Es ist nunmal Geschichte. Und solange sie nicht verfälscht wird habe ich damit absolut kein Problem.
Damit habe ich weniger ein Problem. Zum Beispiel finde ich es überhaupt nicht verwerflich, wie Tarantino bei Inglourious Basterds mit dem zweiten Weltkrieg umgeht und
Hitler sterben lässt.
Einerseits weil durch starke Verfremdung die Künstlichkeit und das Filmische betont wird und somit den Film klar als Film kennzeichnet und somit sich vom realen Grauen distanziert und anderseits versteht es Tarantino den Krieg nicht durchweg als cool darzustellen, sondern eben differenziert die Grauen, die Angst und den Wahnsinn abzubilden. Unter anderem durch die sehr starke Eröffnungssequenz.
Hast du dieses zwiespältige Gefühl nur beim Genre Kriegsfilm?
Oder auch bei anderen wie z.b. Horror? Im Serienkiller Bereich gibt es ja auch genug Filme die nach wahren Begebenheiten gedreht worden sind.
Bei mir ist es überwiegend der Kriegsfilm. Das liegt zum einem daran, dass die meisten Horror- oder auch Serienkiller-Filme rein fiktiv sind und sich nur manchmal von wahren Ereignissen inspirieren lassen. Das ist beim Kriegsfilm nicht der Fall. Dort wird meistens Bezug zu einem realen Krieg genommen. Und ein Krieg als solcher ist viel tiefer im kulturellen Gedächtnis jedes einzelnen verankert und offenbart in einer noch viel größeren Dimension Gewalt, Terror, Elend und Trauer als es jeder einzelne Kriminalfall vermag.
Daher finde ich eigentlich unangemessen den realen Krieg im Hollywood effekthascherisch und glorifizierend darzustellen. Für mich muss es eine klare künstlerische Intention geben, wieso man sich mit Krieg in einem Film auseinandersetzt und es sollte nicht ausschließlich der Unterhaltung dienen.
Vermutlich resultiert meine ganze Sensibilität gegenüber dem Kriegsfilm auch aus einem Ereignis aus Teenager-Zeit. Mit zwölf oder 13 Jahren habe ich mit zwei Freunden Zuhause „Der Soldat James Ryan“ gesehen und während ich relativ immersiv dem Geschehen folgte, merkte ich wie so ein Film ebenfalls rezeptiert werden kann. Ein Freund fand die Eröffnungssequenz total geil und hat sie abgefeiert und selbst beim späteren Verlauf des Films gab es immer wieder Momente, beispielsweise als der Scharfschützen Menschen Kopfschüsse verpasst hat, die er mit „Yeah... Kopfschuss“ kommentierte. Allein der Umstand, dass ich diese Filmsichtung seit über 15 Jahren nicht vergessen habe, spricht eigentlich für sich… Der Film war für mich daher erst einmal für Jahre „verbrannte Erde“ und jeder Kriegsfilm wird daher von mir kritisch betrachtet. Wobei ich mich in den letzten Jahren - auch durch Uni-Seminare - wieder vermehrt mit dem Genre auseinandergesetzt habe. Dort wurde mir bewusst, dass Krieg und Film historisch gesehen sehr viel Einfluss auf einander ausübten. Sowohl was der allgemeinen technischen Entwicklung betrifft als auch kulturelles Mittel, um bestimmte Stimmungen zu erzeugen oder zu forcieren. Stellvertretend seien an dieser Stelle nur die zahlreichen und diversen Propagandafilme des Ersten und Zweiten Weltkriegs genannt.