist und niemals die Dynamik entfalten kann, die man z.B. bei Autoverfolgungsjagden oder Mann-gegen-Mann-Kämpfen erwartet. Alles wirkt ein wenig behebig und lustlos. Seine Einführung des Batmobils (ein echter Hingucker übrigens, sicher nicht so cool wie das 1966er Modell, aber mit Sicherheit das schönste Auto, das je für einen Film entworfen wurde) allerdings ist ein echter Gänsehautmoment: „In den Wagen.“ – „In welchen?... Oh.“ Dazu Danny Elfmans donnerndes Orchester. Wahnsinn.
Sobald es aber darum geht, Batman und seine Widersacher lediglich durch das gotische Gotham streifen zu lassen, macht Burton keiner etwas vor. Die Atmo, die er in seinem Film entfaltet, ist unglaublich und orientiert sich stark am Expressionismus vergangener Kinozeitalter, auch wenn sich Burton, in der Nachbetrachtung, noch deutlich zurückhält, weil man ihm vermutlich von Seiten des Studios noch nicht völlig freie Hand lassen wollte. In „Batmans Rückkehr“ ließ man ihn offensichtlich dann einfach machen, und wohl deshalb hat dieser keinerlei Staub angesetzt.
Wenn man sich die aktuelle Schwemme an Comic-Verfilmungen betrachtet, fällt es schwer, an die 1980er zurückzudenken und welchen Einfluss „Batman“ damals auf das Genre hatte, welch ein einsamer Vorreiter er war. Er ist sicher in einigen Teilen nicht gut gealtert, hätte eine zügigere Inszenierung in den Action-Szenen und mehr Gelegenheit für Michael Keaton verdient, irgendwie gegen Jack Nicholson ankommen zu können, aber das sind ein paar Macken, die man nach so vielen Jahren bei sicher jedem Film, der seinerzeit bahnbrechend gewesen ist, finden kann.
Der Look von „Batman“ war damals mehr oder weniger einmalig, Danny Elfman hat als Komponist einen phänomenalen Score abgeliefert, und Tim Burton könnte ruhig mal wieder zu alter Form finden, anstatt sich nur noch selbst zu parodieren (ok, „Frankenweenie“ ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber letzten Endes auch nur das Feintuning einer alten Vorlage). Ein DC wäre angebracht: ohne Prince, mit deutlich weniger kreischender Kim Basinger und mehr Gotham City und seinem Dunklen Ritter, der über Wohl und Gesundheit der Stadt wacht.
Oder, wie es ursprünglich mal im Drehbuch hieß und was es auch noch in die Romanadaption geschafft hat:
„Ich will, dass du deinen Freunden erzählst, dass ich die Nacht bin.“
Falls sich jemand fragt, warum ich mich bemüßigt fühlte, überhaupt eine KK zu schreiben: ich bin derzeit voll auf der "Batman"-Welle (der Soundtrack dudelt hoch und runter, das Batmobil steht schwarz und bedrohlich im Regal, und am WE steht Sichtung an) und mir war einfach danach.