(Diese Kritik bezieht sich auf den Director's Cut)
Alan Moore schuf mit seiner Graphic Novel "Watchmen" nicht nur die ultimative Dekonstruktion des Superheldentums, sondern auch ein zeitloses Meisterwerk, welches über viele Jahre hinweg als unverfilmbar galt. Nicht nur aufgrund des enormen Umfangs, sondern auch aufgrund der komplexen Erzählstruktur. Je genialer die Vorlage, desto größer die Gefahr, dass man sie "falsch" adaptiert. Die größte Hürde einer Verfilmung startet also direkt mit dem Drehbuch. Um die Vorlage als Kinofilm adaptieren zu können, mussten sich die Drehbuchautoren David Hayter und Alex Tse also genau überlegen, an welchen Stellen sie Kürzungen vornahmen. Zum Glück trennte man sich genau an den richtigen Stellen vom "Fett" der Vorlage und nahm inhaltlich sinnige Änderungen vor. So flog u.a. der Black Freighter und der Subplot um das Squidmonster raus. Das Ende wurde dementsprechend auch angepasst. Das Resultat bleibt gleich, nur der Weg dahin ist ein leicht anderer. Insgesamt bleibt das Drehbuch der Vorlage sehr treu.
Nun war es Snyder's Aufgabe das Drehbuch entprechend zu verfilmen. Doch natürlich ist jeder Film eine Kollaboration. Es war also viel mehr Synder's Aufgabe ein Team von Leuten zusammenzustellen, ihnen seine Vision so nahe wie möglich zu bringen und dafür zu sorgen, dass jeder sein Bestes gibt, um seine Vision zum Leben zu erwecken. Das fängt beim Cast an und dieser ist durch die Bank einfach famos. Ausnahmslos alle Darsteller verstehen es, ihrer Figur Tiefe und Charakter zu verleihen und überzeugend zu spielen. Vor allem Jackie Earle Haley (Rorschach) und Jeffrey Dean Morgan (The Comedian) sind genial besetzt. Das gesamte Produktionsdesign ist atemberaubend anzusehen. Man setzte vermehrt auf praktische Sets, was immer ein großer Pluspunkt ist. Kostüm und Make Up Department bekommen von mir ebenfalls zwei Daumen hoch, da man die 1980er Jahre glaubhaft darzustellen weiß und die Helden-Suits einfach klasse designt sind. Kameramann Larry Fong fängt all dies und die Geschichte in düsteren, dennoch wunderschönen und extrem atmosphärischen und allzeit perfekt geframten Bildern ein, wobei er sich sehr stark an den Comic-Panels orientiert. Die Musik von Tyler Bates verleiht dem Film die nötige emotionale Tiefe und harmoniert im perfekten Einklang mit der visuellen Bilderflut. Auch der Soundtrack ist stets mit Bedacht ausgewählt. So greift man desöfteren auf Stücke zurück, die ohnehin schon in der Vorlage zitiert werden. Die Effekte können zu jeder Zeit überzeugen. Der Schnitt ist trotz der Laufzeit von 3 Stunden immer messerscharf. Das Pacing ist dermaßen auf den Punkt gebracht. Nichts wirkt überflüssig. Alles entwickelt sich organisch und genau im richtigen Tempo. Informationen werden genau zum richtigen Zeitpunkt gegeben. Ein roter Faden ist trotz der komplexen Struktur immer klar erkennbar. Dramaturgie und Spannungsbogen werden wundervoll aufgebaut. Der häufige Einsatz von Zeitlupe verleiht dem ganzen eine gewisse epische Breite. Der Film schafft es, dass man als Zuschauer von der Atmosphäre aufgesogen wird und sich darin total verliert - und das liebe ich.
Snyder's Regie ist hier - sorry, ich muss das an dieser Stelle einfach sagen - göttlich. Er war imo nie besser aufgelegt als bei diesem Film. Man merkt, wie viel ihm das Projekt bedeutet. Sein Stil, den man entweder liebt oder hasst, ist zu jeder Zeit klar erkennbar. Ich bin fast geneigt zu sagen, "Watchmen" trieft seinen Stil aus jeder Pore. So versteht Snyder es, der Vorlage extrem treu zu bleiben und seiner Adaption gleichzeitig seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Dies ist enorm wichtig, da das Resultat ansonsten seelenlos wirken würde. Ich bin fest davon überzeugt, dass Zack Synder genau der richtige Mann für den Regiestuhl war, denn er hat so sehr und so lange mit dem Studio kämpfen müssen, um genau den Film machen zu dürfen, den wir nun bekommen haben (Stichwort: die lange Laufzeit, der hohe Gewaltgrad, der düstere und ernste Grundton, das Beibehalten des Kalten Krieg-Szenarios in den 1980ern, viele praktische Sets, etc.). Da hätten viele andere wohl vorher das Handtuch geworfen. Riesen Respekt dafür. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass sein "Watchmen" die absolut bestmögliche Kinofilm-Adaption ist, die man hätte bekommen können. Für mich die perfekte Adaption einer genialen Vorlage. Imo die beste Comicverfilmung überhaupt. Einer meiner Lieblingsfilme. Ewiger Top 10 Kandidat. Meisterwerk.
10/10