Mank

Tarantino1980

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Mank
Der Drehbuchautor Herman J. Mankiewicz erhält, nachdem er es sich mit den meisten großen Hollywoodstudios verscherzt hat, eine große Chance von einem jungen aufstrebenden Stern in der Filmwelt. Für einen Film bekam Orson Welles sozusagen die Generelalvollmacht und die komplette kreative Freiheit des kleinen Filmstudios RKO (Radio-Keith-Orpheum) Pictures Inc. Welles fehlt nur noch eins, ein brauchbares Drehbuch.

David Fincher verfilmte im Jahr 2020 diesen fabelhaften Film, dessen Drehbuch aus der Feder seines verstorbenen Vaters Jack Fincher stammt. Man merkt diesem Film in jeder Minute an das es für Fincher ein Herzensprojekt war. Was David Fincher hier auf Film gebannt hat ist in jeder Pore Filmmagie pur, eine Verneigung an das goldene Hollywood und auch ein Denkmal für den Beruf des Autors, der schonmal bei dem Thema Film zu unrecht als unwichtig bzw. nicht so wichtig abgetan wird. Es hängt von vielen Faktoren ab ob ein Film erfolgreich ist und somit von den Zuschauern geliebt wird, oder ob er sich zu einem Flop entwickelt. Ein gutes Drehbuch ist einer dieser Faktoren. In machen Fällen erhält es sogar die Beachtung, die es verdient hat. Meist sind es jene Filme, in denen der Regisseur nicht nur den Film inszeniert hat, sondern auch für das Drehbuch zumindest mitverantwortlich war. Selten jedoch erhalten Drehbuchautoren die Aufmerksamkeit die sie verdient haben. Auf diesen Missstand versuchte offenbar Jack Fincher hinzuweisen als er die Idee für das Drehbuch zu Mank hatte. Er hatte dies bereits in den 90ern fertig, fand damals ironischer Weise aber kein Studio, welches diesen Film produzieren und somit drehen wollte. Erst 17 Jahre nach seinem Tod gelang es seinem Sohn David, gemeinsam mit Netflix dieses Drehbuch zu verfilmen, was in sich auch schon sehr viel über den fehlenden aktuellen Mut der Hollywood Studios aussagt. Der Film ist eine Hommage an eine wunderbare Film Ära Hollywood´s in der Pioniere mit Leidenschaft und Visionen versucht haben die Zuschauer zu verzaubern. Einer dieser Männer war natürlich auch Orson Welles der mit seinem Film Citizen Kane damals 1941 die Filmwelt revolutionieren sollte. Auch hier muss man leider erwähnen das zwar RKO diesen Film finanzierte, es aber das kleinste der damaligen Big 5 (MGM, 20th Century Fox, Paramount, Warner und RKO) war, die den Mut hatten Orson Welles diesen Film drehen zu lassen.

Es war einfach schön zu sehen mit wieviel Liebe zum Detail David Fincher diese Liebesgeschichte an den Film inszenierte. Die genauen Gründe, warum damals in den 90ern kein Film aus diesem tollen Drehbuch entstanden ist, lag wohl zum größten Teil daran das Jack Fincher damals schon darauf bestanden haben sollte, das der Film umbedingt in s/w gedreht werden sollte. Zum Glück konnte ich hier dann sein Sohn David durchsetzen, auch wenn wieder kein Major Studio den Film finanzieren wollte. Der Film hätte viel von seiner Magie verloren wenn man ihn hätte nicht in s/w gedreht, da er ohne dieses Stilmittel bestimmt nicht so authentisch und magisch rüber gekommen wäre. Ich persönlich hätte es sogar noch besser gefunden, hätte David Fincher sich beim dreh für den damals klassiche 4:3 Bildformat entschieden, anstatt den Film im Breitbildformat zu drehen. Gerne hätte auch das Bild insgesamt noch etwas dreckiger aussehen können um noch näher an den damaligen Look dieser Filme aus dieser Zeitepoche heranzu kommen. Aber das ist wirklich Meckern auf hohem Niveau meinerseits, da es David Fincher wirklich schon sehr gut gelungen ist diesen Look zu rekonstruieren. Sowohl das Setdesing als auch die gesamte Art der Inszenierung wirkt so als ob es wirklich ein Film wäre, der irgendwann Anfang der 40er Jahre entstanden sei. Wäre hier wiegesagt noch das damalige Bildformat verwendet worden, wäre der Effekt perfekt gewesen. Aber auch so wurde der Film phänomenal umgestzt. Schöne Bildkompositionen und das Spiel mit Schatten und Licht runden den natürlichen Look dieser Filmepoche perfekt ab.

