God Bless America

Louis Cyphre

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AW: God Bless America

God Bless America
Bitterböse Satire auf die Oberflächlichkeit der Mehrheit der Menschen. Der Film beginnt recht gemächlich damit, wie wir den vermeintlichen Loser Joel Murray) kennen lernen. Dessen Leben wird minütlich bescheidener. Sein Hass auf all die Lämmer da draussen wächst und wächst, bis er sich entläd. Dabei lernt er auch seine Mitstreiterin (Tara Lynn Barr) kennen.
Es ist echt unglaublich, wie Joel Murray seine Verachtung in seinem verlebten Gesicht zur Schau trägt und ist eine helle Freude. Auch das er immer die totale Ruhe behält, ist Klasse. Der absolute Gegenpart ist die junge, hippelige TL Barr. Ein skuriles Pärchen, das echt Spaß macht.
Der Film zieht immer mehr an und endet sehr furios.
Es sind auch viele Kleinigkeiten, die hier viel Spass machen(seine Gürtelschnalle, die Teddys, der Spruch über Nachbars Baby :D ).

Nicht umbedingt für verklärte USA Nostalgiker geeignet, eher für Leute, die auch über den Tellerrand blicken.;)

8,5/10
 

Despair

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Ah, sehr schön, es gibt bereits eine Kritik. Da stell' ich meine mal dazu:

God Bless America

Frank, ein geschiedener Büroangestellter mittleren Alters, ist genervt. Genervt von den lärmenden Nachbarn mit quäkendem Baby, der allgegenwärtigen Dummheit in den Medien, der Oberflächlichkeit und dem Egoismus in der amerikanischen Gesellschaft. Nach einigen Schicksalsschlägen holt er die Knarre raus und erschießt eine Influencerin. Dabei wird er von Teenagerin Roxy beobachtet, die ähnlich tickt und sich ihm anschließt. Gemeinsam ziehen sie los, um Amerika mit Waffengewalt zu einem besseren Ort zu machen...
Klingt wie eine Mischung aus "Falling Down" und "Natural Born Killers"? Ja, das kommt hin, aber ohne die Qualität der Originale zu erreichen. Dazu fehlt "God Bless America" sowohl die Dramatik als auch die comichafte Überdrehtheit. Und wohl auch das Budget. Dafür gibt's ordentlich schwarzen Humor, der zumindest am Anfang auch ganz gut zündet. Es ist schon irgendwie unterhaltsam, wenn z. B. Roxy altklug über die Qualitäten eines Alice Cooper referiert und daraufhin von Frank "Juno" genannt wird, der sich kurz zuvor noch über Drehbuchschreiberin Diablo Cody aufgeregt hat. In solchen Momenten kann man Bobcat Goldthwaits Komödie durchaus satirische Qualitäten zugestehen. Leider gibt's davon nicht allzu viel, der Rest wirkt leider oft wenig subtil bis holzhammerig. Man merkt regelrecht, wie dem Film zum Ende hin immer mehr die Puste ausgeht.
Sicherlich wird's Leute geben, die dem Film Verherrlichung von Selbstjustiz und Gewalt vorwerfen. Die gab's auch beim völlig überzeichneten "Natural Born Killers", dessen Intention trotz Unmengen an Blut aber ganz klar anders gelagert war. Ähnlich sieht's bei "God Bless America" aus, auch wenn das massenmordende Duo symphatisch rüberkommt und man ihren Antrieb nachvollziehen kann. Man kann den Film schlecht finden, aber eigentlich nur mit bösem Willen missverstehen. Kein Vergleich zu widerlichem Selbstjustiz-Gedöns á la Charles Bronson.

7/10 Punkte
 

Despair

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Gehört "Spiel mir das Lied vom Tod" auch zum widerlichen Selbstjustiz-Gedöns?

Ich rede von "Death Wish" und vor allem den größtenteils hundsmiserablen Fortsetzungen. Nicht jeder Film, in dem Selbstjustiz vorkommt, ist scheiße. Filme, die Selbstjustiz verherrlichen schon. Kannst du aber gern anders sehen.
 

Dwayne Hicks

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Ich rede von "Death Wish" und vor allem den größtenteils hundsmiserablen Fortsetzungen. Nicht jeder Film, in dem Selbstjustiz vorkommt, ist scheiße. Filme, die Selbstjustiz verherrlichen schon. Kannst du aber gern anders sehen.

