Ich habe mit einem Kollegen eine kleine Klassiker-Programmreihe in Essen kuratiert. Monatlich wird es einen Film aus dem Jahre 1968 geben. Aktuell steht schon einmal das Programm von Januar bis Juni fest.
Nachfolgend die offiziellen Ankündigungstexte.
Kino 68
Die Essener Filmkunsttheater und der Filmkunst und Kinokultur Essen e.V. zeigen in der Reihe Kino68 anlässlich des 50sten Jubiläums der deutschen Kinoerstaufführung Filmklassiker aus dem Jahr 1968.
Die Vorführungen finden immer am zweiten Mittwoch des Monats um 20:15 Uhr im Eulenspiegel statt. Die Vorführung im Januar findet abweichend am 24.01. statt.
Vor Filmbeginn gibt es jeweils eine kurze Einführung.
Eintritt: 8,00 EUR
Das Kinojahr 1968 in der Retrospektive
Kaum ein Jahr in der jüngeren Geschichte hat so viel Bedeutung, wie das Jahr 1968. Über kaum ein Jahr wird so viel geschrieben und diskutiert, kein anderes Jahr scheint derart stark unsere westliche Gesellschaft beeinflusst zu haben. Unter dem Schlagwort „68er-Bewegung“ wird der Höhepunkt der internationalen und politisch linksgerichteten Bürgerrechtsbewegungen zusammengefasst. Während in den USA gegen den Vietnamkrieg protestiert wird und die schwarze Bürgerrechtsbewegung ihren traurigen Höhepunkt mit der Ermordung Martin Luther Kings nimmt, ist es in Deutschland die Studentenbewegung, die antiautoritär eingestellt ist und vor allem die in Machtpositionen verharrende Generation der Täter des Dritten Reiches ablehnt, sowie gegen die prüde-bigotte Sexualmoral der fünfziger Jahre rebelliert.
Nun sind 50 Jahre vergangen und die 68er-Bewegung wurde bereits in zahlreichen Romanen, Geschichtsbüchern, Comics, Songs, Videospielen und natürlich auch in Filmen aufgegriffen und thematisiert. Zum 50. Jubiläum möchten wir keine Auswahl an Filmen zeigen, die sich explizit mit der Thematik beschäftigt, sondern wir wollen tatsächlich zurück ins Kinojahr 1968. Welche Filme haben das Jahr 1968 bewegt? Welche Filme waren Kassenschlager? Welche Filme haben den Zeitgeist eingefangen, konserviert und lassen uns heute – 50 Jahre danach – noch einmal das Gefühl der damaligen Zeit erleben? Zudem geben uns die Filme aus dem Jahre 1968 die Möglichkeit, genauer hinzuschauen, denn Filme können als Produkte ihres gesellschaftlichen Umfelds gedeutet werden. Welche Ansichten, Tendenzen und Sympathien sind bewusst und auch unbewusst in die Filme eingeflossen?
Gehen Sie mit unserem Filmprogramm auf eine Zeitreise in das Jahr 1968.
Die Filme im Überblick von Januar bis Juni 2018:
Mi. 24.01.2018, 20:15 Uhr: Zur Sache, Schätzchen (Dt. OV)
Mi. 14.02.2018, 20:15 Uhr: In der Hitze der Nacht (OmU)
Mi. 14.03.2018, 20:15 Uhr: Die Braut trug schwarz (franz. OmU)
Mi. 11.04.2018, 20:15 Uhr: Die Stunde des Wolfs (schwed. OmU)
Mi. 09.05.2018, 20:15 Uhr: Planet der Affen (OmU)
Mi. 13.06.2018, 20:15 Uhr: Die Reifeprüfung (OmU)
Mittwoch, 24. Januar | 20:15 Uhr | Eulenspiegel
Zur Sache, Schätzchen
24 Stunden aus dem Leben von Martin, einem Schwabinger Tunichtgut, der zum Aufstehen keinen Bock und zum Arbeiten keine Lust hat. An seinem Geburtstag reißt er im Schwimmbad die hübsche Barbara auf. Um ihr zu imponieren treibt er auf einer Angebertour durch München allerlei Verbotenes mit seinen Mitbürgern und bekommt Ärger mit der Polizei.