Der Cast ist auch nur perfekt gewählt. Gary Oldman spielt gewohnt stark und haucht der Figur das Herman J. Mankiewicz (von allen nur Mank genannt) Leben ein. Aber auch der gesamte Cast ist absolut passend. Sei es Lily Collins die hier sehr stark spielte, aber auch Amanda Seyfried die nicht nur optisch eine Bereicherung für den Film war. Sie spielte Perfekt die Rolle einer Schauspielerin aus dieser Zeitepoche, sah genauso umwerdend aus wie ihre Kolleginnen damals und zeigte aber auch, das sie nicht nur hübsches Beiwerk ist, sondern auch gut gespielt hat.

Mank ist einer dieser Filme die man entweder liebt oder hasst bzw. in jeder einzelnen Szene begeistert in die Welt abtaucht oder aber gelangweilt vor dem Bildschirm sitzt. Ich glaube auch das man, damit man diesen Film gut findet, genauso Filme aus der goldenen Ära Hollywoods lieben muss. Dann wirkt der Film nochmal intensiver und fesselnder. Hiermit meine ich nicht nur eine Liebe zu Citizen Kane, der natürlich als indirekter Pate für diesen Film steht. Ich meine hiermit auch Filme aus dieser gesamten Ära. Sei es ein Alfred Hitchcock oder ein Billy Wilder, welche diese Ära selbstverständlich mitprägten, aber auch so Filme wie Casablanca, Der dritte Mann oder generell den Film Noir. Ich meine damit nicht das Mank genauso ist wie diese Filme, aber man muss diese Art von Film lieben um auch Mank zu lieben. Also jeder der mit dieser Art von Filmen bzw. der gesamten Epoche des s/w Films nichts anfangen kann, sollte auf jeden Fall einen großen Bogen um diesen Film machen. Allen anderen rate ich auf jeden Fall sich Mank anzusehen!

Wertung: 10/10
 

Die wilde 13

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Der ist natürlich Pflichtprogramm für mich und ich werde ihn noch vor den Oscars mir ansehen. Schön, das er dir so gefallen hat und das macht mich jetzt noch neugieriger! Alleine schon Gary Oldman zuzuschauen ist bestimmt schon pure Freude. :)
 

Russel Faraday

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Ich befürchte ja, daß David Finchers Märchenstunde "Mank" wirklich gute Chancen auf Preise hat.
 

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Sehr schön, dass der Film nun auch mit einer Kritik hier im Forum verewigt worden ist.
Vielen Dank dafür. :hoch:

Ich habe den Film vor einigen Wochen als internes Screening im Kino gesichtet und allein die Bilder gehören einfach auf die große Leinwand. Leider ist die Qualität eines Streams nicht für die Leinwand gemacht...

Die Schwarzweiß-Ästhetik und die intensive Licht- und Schattendramaturgie erinnern sehr stark an die Filme der 1940er Jahre und für mich sind das klar die Stärken des Films. Allein von der Inszenierung ist der Film eine Hommage an „Citizen Kane“, aber ohne um die Stilmittel identisch zu kopieren.

