Oscar 2022 - Der Live Thread

Willy Wonka

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Ich könnte mir tatsächlich vorstellen das die Beziehungen von Apple halt besser sind als die von Netflix und somit halt Coda etwas mehr "Beachtung" bei der Jury gefunden hat :nice:

Netflix polarisiert im Filmgeschäft natürlich mehr, weil Netflix gezielt Angriffe auf's Kinomodell und die Auswertung von Filmen vornimmt. Apple ist in dieser Hinsicht noch nicht so negativ aufgefallen. Zudem handelt es sich bei Coda in erster Linie um eine kleine unabhängige Produktion, die dann eben von Apple gekauft wurde und nicht wie es sonst der Fall wäre von Universal, Fox, Disney oder einem kleineren Studio.
 

Agent Orange

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Ja... stattdessen sollte man sich mehr über Coda streiten und wie dieser Film Bester Film werden konnte...

Können wir machen. Gesehen habt ihr den alle, ja?

Dune wäre das richtige Signal gewesen und hätte dafür gesorgt, dass auch endlich wieder publikumswirksame Filme den Hauptpreis gewinnen können.

Die Hoffnung hab ich schon lange begraben. Vielleicht wenn noch 1-2 Dune Teile folgen, beim letzten dann. Ähnlich wie beim Herrn der Ringe.
 

Willy Wonka

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Können wir machen. Gesehen habt ihr den alle, ja?

Ich habe ihn gesehen. Unterscheidet sich nur in wenigen Aspekten vom französischem Originalfilm, wobei die französische Variante für mich am Ende emotionaler war. Dennoch sind es beides keine herausragenden Filme, die meiner Meinung so viele Auszeichnungen verdient hätten. Dafür waren es eben nur "nette", "kleine" Filme mit einer recht konventionellen Dramaturgie. Nur den Oscar für den Nebendarsteller kann ich nachvollziehen.

Die Hoffnung hab ich schon lange begraben. Vielleicht wenn noch 1-2 Dune Teile folgen, beim letzten dann. Ähnlich wie beim Herrn der Ringe.

Aktuell kann ich mir nicht vorstellen, dass die Fortsetzungen von Dune so eine Relevanz und Erfolg werden wie einst die Herr-der-Ringe-Fortsetzungen. Ich lasse mich aber natürlich gerne eines Besseren beleheren.
 

Agent Orange

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Ich habe ihn gesehen.

Sehr gut:hoch: Wollte nur sicherstellen dass die Grundlagen passen.

Unterscheidet sich nur in wenigen Aspekten vom französischem Originalfilm, wobei die französische Variante für mich am Ende emotionaler war.

Das Ende der französischen Variante hab ich leider nicht mehr besonders präsent, fand das Ende von CODA aber durchaus sehr stimmig, mit dem Auftritt/Montage auch recht emotional.

Dennoch sind es beides keine herausragenden Filme, die meiner Meinung so viele Auszeichnungen verdient hätten. Dafür waren es eben nur "nette", "kleine" Filme mit einer recht konventionellen Dramaturgie.

Ich würde auch nicht von herausragenden Filmen sprechen. Sonst hätte ich den französischen auch etwas besser präsent. Allerdings würde ich noch einen Schritt weiter gehen. Welcher Film der vergangen Jahre, der bei den Oscars abgeräumt hat, war denn herausragend? Mir persönlich fällt da keiner ein. Das waren meist schwere depressive, fast dokumentarisch anmutende Filme. Eine große Rolle hat da in meiner Wahrnehmung keiner mehr in den Jahren nach dem Oscargewinn gespielt. Selbst Filme die hier abgefeiert wurden, habe ich danach auch hier nicht mehr wahrgenommen.
Ein Film der diesen Preis einsackt, sollte mich auch dazu bewegen ihn erneut zu sehen. Bei solchen Schnarchern wie Nomadland verzichte ich da gerne.

CODA hat meines Erachtens gewonnen, weil zum einen Jane Campion diesen Quatsch bei dem Critics Choice Award von sich gegeben hat, und zum anderen weil hier Gehörlose Schauspieler agiert haben. Alles solche Sachen die mit der reinen Filmqualität nichts zu tun haben, aber gerade bei den Oscars immer wieder in die Wertung einfließen. So mein Gefühl zumindest. Und davon halte ich gar nichts.