Das Spielfilmdebüt von Regisseurin May Spils ist vor allem für heutige Sehgewohnheiten eine erfrischend entschleunigte Komödie, die voller kleiner Details ein authentisches Porträt der 68er-Generaton zeichnet.
Im Erscheinungsjahr war „Zur Sache, Schätzchen“ am Puls der Zeit und wurde mit über 6 Millionen Besuchern zu einem riesigen Kinoerfolg, der eine ganze Generation mit den lakonischen Sprüchen von Martin prägte.
DE 1967 | 78 Min | ab 12 J. | dt. Original, digital
Regie: May Spils | Cast: Werner Enke, Uschi Glas, Henry van Lyck, Helmut Brasch, Inge Marschall, Rainer Basedow
Mittwoch, 14. Februar | 20:15 Uhr | Eulenspiegel
In der Hitze der Nacht
Virgil Tibbs (Sidney Poitier) besucht im Süden der USA seine Mutter, als er plötzlich von dem Kleinstadtsheriff Gillespie (Rod Steiger) wegen Mordes verhaftet wird. Da Tibbs in der Gegend ein fremder schwarzer Mann ist, ist er für Gillespie ein logischer Verdächtiger eines Mordes an einem reichen weißen Mann. Als Tibbs dem skeptischen Gillespie darlegen kann, dass er selbst Polizist und bei der Mordkommission in Philadelphia tätig ist, wird er von seinem eigenen Chef genötigt, mit dem rassistischen Ermittler zusammen zu arbeiten.
Anders als diverse Action- und Buddy-Komödien nimmt „In der Hitze der Nacht“ die Ausgangssituation des ungleichen Ermittler-Duos nicht für eine Aneinanderreihung von Späßen und diversen Albernheiten, sondern befasst sich mit dem soziologischen und politischen Hintergrund der Zeit und Gegend, was der Unterhaltung des Polizeifilms aber keinen Abbruch tut.
USA 1967 | 110 Min | ab 12 J. | OmU, digital
Regie: Norman Jewison | Cast: Sidney Poitier, Rod Steiger,Warren Oats, Lee Grant
Mittwoch, 14. März | 20:15 Uhr | Eulenspiegel
Die Braut trug schwarz
(Weitere Vorstellung in Planung)
In einer Kleinstadt kann es langweilig werden und wenn Alkohol und Kartenspielen nicht mehr weiterhelfen, kommt häufig die Dummheit ins Spiel. So ist es auch eines Tages bei fünf Junggesellen, die aus Spaß mit einer Waffe, auf einen Kirchturm zielen. Einer übertreibt und zielt gar auf ein junges Brautpaar; als ein Freund ihm die Waffe entreißen möchte, löst sich ein Schluss und der Bräutigam wird tödlich verletzt. Nach einigen Jahren macht die Witwe (Jeanne Moreau) die fünf Männer ausfindig, um an jedem einzelnen Mann Vergeltung zu üben.
François Truffaut verbindet in „Die Braut trug schwarz“ verschiedene Motive des Melodrams mit denen von klassischen Hitchcock-Thrillern und schuf einen Film, der zur damaligen Zeit auf viel negative Kritik und Unverständnis gestoßen ist. Vor allem durch den Erfolg von Quentin Tarantinos freier Neuinterpretation und Hommage „Kill Bill“ wurde Truffauts Film nicht nur rehabilitiert, sondern auch einem größeren Publikum näher gebracht.
FR/IT 1968 | 107 Min | ab 16 J. | OmU, digital
Regie: François Truffaut | Cast: Jeanne Moreau, Michel Bouquet, Jean-Claude Brialy
Mittwoch, 11. April | 20:15 Uhr | Eulenspiegel
Die Stunde des Wolfs
Der Maler Johan Borg (Max von Sydow) lebt mit seiner schwangeren Frau Alma (Liv Ullmann) in einer einsamen Hütte auf einer abgelegenen Insel. Von einer Schaffenskrise geplagt, fühlt er sich mehr und mehr von realen Personen, aber auch Halluzinationen verfolgt. Erinnerungen und Bilder aus der Vergangenheit mischen sich mit düsteren Visionen des dekadenten Barons und seiner Gefolgschaft, die am anderen Ende der Insel in einem Schloss wohnen und ihn vernichten wollen. Nachdem Alma davon erfährt, vermischen sich Reales und Geträumtes zunehmend und Johan reißt seine Frau mit in eine Spirale aus Horror und Wahnsinn.