Gary Oldman als Mank ist fantastisch und hätte den Oscar für diese Rolle mehr als verdient, aber das restliche Ensemble konnte in meinen Augen da nicht ganz mithalten. Zudem fehlten mir einige Hintergründe zu den Figuren. Ich fand das Verhältnis der Figuren zueinander nur schwer richtig zu fassen und auch die jeweiligen Motivationen der jeweiligen Personen wurde für mich nicht ganz nachvollziehbar. Eventuell wird eine zweite Sichtung aber Abhilfe schaffen.

Eine sehr starke Sequenz war für mich übrigens die Unterhaltung im Salon über die damals aktuell politisch-gesellschaftliche Situation, wo es eben nicht nur ein Dialog zwischen zwei Personen waren, sondern eine ganze Abendgesellschaft sich darüber unterhalten hat ohne sich viel ins Wort zu fallen.
 

Agent Orange

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Ich glaube auch das man, damit man diesen Film gut findet, genauso Filme aus der goldenen Ära Hollywoods lieben muss. Dann wirkt der Film nochmal intensiver und fesselnder.

So ähnlich sehe ich es auch. Aber meines Erachtens reicht es nicht aus, nur die Filme aus dieser Epoche zu lieben oder zu kennen. Hier bedarf es vielmehr Hintergrundwissen zum Studiosystem, der Seilschaften, Politik und des Gossips.
Vom Schauspiel und der Inszenierung fand ich den Film einwandfrei, bei der Geschichte fand ich, dass Fincher hier zu viel voraussetzt.
 

Willy Wonka

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Hier bedarf es vielmehr Hintergrundwissen zum Studiosystem, der Seilschaften, Politik und des Gossips.
Vom Schauspiel und der Inszenierung fand ich den Film einwandfrei, bei der Geschichte fand ich, dass Fincher hier zu viel voraussetzt.

Er setzt viel voraus, aber für mich ist das kein Kritikpunkt. Auch ohne das Hintergrundwissen kann der Film funktionieren und umso mehr Wissen man mitbringt, desto interessanter wird der Film.

Ich befürchte ja, daß David Finchers Märchenstunde "Mank" wirklich gute Chancen auf Preise hat.

Schreibst du Märchenstunde, weil sich Fincher nicht an die Fakten gehalten haben soll? In dieser Hinsicht geht er doch einfach den gleichen Weg wie Orson Welles. :nice:
 

Agent Orange

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Er setzt viel voraus, aber für mich ist das kein Kritikpunkt.

Aber du hast doch selbst geschrieben:
Zudem fehlten mir einige Hintergründe zu den Figuren. Ich fand das Verhältnis der Figuren zueinander nur schwer richtig zu fassen und auch die jeweiligen Motivationen der jeweiligen Personen wurde für mich nicht ganz nachvollziehbar.

Hat das etwa nicht bei dir zu einer leichten Abwertung geführt?
Wenn etwas für mich nicht nachvollziehbar oder greifbar ist, führt das zwangsläufig bei mir zu einer Abwertung. Ich muss doch wissen was und warum das da gerade auf dem Bildschirm passiert.

und umso mehr Wissen man mitbringt, desto interessanter wird der Film.

Absolut keine Frage, ich habe im Nachhinein auch noch so einige Dinge gelesen, bei denen einige Leute sicher mit der Zunge geschnalzt haben.

Leider ist die Qualität eines Streams nicht für die Leinwand gemacht...

Und dies ist falsch ;)
 

Willy Wonka

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Hat das etwa nicht bei dir zu einer leichten Abwertung geführt?
Wenn etwas für mich nicht nachvollziehbar oder greifbar ist, führt das zwangsläufig bei mir zu einer Abwertung. Ich muss doch wissen was und warum das da gerade auf dem Bildschirm passiert.

Ich habe dich so verstanden, dass du eben Hintergründe in Bezug auf das Business, die Seilschaften und den Gossip meinest. Mir ging es eher um sein direkt persönliches Umfeld. Also seine Beziehung zu der Sekretärin, seiner Pflegerin und zu Marion Davies (Amanda Seyfried).