Kenne nur den ersten Teil von Death Wish und hatte nicht direkt das Gefühl das dieser Selbstjustiz "verherrlicht". Zumindest war das für mich alles nachvollziehbar dargestellt. Im Gegensatz zu ein "The Brave One" wo am Ende sogar die Polizei hilft, das empfande ich verherrlichend. Trotzdem wars ein Publikumsliebling.....hab ich nie verstanden. Im gleichen Atemzug wurde ein Death Sentence total zerrissen obwohl dieser auf einer sehr sehr nachdenklichen Note endet.
 

Despair

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Kenne nur den ersten Teil von Death Wish und hatte nicht direkt das Gefühl das dieser Selbstjustiz "verherrlicht". Zumindest war das für mich alles nachvollziehbar dargestellt. Im Gegensatz zu ein "The Brave One" wo am Ende sogar die Polizei hilft, das empfande ich verherrlichend. Trotzdem wars ein Publikumsliebling.....hab ich nie verstanden. Im gleichen Atemzug wurde ein Death Sentence total zerrissen obwohl dieser auf einer sehr sehr nachdenklichen Note endet.

Ich muss zugeben, dass ich mich an den ersten "Death Wish" nicht mehr wirklich erinnern kann. Ich weiß aber noch, dass ich die Fortsetzungen mehr als fragwürdig fand. Deswegen musste der arme Charles Bronson jetzt in meiner Kritik den Kopf hinhalten, obwohl er natürlich auch andere Figuren gespielt hat. Aber irgendwie steht sein Name halt für das Selbstjustiz-Genre.

"Death Sentence" fand ich teilweise anschaubar. Aber insgesamt kann ich mit dem Thema Selbstjustiz einfach nichts anfangen. Es sei denn, in satirischer oder schwarzhumoriger Form. Gegen harte Gewaltszenen und blutiges Gemetzel an sich hab' ich nichts einzuwenden. Kommt halt immer auf den Kontext an.

Ich hatte z. b. in "God Bless America" keinerlei Probleme damit, als Frank das rotznasige Baby abgeknallt hat. Auch wenn's dann doch nur im Traum war. :D
 

Russel Faraday

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Kenne nur den ersten Teil von Death Wish und hatte nicht direkt das Gefühl das dieser Selbstjustiz "verherrlicht". [...]

Tut Teil 1 auch nicht (bis auf die lockerfluffige Andeutung im Finale, also die allerletzte Einstellung), die Romanvorlage erst recht nicht, die ist nämlich ein reinrassiges Drama über Verzweiflung und Hilflosigkeit angesichts einer Situation, gegenüber der man machtlos ist. Die Fortsetzungen gehen dann doch in eine deutlich reaktionärere Richtung.

Man muss aber nun auf Teufel komm raus auch nicht jeden Film danach untersuchen, wem hier gerade ans Bein gepisst wird oder ob es politisch korrekt ist, z.B. Sly & Co. zuzusehen, wie sie im Alleingang ein böses Kommi-Land plätten, Eastwood mit einem Oneliner irgendeinen Drecksack in die Ewigen Jagdgründe pustet oder Andrew "Dice" Clay gegen alles pöbelt, was bei 3 nicht auf den Bäumen ist. Ich kann @Dwayne Hicks da gut verstehen: viele aktuelle Muschifilme sind in ihrer Aufdringlichkeit, es bloß jedem recht zu machen, unsagbar nervig und leider zu 99 % dadurch uninteressant und untereinander austauschbar geworden. Niemand darf beleidigt werden, jede noch so kleine Minderheit muss berücksichtigt und möglichst positiv dargestellt werden. Es könnte sich ja jemand beschweren und dafür sorgen, daß dreidollarfuffzich weniger in den Kinokassen landen. Denn machen wir uns nix vor: um nichts anderes geht es der Filmindustrie. Das ist deshalb alles so gleich- und weichgespült, damit die Taler fließen. Aber das ist vielleicht zu sehr OT. Sorry. Ich wollte Dwayne schon an anderer Stelle zustimmen (wir sind ja seit einer Weile erstaunlich oft derselben Meinung :D ) und habe das jetzt hierher verlagert. Sorry dafür.
 