Aktuell kann ich mir nicht vorstellen, dass die Fortsetzungen von Dune so eine Relevanz und Erfolg werden wie einst die Herr-der-Ringe-Fortsetzungen.

Das nicht, aber vielleicht reicht es ja dennoch für eine Würdigung der Academy.
 

Willy Wonka

Locationscout
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Das Ende der französischen Variante hab ich leider nicht mehr besonders präsent, fand das Ende von CODA aber durchaus sehr stimmig, mit dem Auftritt/Montage auch recht emotional.

Die Enden war auch ziemlich ähnlich, aber von der Montage, dem Gesang dem Spiel der Darsteller fand ich französischen Film deutlich intensiver. Es kann aber auch durchaus sein, dass mich das Ende von Coda nicht so mitgenommen hat, weil ich es eben schon vom französischen Film kannte.

Welcher Film der vergangen Jahre, der bei den Oscars abgeräumt hat, war denn herausragend? Mir persönlich fällt da keiner ein. Das waren meist schwere depressive, fast dokumentarisch anmutende Filme. Eine große Rolle hat da in meiner Wahrnehmung keiner mehr in den Jahren nach dem Oscargewinn gespielt. Selbst Filme die hier abgefeiert wurden, habe ich danach auch hier nicht mehr wahrgenommen. Ein Film der diesen Preis einsackt, sollte mich auch dazu bewegen ihn erneut zu sehen. Bei solchen Schnarchern wie Nomadland verzichte ich da gerne.

Also Nomadland und Parasite sind für mich herausragende Filme gewesen. Ebenso wie Moonlight oder Birdman. Green Book hat mir auch sehr gefallen, aber den Oscar als bester Film hätte nicht sein müssen. Ähnlich geht es mir bei Shape of Water.

Aber um einmal die beiden Extrembeispiele zu nehmen. Coda ist kleiner, netter, sehr gefälliger Film, der schnell in Vergessenheit geraten wird. Nomadland wird vermutlich auch in Vergessenheit geraten, aber zumindest ist es ein künstlerisch anspruchsvoller Film, was man von Coda meiner Meinung nach nicht behaupten kann.

Das Problem in Hollywood, was sich vor allem bei den Oscars widerspiegelt ist die Tatsache, dass der "Mittelbau" fehlt. Auf der einen Seite haben wir die gigantischen CGI-Blockbuster und auf der anderen Seite die vielen "Kunstfilme". In den letzten Jahren sind vermehrt Filme ausgezeichnet worden, die üblicherweise auf den großen Filmfestivals gefeiert werden, aber eben zu den künstlerisch-anspruchsvollen Filmen zählen, die kein breites Publikum finden.

Und bislang hat man sich nicht getraut einen großen Tentpole-Film mit einem Oscar als besten Film auszuzeichnen, obwohl es in den letzten Jahren häufig genug die Möglichkeit gegeben hätte. Man denke nur an Gravity, Mad Max, Joker, Black Panther, Dune etc.

Die "Besten-Filme" werden in den letzten Jahren jedenfalls von immer weniger Menschen im Kino gesehen. Die Statistik von InsideKino ist dazu echt interessant. Klick

Und ganz netter Fakt am Rande, die drei "Besten-Filme", die in den USA am wenigsten Geld in die Kinos eingespielt haben (Tödliches Kommando, Nomadland, Coda), sind die einzigen drei Filme, die von einer Frau inszeniert worden sind. Es scheint wohl an den Frauen zu liegen. :nice:;)

CODA hat meines Erachtens gewonnen, weil zum einen Jane Campion diesen Quatsch bei dem Critics Choice Award von sich gegeben hat, und zum anderen weil hier Gehörlose Schauspieler agiert haben. Alles solche Sachen die mit der reinen Filmqualität nichts zu tun haben, aber gerade bei den Oscars immer wieder in die Wertung einfließen. So mein Gefühl zumindest.

Ja, diese Aspekte spielen auf jeden Fall eine große Rolle. Hinzu kommt von einigen immer noch eine gewisse Ablehnung gegenüber Netflix-Produktionen.
 