Und dies ist falsch ;)

Ich glaube, dass ich hier zu ungenau war. Der Film ist auf jeden Fall für die große Leinwand gemacht, aber die Grenzen eines Netflix-Streamings in Bezug auf Bild- und Tonqualität werden im Kinosaal spürbar. Wenn der Film als DCP vorliegt, wird das Problem nicht mehr bestehen.
 

Agent Orange

Tonmeister
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Ich habe dich so verstanden, dass du eben Hintergründe in Bezug auf das Business, die Seilschaften und den Gossip meinest. Mir ging es eher um sein direkt persönliches Umfeld. Also seine Beziehung zu der Sekretärin, seiner Pflegerin und zu Marion Davies (Amanda Seyfried).

Auch, so ein wenig mehr Exposition hätte da imho nicht geschadet.



Ich glaube, dass ich hier zu ungenau war.

Jepp, darum ging es mir :D
Sind einfach zu viele Faktoren von denen es abhängt.
 

Tarantino1980

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Freut mich sehr das sich hier schon Leute zu Wort gemeldet haben! :hoch:

Der ist natürlich Pflichtprogramm für mich und ich werde ihn noch vor den Oscars mir ansehen. Schön, das er dir so gefallen hat und das macht mich jetzt noch neugieriger! Alleine schon Gary Oldman zuzuschauen ist bestimmt schon pure Freude. :)

Auf jeden Fall. Ich musste bei der Sichtung häufig an Dich danken, daran das der Film eigentlich genau Deinen Geschmack treffen würde!

Sehr schön, dass der Film nun auch mit einer Kritik hier im Forum verewigt worden ist.
Vielen Dank dafür. :hoch:

Gerne! Es ist einfach einer dieser Filme über den es mehr zu sagen gibt als 2-3 Zeilen im Zuletzt gesehen Thread und ich hatte gehofft, was ja auch schon angefangen hat, das hier durch meine KK eine schöne Diskussion entsteht da es eben ein Film ist der mit Sicherheit einigen gefällt, aber eben auch einigen nicht, was vollkommen okay ist.

Ich befürchte ja, daß David Finchers Märchenstunde "Mank" wirklich gute Chancen auf Preise hat.

Das würde mich auch interessieren was Dich mehr gestört hat, das eventuell nicht alles historisch korrekt erzählt wurde oder das Orson Welles nicht zusehr im Fokus stand, oder sogar teilweise etwas unsymphatisch rüberkam. Oder hattest du einfach mehr Screentim von Orson Welles erhofft? Ich bin ehrlich, ich fand Tom Burke auch nicht die ideale Besetzung. Aber mir ist auch spontan niemand anders eingefallen, der ihn hätte spielen können. Mank ist aber auch kein Biopic über Orson Welles, welches aber gerne auch mal verfilmt werden dürfte. ;)

Die Schwarzweiß-Ästhetik und die intensive Licht- und Schattendramaturgie erinnern sehr stark an die Filme der 1940er Jahre und für mich sind das klar die Stärken des Films. Allein von der Inszenierung ist der Film eine Hommage an „Citizen Kane“, aber ohne um die Stilmittel identisch zu kopieren.

Wie fandest Du es das er im Breitbildformat gedreht wurde. Gerade wenn man viele Filme aus den 30er und 40er Jahren schaut finde ich gehört der 4:3 Look einfach auch dazu. Hätte ich toll gefunden. Und von der s/w Ästethik fand ich es auch toll, wobei es gerne noch etwas mehr Filmkorn hätte sein können. Es hätte zwar nicht komplett so aussehen müssen wie zum Schluss die szene als man Mank bei den Textafeln nochmal sah, das wäre zuviel des Guten gewesen, aber manche Bilder waren teilweise schon etwas zu klar, wobei man ja bei 4K Restaurationen bzw. HD Restaurationen auch eine Menge noch aus vielen älteren Filmen dieser Epoche rausgeholt hat.

