Ich habe mir vor ein paar Tagen „Basic Instinct" ein zweites Mal angesehen. Bei der ersten Sichtung am 11.10.2005 hat mir der Film gefallen, aber ein Höhepunkt war es für mich nicht. Da ich nach gut sechs Jahren nicht mehr alle Details des Films kannte - einschließlich des Endes - wirkte der Film umso besser auf mich.
Sechs Jahre später muss ich meine Meinung Film revidieren, denn „Basic Instinct" ist grandioses Kino. In den sechs Jahren habe ich einiges über Film Noir, Spannungsaufbau und Dramaturgie gelernt und auch wenn ich noch Lücken bei der Filmographie von Verhoeven besitze, weiß ich dennoch was seine Merkmale sind.
Die Einleitung des Films mit der ruhigen Melodie von Jerry Goldsmith, welche schon verrucht, verführerisch und mysteriös klingt, leitet bereits das Thema des Films ein. Im weiteren Verlauf verwendet Verhoeven viele Merkmale und Stile eines klassischen Film Noirs und dieses transferiert er in die 1990er Jahre. Klassische Elemente werden perfekt in die Zeit integriert und die erotischen Schauwerte des Films sind skandalös, aber dennoch vollkommen richtig akzentuiert. Aus diesem Grund hätte dieser Film auch von keinem anderen Regisseur besser umgesetzt werden können. Verhoevens Filme zeigen natürliche Nacktheit und er nimmt sich des Themas der Sexualität auf unterschiedlichste Weise an und wenn es manchmal nur wenige und scheinbar unbedeutende Szenen eines Films sind (gemeinsame Duschen in „Starship Troopers").
Die Charaktere des Films
Auf den ersten Blick bedient Verhoeven viele Klischees mit Catherine Tramell und ihrem Antagonisten Nick Curran, aber wenn man genauer hinsieht, ist zu erkennen, dass die Charaktere sehr gut ausgearbeitet wruden und sehr fassbar für den Zuschauer sind. Viele Film Noirs zeichnen sich dadurch aus, dass eine Femme Fatale (hier Tramell) einen guten Jungen langsam auf die „böse" Seite zieht. Doch Nick ist kein guter Junge. Er gibt sich Mühe sich zu bessern, aber seine Vergangenheit ist gezeichnet von Gewalt und der Hingebung zu verschiedenen Süchten. Er ist auf den richtigen Weg bis jene Femme fatale ihm Steine in den Weg legt. Langsam versucht sie seine Sinne zu vernebeln und er erleidet in dieser Hinsicht einen Rückfall. Seine Kollegen können ihm nicht mehr trauen und so muss er alleine mit seinen Dämonen fertig werden. Er lässt sich auf das Spiel ein und als Zuschauer ist man sich unsicher, ob er wirklich manipulierbar ist oder ob er wirklich noch einen Durchblick hat. Über alle Charakter des Films ist ein unsichtbarer Schleier geworfen und sie erscheinen in jeder Szene des Films anders. Die Musik tut ihr übriges und hilft dabei den Zuschauer auf verschiedene Fährten zu locken. Zentraler Angelpunkt des Films ist der Mordfall, aber interessanter sind die Wandlungen der Charaktere.
Catherine Tramell ist sehr intelligent und weiß genau wie sie sich zu verhalten hat und wie sie es schafft andere Menschen dazu zu bringen Dinge zu tun, welche sie gar nicht tun wollen. Sie betört und spielt mit ihrer sexuellen Ausstrahlung, aber dennoch macht sie deutlich, dass sie die Macht der Beeinflussung beherrscht. Doch möglicherweise hat auch sie eine emotionale Seite, welche nicht nur durch Sex befriedigt werden kann. Beide Charaktere bieten genug Potenzial für Interpretationen.
Des Rätsels Lösung
Das Ende des Films ist für mich eindeutig. Nachdem der Film den Zuschauer immer wieder mögliche Täter präsentiert hat (Roxy und die omnipräsente Tramell) wird detailliert beschrieben, wie Dr. Beth Garner hinter allem steckt. Doch dem Drehbuchautor war es zu simpel am Ende mit einer Überraschung bzw. Wendung die Zuschauer zu überraschen. Er wollte noch mehr. Er wollte, dass der Zuschauer zweifelt und dadurch baut er am Ende des Films noch die Finte ein, indem er auf den Eispickel neben dem Bett verweist. So können die Zuschauer nicht kritisieren, dass die Wendung mit Dr. Beth Garner zu unrealistisch sei, denn mit der Aufnahme des Eispickels will er sich einen Raum für Interpretationen erhalten, denn schließlich machen mögliche Interpretationen einen Film besser bzw. interessanter.
Für mich ist es also nur ein filmischer Kniff - eine Finte - wie auch schon der Kreisel in „Inception". Denn wenn wir uns wirklich mehr Gedanken darüber machen und zu dem Schluss kommen, dass doch Tramell die Täterin sei, macht es den Film (gedanklich und rational betrachtet) unrealistischer. Doch manche sehen es natürlich anders, denn jeder hat eine eigene Sicht auf die Dinge und so entstehen Diskussionen über den Film und der Film bleibt damit in Erinnerung. Würde die letzte Einstellung des Films fehlen, wären die Kritiken des Films bestimmt negativer gefärbt oder die Diskussionen würden in einem kleineren Rahmen stattfinden.
Aufgrund der berühmten Szene hat dieser Film bereits Filmgeschichte geschrieben, aber meiner Meinung nach hat der Film auch nur aufgrund seiner Qualität ein Recht nicht in Vergessenheit zu geraten.
Mir hat der sogar erst beim zweiten Durchlauf so richtig gut gefallen. Ich kann mir auch problemlos Filme wie "The Sixth Sense" oder "The Village" mehrmals anschauen.
Ich auch, denn beide Filme sind grandios inszeniert.