Agent Orange

Tonmeister
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Also Nomadland und Parasite sind für mich herausragende Filme gewesen. Ebenso wie Moonlight oder Birdman. Green Book hat mir auch sehr gefallen, aber den Oscar als bester Film hätte nicht sein müssen. Ähnlich geht es mir bei Shape of Water.

Moonlight wäre mein nächstes Negativbeispiel gewesen :D. Green Book fand ich gut, der dürfte mich aber wegen der Rassenthematik gecatcht haben und vermutlich hat er auch deswegen gewonnen. Ein 10er war das für mich aber auch nicht. Birdman hat mich auf dem falschen Fuß erwischt, da muss ich nochmal ran, vielleicht wird es dann besser. Parasite fand ich auch sehr gut, das wäre jetzt aktuell der einzige in der Liste bei dem ich mitgehen würde.
Shape of Water war zwar ganz toll gemacht, so richtig mitgerissen hat der mich allerdings auch nicht.

Nomadland wird vermutlich auch in Vergessenheit geraten, aber zumindest ist es ein künstlerisch anspruchsvoller Film, was man von Coda meiner Meinung nach nicht behaupten kann.

Aber warum ist das so? Ich ertappe mich auch immer wieder bei solchen Gedanken, könnte es aber nicht benennen warum das so ist. Und dann fühle ich mich geblendet. Wo ist Nomadland künstlerisch anspruchsvoll, um mal bei dem zu bleiben.

Das Problem in Hollywood, was sich vor allem bei den Oscars widerspiegelt ist die Tatsache, dass der "Mittelbau" fehlt. Auf der einen Seite haben wir die gigantischen CGI-Blockbuster und auf der anderen Seite die vielen "Kunstfilme"

Gehe ich mit. Dazu kommt für mich, dass es viele dieser Filme so sehr darauf anlegen Kunst oder etwas besonderes zu sein, dass ich da inzwischen müde von werde.

Und bislang hat man sich nicht getraut einen großen Tentpole-Film mit einem Oscar als besten Film auszuzeichnen, obwohl es in den letzten Jahren häufig genug die Möglichkeit gegeben hätte. Man denke nur an Gravity, Mad Max, Joker, Black Panther, Dune etc.

Und hier geht mein Problem weiter. Ein Black Panther als bester Film, wäre für mich ebenso unpassend gewesen. Netter Film, aber der hätte gar nicht auf die Liste gehört. Das war auch wieder nur um sich anzubiedern und um zu zeigen wie woke man ist. Auch einen Mad Max hätte ich seltsam empfunden, obwohl ich den Film total abfeiere. Hier ist man aber vermutlich selbst inzwischen so konditioniert, dass man solche Filme von vornherein ausschließt. Und was bleibt dann noch übrig.

Die "Besten-Filme" werden in den letzten Jahren jedenfalls von immer weniger Menschen im Kino gesehen. Die Statistik von InsideKino ist dazu echt interessant. Klick

Das ist sehr interessant und deckt sich mit meinem Gefühl. Vielleicht kommt es auch zu großen Teilen daher.

Und ganz netter Fakt am Rande, die drei "Besten-Filme", die in den USA am wenigsten Geld in die Kinos eingespielt haben (Tödliches Kommando, Nomadland, Coda), sind die einzigen drei Filme, die von einer Frau inszeniert worden sind. Es scheint wohl an den Frauen zu liegen. :nice:;)

Eindeutig, die sind schuld :D

Ja, diese Aspekte spielen auf jeden Fall eine große Rolle. Hinzu kommt von einigen immer noch eine gewisse Ablehnung gegenüber Netflix-Produktionen.

Wobei es überall Probleme gibt, auch Apple ist nicht der Messias, obwohl ich die Auswahl sehr gelungen finde, und die auf der technischen Seite alle weit hinter sich lassen. Da hat gerade Netflix ordentlich abgebaut was Bildqualität angeht.

edit: Wollte ja eigentlich hier noch was zu „The Power of the Dog“ schreiben. Auch den sehe ich persönlich nicht als Meisterwerk. Der hatte eine tolle unheilvolle Atmosphäre, die einen in den Film gezogen hat. Man war interessiert wie es weitergeht, da die Charaktere zu einem großen Teil undurchsichtig waren. So habe ich den zumindest aufgenommen. Aber wie gesagt, das Meisterwerk hab ich da ebenfalls nicht gesehen.
 