Die Licht und Schattendramaturgie hat mir auch extrem gut gefallen, aber auch die Setdesigns. Teilweise waren es ja sichtbare Kulissen, als man sich bei Dreharbeiten im Studio befand, sah sehr authentisch aus, aber auch einige Sets in der normalen Handlung sahen wundervoll aus, eben wie Szenen aus Filmen dieser Epoche. Teilweise sehr schöne Landschaftsaufnahmen. Der Ausblick aus diesem Haus in dem Mank untergebracht war, oder die Szene als er draußen mit Marion saß und diese ihn bat das Drehbuch nicht zu veröffentlichen, das sah wirklich traumhaft aus!

Gary Oldman als Mank ist fantastisch und hätte den Oscar für diese Rolle mehr als verdient,

Absolut! Aber bei den diesjährigen Oscars, auch wenn ich den Film nicht kenne und er wahrscheinlich auch nicht annährend an diese Leistung herangekommen ist, wird der Oscar in dieser Kategorie, da bin ich mir sehr sicher, an Chadwick Boseman gehen. Da sind leider einfach zuviele "Klischees" am Start, da wird die Jury nicht anders entscheiden. Ein schwarzer aufstrebender Schauspieler der erst kürzlich verstorben ist, da kommt glaub ich keine andere Leistung gegen an.

aber das restliche Ensemble konnte in meinen Augen da nicht ganz mithalten.

Stimmt schon, Gary Oldman war nochmal eine ganz andere Liga, aber ich fande den anderen Cast auch sehr stark. Besonders Amanda Seyfried und Lily Collins haben mir extrem gut gefallen. Amanda verkörpberte für mich absolut den Typ Frau den man damals in dieser Ära Hollywood auf der Leinwand sah, aber sie zeigte halt auch das sie nicht nur optisch eine Augenweide ist, sondern halt auch sehr gut spielt und auch ihr Charakter mehr Tief hat, als ihr Aussehen vermuten lässt. Und Lily Collins spielte genau den anderen Typ Frau aus dieser Ära. Süss und teilweise sogar etwas bieder wirkend, die aber auch mit ihrem Charme und Ihrer Art die Männerwelt verrückt machen konnte. Aber auch hier natürlich toll gespielt! Ihr Charakter war halt ein guter Kontrast zu Marion und Mank hatte ja zu beiden Frauen eine platonische Beziehung, wie es seine Frau so schön ausdrückte am Ende :nice:. Aber auch Tuppence Middleton hat mir als "arme" Sarah sehr gut gefallen!

Eine sehr starke Sequenz war für mich übrigens die Unterhaltung im Salon über die damals aktuell politisch-gesellschaftliche Situation, wo es eben nicht nur ein Dialog zwischen zwei Personen waren, sondern eine ganze Abendgesellschaft sich darüber unterhalten hat ohne sich viel ins Wort zu fallen.

Ja diese Szene war sehr stark. Hier würde mich wirklich mal interessieren ob dies damals wirklich so war. Also ob Unterhaltungen in so großen Runden so gesittet möglich waren. Heutzutage oder anders gesagt damals vor Corona, waren solche Runden meist schnell ausgeartet und es wurde wild zwischengerufen weil jeder meinte seine Meinung ist wichtiger oder die einzig richtige. In dieser Sequenz hat jeder jeden ausreden lassen. Das war sehr angenehm zu sehen.

So ähnlich sehe ich es auch. Aber meines Erachtens reicht es nicht aus, nur die Filme aus dieser Epoche zu lieben oder zu kennen. Hier bedarf es vielmehr Hintergrundwissen zum Studiosystem, der Seilschaften, Politik und des Gossips.

Stimmt man muss bei Mank sich definitiv mit dem Thema Film beschäftigen. Aber ich finde es auch als Möglichkeit für "Neulinge" nach der Sichtung einfach mal tiefer in die Materie einzutauchen um sich zu informieren und dann danach bei einer Zweitsichtung die "Lücken" geschlossen zu haben. Ich mag halt Filme die man nicht nur einfach konsumiert wie ein Fertiggericht und danach einfach verdaut, ich mag Filme die auch mal schwer im Magen liegen oder wie hier in diesem Fall jeder Gang ein Genuss ist und man jeden Bissen genießt.

