Im Zuge meiner erneuten Sichtung des MCU habe ich mich vor kurzem auch noch einmal dem „ungeliebten Kind“ der Saga gewidmet. Die Rede ist natürlich von „Der unglaubliche Hulk“. Denn auch wenn Robert Downey Jr. als Tony Stark einen Gastauftritt im Film absolviert, wird im weiteren Verlauf der Film so gut wie keine Rolle mehr bei der Entwicklung des MCU spielen. Schließlich wurde der Hulk ab „The Avengers“ von Mark Ruffalo verkörpert und hat „Der unglaubliche Hulk“ schlussendlich komplett in den Schatten gestellt. Seitdem wird Edward Nortons Hulk ähnlich verdrängt wie George Clooneys Batman-Ausflug.
Mit dem aktuellen Wissen und natürlich mit der angepassten Erwartungshaltung hat mir der Film nun bei der erneuten Sichtung doch Spaß gemacht. Natürlich gibt’s viele Ärgernisse und vor allem Liv Tyler konnte überhaupt nicht überzeugen. Aber Norton als Hulk fand ich gar nicht so schlecht und vor allem Tim Roth als Antagonist empfand ich in dieser extrovertierten Art äußerst gelungen. Die Entwicklung des Soldaten zum Superschurken war so klassisch und erinnerte mich vor allem an alte B-Movies und hätte ich die frühen Comics gelesen, würde mich diese Darstellung vermutlich auch an die frühen Comics erinnern.
Ich finde es gut, dass die Origin-Story bereits komplett im Intro im Schnelldurchlauf erzählt wird und dass der Film recht schnell in medias res geht. Damals hat das viele Zuschauer vor den Kopf gestoßen und auch hier im Forum wurde ja darüber diskutiert, ob der Film dann in gewisser Hinsicht nicht doch eine Fortsetzung von Ang Lees Hulk-Film darstellt. Heute und mit dem Wissen um die zahlreichen Spider-Man-Verfilmungen weiß man, dass der Film einfach nicht den „Fehler“ begehen wollte wie ihn später „The Amazing Spider-Man“ gemacht hat, der erneut die Vorgeschichte von Spider-Man in einer Ausführlichkeit darstellte, die die meisten Zuschauer langeweilte, weil sie die Geschichte in leicht veränderter Form schon kannten. Die Macher von „Der unglaubliche Hulk“ vertrauten darauf, dass die Zuschauer und Fans des Hulk sowieso schon dessen Entstehung kennen und dieses popkulturelle Vorwissen mitbringen, sodass das Intro vor allem dazu dient kurze Erinnerungsfetzen abzurufen und zu synthetisieren. Ähnlich wie bei fortlaufenden Serien, die häufig zu Beginn einer Episode die Zuschauer noch einmal in Kenntnis darüber setzen, was bisher geschah.
Der Film bietet stellenweise sehr schöne Aufnahmen (u.a. der schöne Kontrast zwischen den Luftaufnahmen aus Brasilien und den engen Gassen der Slums) und bietet solide Action-Sequenzen. Ärgerlich sind aber richtig schlechte Anschlussfehler beim Wetter (Kampf auf dem Rasen vor der Uni), die mir damals schon echt negativ aufgefallen sind. Auch die Größe von Hulk scheint während des Films mehrmals zu variieren. Neben anderen Menschen wirkt der Hulk gar nicht so mächtig, groß und stark, aber wenn er in Aktion ist und viele Dinge zu Bruch gehen, scheint Hulks Körper wesentlich größer. Zumindest habe ich diesen Eindruck während des Films bekommen.
Insgesamt ist der Film meiner Meinung nach gar nicht so schlecht, wie er häufig gemacht wird. Das Problem ist vermutlich, dass der Film kurz nach „Iron Man“ veröffentlicht worden ist. Denn „Iron Man“ überzeugte durch seinen lockeren Grundton sowie der eindrucksvollen und extrovertierten Darstellung von Robert Downey Jr. und im direkten Vergleich konnte „Der unglaubliche Hulk“ mit weniger Humor und seinem introvertierten Hauptcharakter einfach nicht die Erwartungen der Zuschauer erfüllen.