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Willy Wonka

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Aber warum ist das so? Ich ertappe mich auch immer wieder bei solchen Gedanken, könnte es aber nicht benennen warum das so ist. Und dann fühle ich mich geblendet. Wo ist Nomadland künstlerisch anspruchsvoll, um mal bei dem zu bleiben.

Tja... da versuche mal mit jemanden Kunst zu erklären. Das ist auch eine Wissenschaft für sich. :nice:

Nomadland bedient sich keiner Stereotypen, klammert sich nicht an einer fest erprobten, von den Zuschauern verinnerlichten Dramaturgie und ruft Emotionen nicht mit dem Holzhammer hervor. (Das Ende von Coda ist so ein Holzhammer). Wir begegnen den Menschen auf Augenhöhe, ihren Problemen, Sorgen, Sehnsüchten. Das wirkt authentisch und das Zusammenspiel der Laienschauspieler mit den echten Schauspielern ergibt ein homogenes Bild. Schlussendlich thematisiert der Film universelle Themen und Probleme unserer Gesellschaft ohne einfache Antworten oder Lösungen zu liefern.

Auch von technischer Seite setzt der Film bewusst Akzente. Das Arbeiten mit natürlichem Licht, die fantastische Kameraarbeit, die einerseits Motive des Westerns und andererseits die Ruhelosigkeit der modernen Nomaden aufgreift, der feinfühle Einsatz von Musik, und generell die behutsame Montage, die nicht sofort zur nächsten Szene wechselt, wenn mal nichts gesagt wird.

Irgendwie klingt das jetzt alles wieder so diaktisch und scheint die Filmen wieder in "ernste Filme" und "Unterhaltungsfilme" zu klassifizieren, obwohl ich diese Unterscheidung zwischen "Kunst- und Kommerzfilm" eigentlich nicht mag. Dafür bin ich einfach zu viel in beiden "Welten" unterwegs. Und während man im Forum bei sogenannten Kunstfilmen häufig die Nase rümpft, ist es meiner privaten Freundes- und Kinoblase ganz anders, wenn einige Leute kaum nachvollziehen können, dass ich mir beispielsweise Filme von Michael Bay oder Roland Emmerich anschaue.

Und hier geht mein Problem weiter. Ein Black Panther als bester Film, wäre für mich ebenso unpassend gewesen. Netter Film, aber der hätte gar nicht auf die Liste gehört. Das war auch wieder nur um sich anzubiedern und um zu zeigen wie woke man ist. Auch einen Mad Max hätte ich seltsam empfunden, obwohl ich den Film total abfeiere. Hier ist man aber vermutlich selbst inzwischen so konditioniert, dass man solche Filme von vornherein ausschließt. Und was bleibt dann noch übrig.

Dune und Joker wäre für mich die richtigen Filme gewesen. Bei Mad Max gehe ich bei deiner These mit und bei Black Panther wäre dann wahrscheinlich wieder weniger der Film gewesen, sondern welche Bedeutung der Film in den USA hat.

Wobei es überall Probleme gibt, auch Apple ist nicht der Messias, obwohl ich die Auswahl sehr gelungen finde, und die auf der technischen Seite alle weit hinter sich lassen. Da hat gerade Netflix ordentlich abgebaut was Bildqualität angeht.

Auf keinen Fall ist Apple der Messias unter den Streaming-Diensten. Übrigens einsehr interessanter Artikel. Meine Kritik richtet sich meist nur an Netflix, weil Apple mit Apple TV+ im Film- und Seriengeschäft einfach zu klein und unbedeutend ist. :ugly:
 

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Tja... da versuche mal mit jemanden Kunst zu erklären. Das ist auch eine Wissenschaft für sich. :nice:

Ich denke mal, hier wurde uns auch einfach dieses Gefühl antrainiert, was Kunst ist. Wobei im Endeffekt alles Kunst ist, die Kunst zu unterhalten. 20 Minuten können eine furchtbar lange Zeit sein. Richtig inszeniert kann sich das aber auch wie 5 Minuten anfühlen.

