AW: James Bond
Ein Quantum Trost
Ich liebe die explosiv-ruhige Bond-Interpretation von Daniel Craig und natürlich die Filmkunst von Marc Forster. Und erwartungsgemäß funktioniert beides im Zusammenspiel entsprechend gut. "Ein Quantum Trost" ist genau das geworden, was ich davon erwartet hatte. Ein actionreicher Hammerfilm mit einem für die Titelrolle über alle Maßen prädestinierten Schauspieler in einem modernen, transnationalen Handlungskonstrukt, welches die wichtige Vorgeschichte aus "Casino Royale" aufgreift, auf das Schachbrett der Globalisierung setzt und sinnvoll weiterspinnt, um Bond an ein Ziel zu führen, welches er nicht erreichen kann. Und das ist die grundlegende Quintessenz aus den grandiosen Filmen von Martin Campbell und Marc Forster und das eigentlich zutiefst Tragische in Bezug auf die Hauptfigur: Der Weg ist das Ziel.
Wenn man in dem Blick von Craig liest, erfährt man alles, was nötig ist, und noch viel mehr. Der stoische Gesichtsausdruck hat so viele minimale Facetten, die - im Detail betrachtet - alles aufdecken, was in diesem perfekt ausgebildeten Agenten abläuft. Der all zu menschliche Schmerz über den Verlust der einzigen Frau, die er je geliebt hat, steht ihm stellenweise geradezu ins Gesicht gemeißelt. Es ist sein Kreuz, welches er für alle Zeiten zu tragen hat. Nichtsdestotrotz weiß er um die Tatsache, dass eine Nachlässigkeit oder Unachtsamkeit den sofortigen Tod bedeuten könnte. Daher ist er stets hellwach, obwohl er übermüdet ist. Deshalb ist er stets topfit, obwohl er abends gerne mal einen Drink zu viel nimmt. Doch er braucht das, um den Schmerz zu betäuben. Und um Träume im Keim zu ersticken. Sein messerscharfer Verstand ist einfach zu präzise ausgebildet, als dass ihm Fehler unterlaufen könnten. Seine Reaktionsschnelligkeit ist sein wohl wichtigster und treuester Begleiter. Und auf seine pure Kraft und brutale Explosivität ist stets Verlass, wenn es darauf ankommt. Das macht James Bond zu einer Waffe. Und das, obwohl er die kostbarste aller Fähigkeiten längst verloren hat. Dieser Mann kann nahezu alles, nur wird er nie wieder lieben können.
Diese Feststellung und das wohl dosierte Aufzeigen selbiger macht "Ein Quantum Trost" wie schon seinen Vorgänger "Casino Royale" zu einzigartigen und so belebenden Interpretationen einer zuvor komplett verstaubten Filmfigur und lässt sie nur aufgrund kleinerer Fehler knapp an der Bestnote vorbeischrammen. Nicht nur das moderne Setting und die neugewonnene Power machen diesen Bond zu etwas Besonderem, sondern vor allem sein so erfrischender Darsteller. Daniel Craig ist nicht nur der mit Abstand beste Bond, er ist vor allem der authentischste. Nur so kann ein Spezialagent in der heutigen Welt funktionieren. Und nur so kann ein Mensch fühlen. Selbst dann, wenn er gar nicht will.
9/10