Halloween (2018 - David Gordon Green)
David Gordon Green's Halloween ignoriert alle bisherigen Fortsetzungen der Reihe und knüpft 40 Jahre nach den Ereignissen von John Carpenter's Halloween an.
Der Film ist im Grunde ein "Best Of" aus allen vorherigen Halloween Filmen. Er trieft vor Anspielungen und Verneigungen an die Vorgänger, kopiert aber auch dreist komplette Szenarien. Das ist schon etwas frech, wenn man bedenkt, dass der Film ganz bewusst so tut, als hätte es die ganzen Fortsetzungen nie gegeben, nur um dann genau diese zu zitieren. Er wirkt wenig eigenständig und traut sich nichts Neues. Man fährt hier eine ganz sichere Schiene, um alteingesessene Fans wieder ins Boot zu holen, die eventuell von Rob Zombie's Halloween Filmen vergrault wurden. Ich hätte mir etwas mehr Frische gewünscht. Der Film möchte Halloween wieder in die richtige Bahn lenken. Das gelingt nur bedingt. Das fängt schon beim Gewaltgrad an. Der Film kann sich nicht entscheiden, ob er lieber zahm zur Sache gehen soll (wie das Original) oder ob der rote Lebenssaft nur so fließen soll.
Bisher haben alle anderen Darsteller imo kläglich darin versagt, wenn es darum ging den Original-Shape (Nick Castle) zu imitieren. Oder man hat einfach einen ganz anderen Ansatz verfolgt, wie in den Rob Zombie Filmen. Doch James Jude Courtney kommt extrem nah an Nick Castle's Performance heran. Die Maske und sein Bodymovement sind genial. Vielleicht die beste optische Erscheinung direkt nach dem Original. Leider weiß man das inszenatorisch nicht richtig in Szene zu setzen. Denn man sieht nie wie er seine Opfer stalkt, sie beobachtet, wie er am Rand des Bildausschnitts lauert, wie er mit seinen Opfern spielt und ihnen Angst macht etc. Seine Präsenz ist auch nicht allgegenwärtig spürbar. Seine Opfer sind nie vom Gefühl geplagt, ständig unter Beobachtung zu stehen, oder von jemandem oder etwas verfolgt zu werden. Man kommt dem Original-Shape optisch zwar sehr nah, in seinem Verhalten ist er jedoch gänzlich anders angelegt. Charakteristisch schießt man weit am Ziel vorbei - bis auf die Tatsache, dass er wieder willkürlich und ohne Motiv tötet. Mich beschleicht das Gefühl, dass Green und McBride das Original nicht verstehen bzw. nicht wissen, warum es so effektiv ist. Nick Castle ist übrigens in einer Szene als Michael Myers/The Shape zu sehen und steuert die Atemgeräusche unter der Maske bei.
Wie schon erwähnt tötet Michael hier, wie auch schon im Original, willkürlich. Es besteht keinerlei Verbindung zu Laurie Strode. Darin liegt vielleicht das größte Problem des Films. Denn so gibt es für Michael keinen Grund, sie aufzuspüren und zu töten. Laurie hingegen ist von dem Gedanken besessen, dass Michael sie nach 40 Jahren noch immer töten will. Dem ist aber nicht so. Dem Film fehlt daher ein roter Faden, eine fokussierte Narrative und vor allem eine interessante Geschichte. Er verspricht durch Laurie's Rolle eine Prämisse, die der Film gar nicht verfolgt und erst recht nicht einhält: eine direkte Konfrontation zwischen Michael und Laurie. Was bleibt ist ein erzwungenes Konstrukt, das verzweifelt versucht, die beiden auf biegen und brechen doch noch zusammenzubringen, nur um Laurie's Rolle irgendwie zu rechtfertigen. Deshalb müssen wir mit einem saublöden Twist leben, der genau dieses Problem auf unelegante Weise löst.
Mir gefällt der Sarah-Connor-Doomsday-Prepper-Ansatz von Laurie auch nur bedingt. Das Konzept ist imo wenig glaubwürdig und leicht übertrieben. Immerhin ist Michael seit 40 Jahren in Gefangenschaft. Alleine diese Tatsache schwächt die Wirkung des genialen Endes von Carpenter's Original enorm ab. Das ist wirklich abartig und respektlos. Curtis spielt ihre Rolle dennoch gut (Skywalker in The Last Jedi, anyone?). Karen geht mir mit ihrer die Welt-ist-voller-Liebe-Einstellung bis kurz vor Schluss auch auf die Nerven. Generell sind viele Figuren in diesem Film nichs weiter als nervige Stereotypen und Klischees. Einzig Allyson ist ein positiver Lichtblick. Der (Improvisations)Humor ist total deplatziert.