Mit „Die Stunde des Wolfs“ schuf Ingmar Bergman den Auftakt zu seiner Fårö-Trilogie. Elemente aus dem Surrealen und dem Horrorfilm bilden ein Filmdrama, das sich als Psychogramm eines Künstlers herausstellt. Bergman nutzt in seinem Film eine Reihe ungewöhnlicher Stilmittel. So baute er Aufnahmen von den Dreharbeiten und Diskussionen mit den Schauspielern, sowie einen simulierten Filmriss in der Mitte des Films und die erneute Einblendung des Filmtitels, mit ein.
SE 1968 | 88 Min | ab 16 J. | OmU, digital
Regie: Ingmar Bergman | Cast: Max von Sydow, Liv Ullmann, Allan Edwall, Erland Josephson, Gertrud Fridh, Ingrid Thulin
Mittwoch, 9. Mai | 20:15 Uhr | Eulenspiegel
(Weitere Vorstellung in Planung)
Planet der Affen
Astronaut Taylor (Charlton Heston) überlebt den Raum-Zeitsprung durch das All – 2000 Jahre in die Zukunft. Eine Notlandung verschlägt ihn und seine Crew auf einen entfernten Planeten, der von Affen regiert wird. Auf grausame Weise missbrauchen die herrschenden Affen eine primitive Menschenrasse für Experimente. Schon bald wird Taylors selbst zum Gejagten, seine einzige Hoffnung auf Rettung sind zwei kooperative Schimpansen, die sich dem religiösen Wahn der anderen Affen widersetzen.
Die dystopische Zukunftsvision von Regisseur Franklin J. Schaffner basiert auf dem gleichnamigen Roman von Pierre Boulle und geizt nicht mit gesellschaftskritischen Untertönen in Bezug auf Tierversuche, kreationistische Strömungen und religiöse Dogmen, die am Beispiel der Affengesellschaft illustriert werden und heute leider aktueller denn je sind. Aufgrund des Erfolgs wurden in den Folgejahren zahlreiche Fortsetzungen und sogar eine Fernsehserie produzierte, zuletzt folgte ein Remake von Tim Burton und eine neue Trilogie, die die Vorgeschichte des Originalfilms erzählt.
USA 1968 | 112 Min | ab 12 J, | OmU, digital
Regie: Franklin J. Schaffner | Cast: Charlton Heston, Roddy McDowall, Kim Hunter, Maurice Evans, James Whitmore
Mittwoch, 13. Juni | 20:15 Uhr | Eulenspiegel
Die Reifeprüfung
Benjamin Braddock (Dustin Hoffman) kommt frisch von der Uni und weiß noch nicht so recht, was er mit seinem Leben anfangen möchte. Zurück im Elternhaus lernt er kurz daraufhin durch einen Zufall die Frau des Chefs seines Vaters, Mrs. Robinson (Anne Bancroft), kennen und sie beginnen im Geheimen ein Verhältnis. Als er später auch noch ihre Tochter, Elaine Robinson, kennen und lieben lernt, wird die Lage für Benjamin immer verzwickter.
Mit „Die Reifeprüfung“ unter der Regie von Mike Nichols gelang Dustin Hoffman der große Durchbruch in Hollywood und obwohl er bei den Dreharbeiten bereits 30 Jahre alt war, verstand er es vortrefflich die Unsicherheiten eines jungen Uni-Absolventen zu verkörpern, was ihm schließlich eine Oscar-Nominierung als bester Hauptdarsteller einbrachte. Der Film gilt als Meisterwerk des New Hollywood und ist auch aufgrund seines Soundtracks von Simon & Garfunkel in die Filmgeschichte eingegangen.
USA 1967 | 102 Min | ab 12 J. | OmU, digital
Regie: Mike Nichols | Cast: Dustin Hoffman, Anne Bancroft, Katharine Ross, Murray Hamilton