Nomadland bedient sich keiner Stereotypen, klammert sich nicht an einer fest erprobten, von den Zuschauern verinnerlichten Dramaturgie und ruft Emotionen nicht mit dem Holzhammer hervor. (Das Ende von Coda ist so ein Holzhammer). Wir begegnen den Menschen auf Augenhöhe, ihren Problemen, Sorgen, Sehnsüchten. Das wirkt authentisch und das Zusammenspiel der Laienschauspieler mit den echten Schauspielern ergibt ein homogenes Bild. Schlussendlich thematisiert der Film universelle Themen und Probleme unserer Gesellschaft ohne einfache Antworten oder Lösungen zu liefern.

Bei den Stereotypen würde ich widersprechen wollen. Gerade der Weg in das Nomadenleben war für mich sehr Schablonenhaft, ebenso wie die Entfremdung zur regulären Gesellschaft. Was nicht heißen soll, dass es nicht ebenso abläuft, jedoch bedient es zumindest mein Klischee.

Aber die Essenz, die ich dem Absatz entnehme, ist dass wenn Kunst die Realität möglichst originalgetreu wiedergibt, ist es Kunst… oder sagen wir mal etwas besonderes. Fällt mir ab einem gewissen Grad sehr schwer. Kino und die Magie dahinter, bedeutet für mich auch ein eintauchen in fremde Welten, eine Überhöhung der normalen Welt. Ein Tatort kann prinzipiell die Realität abbilden, ein Jürgen Vogel im selbstgestrickten Pulli überhöht das Ganze dann aber um deutlich zu machen, das Ganze nicht zu ernst zu nehmen.
Ich persönlich brauche dafür das Medium Film nicht zwingend, dafür gibt es bereits die Realität oder eben Dokumentationen. Was ja der Hauptteil meiner Kritik an Nomadland ist. Dass ich mir da eben genauso gut eine Doku ansehen kann.

Auch von technischer Seite setzt der Film bewusst Akzente. Das Arbeiten mit natürlichem Licht, die fantastische Kameraarbeit, die einerseits Motive des Westerns und andererseits die Ruhelosigkeit der modernen Nomaden aufgreift, der feinfühle Einsatz von Musik, und generell die behutsame Montage, die nicht sofort zur nächsten Szene wechselt, wenn mal nichts gesagt wird.

Wie bei einer Dokumentation eben auch.
Aber wie gesagt, ich rede hier nur von mir. Ich freue mich für jeden der sich daran erfreuen kann, und das meine ich auch keineswegs zynisch. Jeder hat halt einen anderen Geschmack. Für mich ist es aber nun mal kein besonderer Verdienst wenn die Kunst die Realität möglichst originalgetreu abbildet.

Irgendwie klingt das jetzt alles wieder so diaktisch und scheint die Filmen wieder in "ernste Filme" und "Unterhaltungsfilme" zu klassifizieren, obwohl ich diese Unterscheidung zwischen "Kunst- und Kommerzfilm" eigentlich nicht mag. Dafür bin ich einfach zu viel in beiden "Welten" unterwegs. Und während man im Forum bei sogenannten Kunstfilmen häufig die Nase rümpft, ist es meiner privaten Freundes- und Kinoblase ganz anders, wenn einige Leute kaum nachvollziehen können, dass ich mir beispielsweise Filme von Michael Bay oder Roland Emmerich anschaue.

Für mich schließt das eine das andere auch nicht zwangsläufig aus. Allerdings finde ich es extrem kritisch wenn man dem sogenannten „Unterhaltungsfilm“ die Existenz absprechen will, während im Gegenzug Filme abgefeiert werden, bei denen man sich zum Teil gar nicht im klaren ist, was man da jetzt gesehen hat. Es aber genau aus dem Grund Kunst sein muss. Da hört es dann bei mir auf. Ich habe dann immer das Gefühl, dass man sich da vielleicht selbst in die Tasche lügt, da Kunst=Besser, mehr wert ist.