Vom Schauspiel und der Inszenierung fand ich den Film einwandfrei, bei der Geschichte fand ich, dass Fincher hier zu viel voraussetzt.

Ich denke damit hast Du es aber gut auf den Punkt gebracht. In der heutigen Zeit wollen viele Leute lieber nur kurzweilig unterhalten werden anstatt sich auch mal tiefer mit einem Thema zu beschäftigen. Ich denke auch das war mit ein Grund warum kein Major Studio diesen Film drehen wollte, weil sie einfach kein großes Publikum für so einen Film gesehen haben. In Programmkinos wäre der Film richtig udn wichtig gewesen, aber man stelle ihn sich nur mal in einem Multiplex Kino vor. Das erste drittel der Besucher wäre wahrscheinlich nach 30 Min in einen anderen Saal gewechselt um den neuen Popcorn Krach Bum Streifen lieber ein 3x zu sehen, das zweite Drittel wäre entweder bei der Hälfte eingeschlafen oder hätte den Saal verlassen um noch was anderes zu machen und nur ein drittel des Saals hätte den Film abgefeiert und genossen.
 

2moulins

Filmgott
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Tarantino 1980, ich habe Deine Rezension mit großem Interesse gelesen. Schön geschrieben und mit recherchierten Hintergründen. :hoch:
Freut mich, dass es für Dich ein 10er-Erlebnis war. Bei mir punktete er deutlich tiefer. Ich zitiere mich mal selbst aus „Zuletzt gesehen“:

„Film über den Drehbuchautor Mankiewicz zu der Zeit, als er das Buch für „Citizen Kane“ schrieb. Extrem dialoglastiger Film. Kennt man ja von Regisseur David Fincher auch aus „ Social Network“, wo mich das gar nicht störte und den ich sehr spannend empfand. Dagegen fand ich das in „Mank“ ziemlich anstrengend, zumal ich inhaltlich nicht wirklich Zugang fand. Der Film ist - wie von Fincher gewohnt - handwerklich toll gemacht, bietet eine zeitgemäße tolle Ausstattung und viele sehr schöne Schwarz/Weiß-Bilder. Gary Oldman, wie immer sehr gut, erschien mir für die Rolle eigentlich zu alt, da er Mankiewicz im Alter zwischen Anfang 30 und Mitte 40 spielte. Aber das ist eher nebensächlich.

Vielleicht schaue ich den nach einer Sichtung von „Citizen Kane“ nochmal an.

Vorerst: 6/10

Die Zweitsichtung steht noch aus, wird aber sicher kommen.
 

Tarantino1980

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Tarantino 1980, ich habe Deine Rezension mit großem Interesse gelesen. Schön geschrieben und mit recherchierten Hintergründen. :hoch:
Freut mich, dass es für Dich ein 10er-Erlebnis war.

Danke, das freut mich sehr zu hören!

Bei mir punktete er deutlich tiefer. Ich zitiere mich mal selbst aus „Zuletzt gesehen“:

„Film über den Drehbuchautor Mankiewicz zu der Zeit, als er das Buch für „Citizen Kane“ schrieb. Extrem dialoglastiger Film. Kennt man ja von Regisseur David Fincher auch aus „ Social Network“, wo mich das gar nicht störte und den ich sehr spannend empfand. Dagegen fand ich das in „Mank“ ziemlich anstrengend, zumal ich inhaltlich nicht wirklich Zugang fand. Der Film ist - wie von Fincher gewohnt - handwerklich toll gemacht, bietet eine zeitgemäße tolle Ausstattung und viele sehr schöne Schwarz/Weiß-Bilder. Gary Oldman, wie immer sehr gut, erschien mir für die Rolle eigentlich zu alt, da er Mankiewicz im Alter zwischen Anfang 30 und Mitte 40 spielte. Aber das ist eher nebensächlich.

