Vom 20.06 bis zum 23.06 gab es im Filmmuseum Frankfurt eine Programmreihe mit dem Titel „PIONIERINNEN DES FILM NOIR“. Gezeigt wurden Filme von Muriel Box (Großbritannien), Edith Carlmar (Norwegen), Bodil Ipsen (Dänemark), Ida Lupino (USA) und Wendy Toye (Großbritannien). Insgesamt liefen 14 Spielfilme und drei Kurzfilme. Der Titel der Programmreihe suggeriert zwar, dass nur Film Noirs gezeigt werden, aber dem war nicht so. Zwar haben alle Regisseurinnen Film Noirs gemacht und es wurde auch einige Film Noirs von ihnen gezeigt, aber alle Regisseurinnen haben auch in anderen Genres gearbeitet, sodass die Reihe vielmehr kleine Werkschauen der jeweiligen Regisseurin darstellen. Zumindest wurde alle Filme gezeigt, die nach aktuellem Stand noch im Kino vorgeführt werden konnten.
Nachfolgend die Übersicht der gezeigten Filme (alle in der OmU bzw. OV-Fassung) und meine kurzen Eindrücke zum jeweiligen Film.
Tag 1
The Lost People
Bei dem Film handelt es sich um das Debüt von Muriel Box. Sie wird zwar nicht als alleinige Regisseurin genannt, was aber daran liegt, dass sie für einen anderen Regisseur einspringen musste und auf diese Weise den Film gerettet hat. Die titelgebenden „verlorenen Menschen“ befinden sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in einem alten Theater in Deutschland und werden von britischen Soldaten bewacht, bis sie in ihre jeweiligen Heimatländer zurückkehren können bzw. müssen. Auch wenn die Ausgangslage anders ist, gibt es dennoch viele Anknüpfungspunkte zur aktuellen Flüchtlingsdiskussion und der Rückführung von Flüchtlingen in ihre jeweiligen Heimatländer. Die Prämisse ist für eine Geschichte natürlich hervorragend, denn viele Menschen unterschiedler Nationen auf beengten Raum bietet immer Potenzial, um ein kammerspielartiges Drama zu gestalten. Leider bleiben einige Charaktere stereotyp und der Film bietet einige Längen. Dennoch war es ein solider Einstieg ins Programm.
Wertung: 6/10
Derailed
Weiter ging es direkt mit dem Debüt von Bodil Ipsen, die den Film „AFSPORET“ in Co-Regie mit Lau Lauritzen jr. inszenierte. Es war nicht nur ein Debüt für die Regisseurin, sondern der Film wird gleichzeitig als erster Film Noir Dänemarks angesehen. Der Film handelt von einer jungen Frau aus gutem Hause, die nach einem Gedächtnisverlust in den Fängen einer Unterweltbande gerät. Auch wenn Film schön düster und schummerig ist, leider die Geschichte vor allem am extremen Overacting des kompletten Ensembles. Mit der fortlaufenden Dauer gewöhnt man sich zwar an diesen Schauspiel-Stil, aber für mich war es dennoch einer der schlechtesten Filme der kompletten Filmreihe, auch wenn es dennoch ein paar interessante Aspekte gab.
Wertung: 4/10
Kurzfilm: The Stranger Left No Card
Die britische Tänzerin und Choreografin Wendy Toye hat mit diesem Kurzfilm ihr Debüt gegeben. Mit wenig Dialogen und dafür ganz der Musik und dem Rhythmus verpflichtet erzählt der Film die Geschichte eines Mannes, dass als Fremder in eine Stadt kommt und alle Menschen durch seine posittive, verrückte Art begeistert. Doch der Grund seines Besuchs bleibt lange ungewiss… Alan Badel spielt den Fremden wie eine Mischung aus Willy Wonka und Fagin (Oliver Twist). Für mich einer der Highlights vom Wochenende.
Wertung: 9/10
Death is a Caress
Und das nächste Debüt. Dieses Mal von Edith Carlmar, die mit diesem Film einen der ersten norwegischen Film Noirs drehte. Die Geschichte eines jungen Mechanikers, der sich in eine ältere und wohlhabende Frau verliebt und von ihr auch zugleich verführt wird, entwickelt sich zu einer ambivalenten Beziehung, die von Obsession, heftigen Auseinandersetzungen und Eifersucht geprägt wird. Interessant ist vor allem, dass die klassische, damalige Rollenverteilung von Mann und Frau ins Gegenteil verkehrt wird. Der Film basiert zwar auf einer norwegischen Novelle, aber diese soll wohl so stark von „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ inspiriert worden sein, sodass sogar zur Plagiatsvorwürfen erhoben worden sein sollen. Da ich den „Postmann“ noch nicht kenne, kann ich es nicht beurteilen. Mir hat der Film jedenfalls ausgesprochen gut gefallen.
Wertung 7/10