Soviel zu meinem Plädoyer für den Unterhaltungsfilm :nice:
 

Willy Wonka

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Aber die Essenz, die ich dem Absatz entnehme, ist dass wenn Kunst die Realität möglichst originalgetreu wiedergibt, ist es Kunst… oder sagen wir mal etwas besonderes. Fällt mir ab einem gewissen Grad sehr schwer. Kino und die Magie dahinter, bedeutet für mich auch ein eintauchen in fremde Welten, eine Überhöhung der normalen Welt.

Nein, da hast du mich falsch verstanden. Das ist für mich etwas Besonderes an „Nomadland“ gewesen, aber das ist nicht das Wesen der Kunst. Das Wesen der Kunst lässt sich nicht darauf reduzieren, möglichst authentisch, realitätsnah zu sein. Generell finde ich es schwierig von „der Kunst" zu sprechen, denn wie du schon geschrieben hast, ist es ja auch eine Kunst Menschen zu unterhalten, aber künstlerische Werke müssen nicht unbedingt immer Unterhaltung generieren. Für mich ist es wichtig Filme auch mal abseits ihrer Unterhaltung zu betrachten. Also mal nicht mit der Devise ins Kino zu gehen oder eine Disc in den Play, dass man denkt „jetzt unterhalte mich mal gefälligst, grusele mich, bring ich mich zum Lachen oder zum Weinen etc“. Wobei „Nomadland“ jetzt auch nicht der „Kunstfilm“ schlechthin ist, da gibt es Filme, die es einmal als Zuschauer wirklich nicht leicht machen. :nice:

„Nomadland“ ist für mich in vielerlei Hinsicht einfach anspruchsvoller als „Coda“, weil „Coda“ einfach leichtere, gefälligere, konventionellere Unterhaltung bietet.

Ich persönlich brauche dafür das Medium Film nicht zwingend, dafür gibt es bereits die Realität oder eben Dokumentationen. Was ja der Hauptteil meiner Kritik an Nomadland ist. Dass ich mir da eben genauso gut eine Doku ansehen kann.

Also, Dokumentarfilm ist nicht gleich Dokumentarfilm. Und man darf nicht den Fehler begehen Dokumentarfilm als die Abbildung von Wirklichkeit bzw. der Realität zu verstehen. Das komplette filmische Handwerk von Kamera, Montage, Musik bis zur Mise en Scène ist beim Dokumentarfilm auch bewusst arrangiert und gewählt. Und der Übergang zwischen Dokumentar- und Spielfilm wurde in den letzten Jahren immer fließender. Es gibt zahlreiche Spielfilme mit einem starken dokumentarischen Charakter und auf der anderen Seite gibt's Dokumentarfilm, die so geplant und durchinszeniert sind, dass sie mehr einem Spielfilm ähneln. Zuletzt gab es um den Film „Love Mobil“ sogar sehr hitzige Debatten, wie weit man als Dokumentarfilm gehen darf. Werner Herzog und Ulrich Seidl würden da wahrscheinlich nur müde lächeln.

Für mich schließt das eine das andere auch nicht zwangsläufig aus. Allerdings finde ich es extrem kritisch wenn man dem sogenannten „Unterhaltungsfilm“ die Existenz absprechen will, während im Gegenzug Filme abgefeiert werden, bei denen man sich zum Teil gar nicht im klaren ist, was man da jetzt gesehen hat. Es aber genau aus dem Grund Kunst sein muss. Da hört es dann bei mir auf. Ich habe dann immer das Gefühl, dass man sich da vielleicht selbst in die Tasche lügt, da Kunst=Besser, mehr wert ist.

Soviel zu meinem Plädoyer für den Unterhaltungsfilm :nice:

Wer möchte dem Unterhaltungsfilmen denn die Existenz absprechen? :confused:

Ich finde sowohl künstlerische als auch unterhaltsame Filme sehr wichtig und finde es nur schade, dass in den letzten Jahren eine größere Distanz zwischen beiden Filmwelten aufgebaut wird und die Übergänge meinem Gefühl nach verschwinden.
 

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Nein, da hast du mich falsch verstanden. Das ist für mich etwas Besonderes an „Nomadland“ gewesen, aber das ist nicht das Wesen der Kunst.