Vielleicht schaue ich den nach einer Sichtung von „Citizen Kane“ nochmal an.

Vorerst: 6/10

Die Zweitsichtung steht noch aus, wird aber sicher kommen.

Das finde ich absolut nicht schlimm. Es gibt immer so Filme bei denen man keinen Zugang findet oder einfach an dem Tag nicht in der richtigen Stimmung war. Lustigerweise ging es mir bei meiner ersten Sichtung so mit Citizen Kane. Ich hatte ihn dann anfang diesen Jahres nochmal gesehen und die Liebe war auf einmal da. Aber ich kam noch nicht wirklich dazu meine Gedanken und Empfinungen hier in Worte zu fassen. Vielleicht schaue ich ihn mir vorher auch nochmal an. Gerade jetzt mit der Sichtung von Mank würde es mich sehr interessiere wie er da nochmal vielleicht anders auf mich wirkt.

Ich könnte mir vorstellen das Dir der Film bei einer zweiten Sichtung besser gefällt, aber es ist absolut in Ordnung wenn nicht. Bei Dir weiß ich ja das Du einen breiten Filmgeschmack hast und auch mit Filmen aus dieser Epoche etwas anfangen kannst.

Als kleiner Tipp für Dich, schau Dir vor der erneuten Sichtung einfach mal 2-3 Deiner Lieblingsfilme aus der goldenen Ära Hollywoods an, oder ein paar Film Noir ;) und dann halt nochmal Mank. Keine Ahnung wie der Film auf mich vor ein paar Jahren gewirkt hätte. Ich habe zwar so 2012 angefangen meinen Filmhorizont zu erweitern, also auch außerhalb des Hollywood Mainstreams mich einmal umzuschauen, aber in den letzten 2-3 Jahren sind nochmal einige Filme aus verschiedensten Genres bzw. Filmepochen dazu gekommen die ich nicht mehr missen möchte.

Ich glaube hier ist es extrem Wichtig was man persönlich für Filme mag und kennt um dann für sich zu entscheiden ob Mank einer der Filme ist die man liebt oder eben keinen Zugang findet. Das könnte man tatsächlich als kleinen Kritikpunkt bei Mank mit aufnehmen das es kein Film ist der den Zuschauer abholt und für ein Genre oder für die Story begeistert. Man muss schon vorher Fan von genau dieser Materie und dieser Art Film sein, sonst kann man meines Erachtens nicht alles komplett genießen. Und so wie Du ja auch selbst schreibst handwerklich ist der Film gut aber eben von der Dramaturgie und der Story nicht für jeden passend, was ich jetzt nicht negativ meine! Es gibt einfach zuviele Geschmäker um für jeden das passende zu finden, aber es gibt auch einige Filme die es bei mir geschafft haben das ich den Film gut finde und er mich in seinen Bann zieht, obwohl mich die eigentliche Grundthematik nicht so interessiert eigentlich, aber sie so spannend und gut inszeniert wurde, das es mir egal war das mich das Thema sonst nicht so interessieren würde. Bei Mank passte bei mir halt einfach alles super zusammen!
 

Russel Faraday

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[...]
Schreibst du Märchenstunde, weil sich Fincher nicht an die Fakten gehalten haben soll? In dieser Hinsicht geht er doch einfach den gleichen Weg wie Orson Welles. :nice:

Touché. :respekt:

Nein, was mich an "Mank" stört, ist der kritiklose Verkauf von "Fakten", die schon seit 50 Jahren als ziemlicher Humbug bekannt sind. Namentlich die Abrechnung "Raising Kane" von Pauline Kael, die Hauptquelle für das Drehbuch gewesen sein dürfte. Dass Welles mal wieder als Antichrist dargestellt wird, ist ja nichts Neues. Hollywood scheint ihn noch immer zu hassen. Hätte man im Abspann den üblichen Zusatz "Die Handlung dieses Films ist frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit realen Personen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt" beigefügt, wäre das in Ordnung gewesen. Am Ende glaubt noch jemand den Mumpitz, den der Film präsentiert. Mal ganz harsch gesprochen.
 