Despair

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Man muss aber nun auf Teufel komm raus auch nicht jeden Film danach untersuchen, wem hier gerade ans Bein gepisst wird oder ob es politisch korrekt ist, z.B. Sly & Co. zuzusehen, wie sie im Alleingang ein böses Kommi-Land plätten, Eastwood mit einem Oneliner irgendeinen Drecksack in die Ewigen Jagdgründe pustet oder Andrew "Dice" Clay gegen alles pöbelt, was bei 3 nicht auf den Bäumen ist.

Mach' ich nicht. Man muss aber auch nicht alles unkommentiert stehen lassen. Wenn mir was übel aufstößt, bring' ich es aufs Tablett. Hab' ich schon immer getan, wie man u. a. in den Threads zu "The Punisher" oder "Wir waren Helden" nachlesen kann. Du bemängelst ja auch desöfteren, wenn dir Sympathieträger in Filmen fehlen. Sowas ist mir in der Regel wiederum völlig egal.

Um's auf den Punkt zu bringen: Ich mag es nicht, wenn man Filme überkritisch beäugt und aus jeder Kleinigkeit einen riesigen Aufriss macht. Genausowenig mag ich es, wenn man den Edgelord gibt und sich in der Gegenrichtung über alles künstlich aufregt. That's it.
 

Russel Faraday

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@Despair
Das war überhaupt nicht gegen dich gerichtet. Sorry, falls das so bei dir ankam. Es ist halt eine Tendenz, die ich seit einer Weile beobachte, daß mancher Filmfreund sich bei Film X fragt "Darf ich das eigentlich noch gut finden?" Klar, man sollte nicht alles unreflektiert hinnehmen, was einem vorgesetzt wird. Mach ich ja auch (hier und da) nicht. Aber hin und wieder ist ein Film auch nur ein Film, der einen 2 h unterhalten (damit meine ich generelle Unterhaltung; egal auf welcher Ebene) soll. Tut er das: prima. Tut er das nicht bzw. stößt einem etwas übel auf, dann hat der Film ein Problem. Ob so beabsichtigt, sei dahingestellt.
 

Dwayne Hicks

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Ich hatte z. b. in "God Bless America" keinerlei Probleme damit, als Frank das rotznasige Baby abgeknallt hat. Auch wenn's dann doch nur im Traum war. :D

Der Film hat schon echt einige Szenen zum mitfühlen :D und schöner Soundtrack auch.

Ich kann @Dwayne Hicks da gut verstehen: viele aktuelle Muschifilme sind in ihrer Aufdringlichkeit, es bloß jedem recht zu machen, unsagbar nervig und leider zu 99 % dadurch uninteressant und untereinander austauschbar geworden. Niemand darf beleidigt werden, jede noch so kleine Minderheit muss berücksichtigt und möglichst positiv dargestellt werden. Es könnte sich ja jemand beschweren und dafür sorgen, daß dreidollarfuffzich weniger in den Kinokassen landen. Denn machen wir uns nix vor: um nichts anderes geht es der Filmindustrie. Das ist deshalb alles so gleich- und weichgespült, damit die Taler fließen.

"uninteressant und untereinander austauschbar" ist wirklich eine sehr sehr passende Beschreibung für die aktuelle Filmlandschaft :hoch:
 

Despair

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@Despair
Das war überhaupt nicht gegen dich gerichtet. Sorry, falls das so bei dir ankam.

Alles gut.

Es ist halt eine Tendenz, die ich seit einer Weile beobachte, daß mancher Filmfreund sich bei Film X fragt "Darf ich das eigentlich noch gut finden?"

Ist mir natürlich auch schon aufgefallen. Manch einer urteilt heutzutage arg überkritisch. In umgekehrter Richtung aber leider ebenso. Wenn sich beispielsweise über eine schwarze Zwergenprinzessin ohne Vollbart (!) in der Herr der Ringe-Serie von Amazon aufgeregt wird. Ja, das mag nicht Lore-konform sein, aber sowas ändert rein gar nichts an der Qualität der Serie. Ob die gut oder schlecht wird, liegt mehr am Writing als an der Hautfarbe des Cast. Solche Diskussionen nerven mich inzwischen nur noch an. Aber dieses Thema gehört eigentlich in einen anderen Thread. Back to "God Bless America". :D
 
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