Doch, genau so hab ich es verstanden. Wir schreiben ja hier nur von Nomadland und CODA als exemplarische Beispiele. Das dies nicht für alle anderen Filme gelten kann ist klar.

Für mich ist es wichtig Filme auch mal abseits ihrer Unterhaltung zu betrachten.

Auch mal und abseits, ja. Völlig unabhängig hingegen finde ich schwierig. Für mich ist das die Quintessenz dass mich ein Film unterhält, erfreut oder was auch immer, wie er das tut ist eine andere Sache.

„Nomadland“ ist für mich in vielerlei Hinsicht einfach anspruchsvoller als „Coda“, weil „Coda“ einfach leichtere, gefälligere, konventionellere Unterhaltung bietet.

Mal anders, vielleicht wird dann klarer worauf ich hinaus will. Nehmen wir mal an CODA (der ist mir im übrigen vollkommen egal, mir geht es nur um diese Barriere in unseren Köpfen die uns sagt, so ein Film hat eigentlich keinen Oscar verdient, somit dient der jetzt nur als Stellvertreter) wäre nicht dieser Film mit Happy End. Sondern ein schwerer depressiver Brocken in welchem wir den Verfall einer Familie miterleben.

Ich behaupte, dann würden wir den ebenso als Anspruchsvoll empfinden und eher einem Oscar würdig. Weißt du was ich meine?

Also, Dokumentarfilm ist nicht gleich Dokumentarfilm. Und man darf nicht den Fehler begehen Dokumentarfilm als die Abbildung von Wirklichkeit bzw. der Realität zu verstehen.

Willy, ich bitte dich ;) mir hat es zwar ordentlich in die Scheese geschneit, einen bleibenden Hirnschaden hab ich aber nicht davongetragen.

Wer möchte dem Unterhaltungsfilmen denn die Existenz absprechen? :confused:

Metaphorisch, überspitzt auf den Absatz bezogen. Nicht wortwörtlich zu nehmen.

ist es meiner privaten Freundes- und Kinoblase ganz anders, wenn einige Leute kaum nachvollziehen können, dass ich mir beispielsweise Filme von Michael Bay oder Roland Emmerich anschaue.
 

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Mal anders, vielleicht wird dann klarer worauf ich hinaus will. Nehmen wir mal an CODA (der ist mir im übrigen vollkommen egal, mir geht es nur um diese Barriere in unseren Köpfen die uns sagt, so ein Film hat eigentlich keinen Oscar verdient, somit dient der jetzt nur als Stellvertreter) wäre nicht dieser Film mit Happy End. Sondern ein schwerer depressiver Brocken in welchem wir den Verfall einer Familie miterleben.

Ich behaupte, dann würden wir den ebenso als Anspruchsvoll empfinden und eher einem Oscar würdig. Weißt du was ich meine?

Okay, jetzt weiß ich, worauf du hinauswillst. ;) Aber so sehr würde ich den "anspruchsvollen" Film nicht eingrenzen. Für mich muss ein Film kein depressiver Brocken sein, der am Ende kein Happy End bereithält, um anspruchsvoll zu sein. Don't Look Up oder Dune sind für mich auch anspruchsvolle Filme und haben mehr Gehalt als ein Coda. Auch ein Ladybird hätte meiner Meinung nach mehr den Oscar verdient als ein Coda.

Das Thema hörende Tochter in einer gehörlosen Familie und überhaupt die Barrieren von gehörlosen Menschen in der Gesellschaft sind wichtig und relevant, aber die Umsetzung ist eben konventionell ausgefallen. Der Film setzt inhaltlich und inszenatorisch keine besonderen Akzente. Es spricht ja schon für sich, dass der Film weder in einer technischen Kategorie nominiert wurde (Schnitt, Kamera etc.) noch bei der Regie. Um mal beim Oscar zu bleiben. Und das der Film einen Oscar für das beste adaptierte Drehbuch wirklich bekommen hat, ist auch ein schlechter Witz. Es wurde ein vorhandenes Drehbuch umgeschrieben! Ich bin kein Drehbuchautor und habe noch nie ein Drehbuch geschrieben, aber mir soll jemand mal erklären, was anspruchsvoller ist, ein vorhandenes Drehbuch umzuschreiben oder eine Geschichte von einem Medium (Roman, Kurzgeschichte, Comic, Theaterstück) in ein anderes Medium (also Film) zu übertragen.