Willy Wonka

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Wie fandest Du es das er im Breitbildformat gedreht wurde. Gerade wenn man viele Filme aus den 30er und 40er Jahren schaut finde ich gehört der 4:3 Look einfach auch dazu. Hätte ich toll gefunden. Und von der s/w Ästethik fand ich es auch toll, wobei es gerne noch etwas mehr Filmkorn hätte sein können. Es hätte zwar nicht komplett so aussehen müssen wie zum Schluss die szene als man Mank bei den Textafeln nochmal sah, das wäre zuviel des Guten gewesen, aber manche Bilder waren teilweise schon etwas zu klar, wobei man ja bei 4K Restaurationen bzw. HD Restaurationen auch eine Menge noch aus vielen älteren Filmen dieser Epoche rausgeholt hat.

Ich hätte ihn auch lieber im klassischen Filmformat gesehen. Also am besten im gleichen Seitenverhältnis (1.37:1) wie „Citizen Kane“ und viele andere älteren jener Zeit. Mich würde es schon sehr interessieren, ob David Fincher das überhaupt in Betracht gezogen hat und wenn ja, wieso er sich für das Seitenverhältnis 2.20:1 entschieden hat.

Das Bild wirkte stellenweise wirklich ein bisschen zu glatt, aber man darf nicht vergessen, dass wir über Jahre ältere Filme in schlechter Bildqualität erlebt haben, weil das Ausgangsmaterial über die Jahre eben gealtert ist und nicht alles von den Restaurierungen behoben werden konnte. Ich will damit sagen, dass beispielsweise ein „Citizen Kane“ damals bei der Erstaufführung besser ausgesehen hat als die späteren Fernsehausstrahlungen oder DVDs des Films.

Absolut! Aber bei den diesjährigen Oscars, auch wenn ich den Film nicht kenne und er wahrscheinlich auch nicht annährend an diese Leistung herangekommen ist, wird der Oscar in dieser Kategorie, da bin ich mir sehr sicher, an Chadwick Boseman gehen. Da sind leider einfach zuviele "Klischees" am Start, da wird die Jury nicht anders entscheiden. Ein schwarzer aufstrebender Schauspieler der erst kürzlich verstorben ist, da kommt glaub ich keine andere Leistung gegen an.

Wir immer bei den Oscars spielt nicht nur die Leistung eine Rolle, sondern das komplette Umfeld. Und Chadwick Bosemann hat auf jeden Fall höhere Chancen, obwohl ich seine Performance einen Tick zu theatral empfand. Zudem hat Gary Oldman ja erst vor wenigen Jahren einen Oscar als bester Hauptdarsteller gewonnen. Sowas spielt bei den Academy-Mitgliedern bestimmt auch eine Rolle, wenn sie ihre Stimmen abgeben.

Ja diese Szene war sehr stark. Hier würde mich wirklich mal interessieren ob dies damals wirklich so war. Also ob Unterhaltungen in so großen Runden so gesittet möglich waren. Heutzutage oder anders gesagt damals vor Corona, waren solche Runden meist schnell ausgeartet und es wurde wild zwischengerufen weil jeder meinte seine Meinung ist wichtiger oder die einzig richtige. In dieser Sequenz hat jeder jeden ausreden lassen. Das war sehr angenehm zu sehen.

So gesittet war es bestimmt nicht. Als Zuschauer will man der Unterhaltung ja folgen können und dementsprechend wird beim Film ja häufig darauf geachtet, dass die Personen sich nicht ins Wort fallen. Dennoch sind diese Salongespräche damals vermutlich anders abgelaufen als es heute der Fall wäre.
 
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