Optisch ist der Film ganz schick anzusehen. Aber inszenatorisch fehlt ihm einfach die visuelle Rafinesse und Erzählkunst des Originals. Die Geschichte wird leider ganz und gar nicht gekonnt und bewusst überwiegend visuell erzählt. Das Framing wird nicht sinnvoll genutzt, es gibt bis auf eine Szene keine atmosphärischen Longtakes, keine lebendige/involvierende Kamera, keine POV Shots von Michael etc. Der Film hat keine ruhigen, spannungsvollen Momente. Er hat das Tempo eines Actionfilms. Das führt zwangsweise leider auch dazu, dass man Michael Myers an verschiedene Orte teleportieren muss. So taucht Michael einfach urplötzlich irgendwo aus dem Nichts vor seinen Opfern auf und schlägt dann auch direkt zu. Leider nur langweilige Jump Scares. Das ist schade, denn ansich gibt es einige interessante Set Pieces und Ideen. Nur sind diese selten in einen sinnvollen Kontext innerhalb einer nachvollziehaben Geschichte eingebunden. Oft hat man das Gefühl, eine willkürliche Abfolge von (Mord)Szenen zu sehen. Erneut: Green und McBride verstehen das Material mit dem sie arbeiten einfach nicht.
In den ersten 2/3 des Films ist das Pacing wenig geglückt, da im Schneideraum die Szenenabfolge nachträglich geändert wurde und einige gute Szenen es gar nicht erst in den fertigen Film geschafft haben. Erst im letzten Drittel scheint der Film richtig Fuß zu fassen. Das Finale würde ich geglückt bezeichnen. So endet der Film nach meinem Empfinden zumindest mit einer positiven Note.
Das Potenzial war offensichtlich vorhanden bei diesem Film und gewisse Aspekte sind wirklich gut geworden. Aber man hat sich leider nicht getraut die Extrameile zu laufen und etwas neues und gewagtes auf die Beine zu stellen. Zurück bleiben daher eher gemischte Gefühle. Zum einen erkennt man als alteingesessener Halloween Fan viele Szenen aus den alten Filmen wieder und empfindet dabei eine gewisse Nostalgie. Andererseits ist der Film genau deshalb wenig mitreißend, weil man alles schonmal (besser) gesehen hat. Ich tue mich schwer damit den Film als das zu bewerten, was er ist. Denn ich sehe immer das, was er leider nicht ist. Es ist einfach verdammt ärgerlich, dass man endlich einen so tollen Michael Myers gefunden hat (Darsteller, Maske, Look, Movement) und ihn dann nicht entsprechend in Szene setzt inkl. all seiner Charaktereigenschaften. So wirkt er ziemlich verschenkt. Und durch Laurie's Anwesenheit hat man sich auch in in eine Zwickmühle geschrieben. Hab ich schon erwähnt, dass Green und McBride zwei Nullchecker sind?
Insgesamt ist der Film zwar ganz gut zusammengeklaut, jedoch viel zu safe und ohne eigene Identität. Ein bisschen wie The Force Awakens. Der geniale Score von Carpenter wertet den Film ungemein auf. Ein grandioser Mix aus alt und neu, der den Film am Leben erhält (und auch abseits des Films sehr zu gefallen weiß).
Das liest sich jetzt wie ein totaler Verriss. Dem ist aber nicht so. Ich habe mich in dieser Kritik bewusst vermehrt auf die negativen Aspekte konzentriert, um herauszuarbeiten, warum ich so enttäuscht bin. Der Film will sich ganz bewusst mit Carpenter's Original messen und daher muss er auch dem direkten Vergleich standhalten. Da kann er bei mir nur verlieren. Für sich gesehen ist der Film schon ganz okay. Er hat einige tolle Szenen zu bieten, einen sehr guten Score, Michael Myers ist optisch verdammt gut getroffen, der enorme Fanservice macht bis zu einem gewissen Grad auch Spaß und das Finale halte ich ebenfalls für geglückt. Mit viel Wohlwollen daher noch eine
6/10