Willy, ich bitte dich ;) mir hat es zwar ordentlich in die Scheese geschneit, einen bleibenden Hirnschaden hab ich aber nicht davongetragen.

Das hat nix mit Hirnschaden zu tun. ;) Es klingt zwar banal, aber häufig wird von Dokumentarfilmen eben genau das erwartet. Ich verweise da gerne noch mal auf die hitzige Debatte um den Film „Love Mobil“. Und weil du selbst geschrieben, „da schaue ich mir lieber gleich eine Doku“ an, zeigt doch zumindest, dass es für anscheinend klare Grenzen zwischen Spiel- und Dokumentarfilm gibt. Und zumindest diese Grenzen werden immer wieder in Frage gestellt.

Übrigens eine schöne Diskussion. :) (Auch wenn mich das von anderen Sachen abhält :nice: )
 

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Okay, jetzt weiß ich, worauf du hinauswillst. ;) Aber so sehr würde ich den "anspruchsvollen" Film nicht eingrenzen.

Ich natürlich auch nicht. Aber um es zu verdeutlichen breche ich solche Themen gerne erstmal auf den kleinsten gemeinsamen Nenner herunter. Einfach um grundlegende Mechanismen zu ergründen. Warum nehmen wir Dinge wahr wie wir es tun etc.

Für mich muss ein Film kein depressiver Brocken sein, der am Ende kein Happy End bereithält, um anspruchsvoll zu sein. Don't Look Up oder Dune sind für mich auch anspruchsvolle Filme und haben mehr Gehalt als ein Coda.

Wie oben geschrieben, für mich auch nicht. Ich denke aber dennoch, wäre ein Film wie CODA im Stile eines Nomadland gedreht, würde man ihn ganz anders wahrnehmen. Also jetzt mal ganz davon abgesehen, dass ein Film eh anders wahrgenommen wird, wenn er anders gedreht/geschnitten usw ist. Und da du „Don’t Look up“ ins Spiel bringst, hier wäre es bei mir andersrum. Der hatte sich zwischenzeitlich in Belanglosigkeiten verloren, und hatte da einen Durchhänger. Der war mir eine gute halbe Stunde für das gebotene zu lang. Die Grundprämisse fand ich gut, aber die Inszenierung hatte für mich deutlich Luft nach oben. Aber eben Geschmacksache.

Das Thema hörende Tochter in einer gehörlosen Familie und überhaupt die Barrieren von gehörlosen Menschen in der Gesellschaft sind wichtig und relevant, aber die Umsetzung ist eben konventionell ausgefallen.

Da würde ich mitgehen, besondere Kniffe, abgesehen von den Momenten in denen wir auch zu Gehörlosen werden, war da nichts. Das würde ich mir als Begründung gefallen lassen.

Und das der Film einen Oscar für das beste adaptierte Drehbuch wirklich bekommen hat, ist auch ein schlechter Witz. Es wurde ein vorhandenes Drehbuch umgeschrieben! Ich bin kein Drehbuchautor und habe noch nie ein Drehbuch geschrieben, aber mir soll jemand mal erklären, was anspruchsvoller ist, ein vorhandenes Drehbuch umzuschreiben oder eine Geschichte von einem Medium (Roman, Kurzgeschichte, Comic, Theaterstück) in ein anderes Medium (also Film) zu übertragen.

Ja, das hab ich auch nicht verstanden. Scheinbar ist diese Blase, in der Hollywood sitzt, sehr dicht.

Und weil du selbst geschrieben, „da schaue ich mir lieber gleich eine Doku“ an, zeigt doch zumindest, dass es für anscheinend klare Grenzen zwischen Spiel- und Dokumentarfilm gibt. Und zumindest diese Grenzen werden immer wieder in Frage gestellt.

Siehe oben, einfach runtergebrochen, die Schattierungen bewusst außer Acht gelassen.

Übrigens eine schöne Diskussion. :) (Auch wenn mich das von anderen Sachen abhält :nice: )

Die können unmöglich so wichtig sein :D:bier:
 
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