Exorzist II: Der Ketzer
Glaubt man dem aus der endgültigen Fassung entfernten Prolog, so sind seit den Ereignissen des ersten Teils vier Jahre ins Land gestrichen. Der katholischen Kirche kommen die Gründe für das Ableben eines ihrer Exorzisten (in dem Falle Father Merrin) spanisch vor, und so bekommt dessen Kollege/Zögling Father Lamont den Auftrag, herauszufinden, was seinerzeit tatsächlich in dem Häuschen in der Prospect Street geschehen ist. Praktischerweise hat die kleine Regan (Linda Blair) ihre kompletten Erinnerungen wiedererlangt, nachdem eine Psychiaterin mit einem wunderlichen Apparat in ihrem Geiste herumpfuschen mußte, und so ist der Teufel... pardon, der Wald- und Wiesen-... pardon, Luftdämon Pazuzu wieder fester Bewohner in Regans Dachstübchen, was selbige nicht davon abhält, dauergrinsend gegen den unwillkommenen Besucher vorzugehen.
Oje, wo fange ich an? Daß es nach dem Riesenerfolg des ersten Teils irgendwie weitergehen würde, stand ja so fest, wie das Amen in der Kirche, wenn mir diese Anspielung erlaubt sei. Nur wie? In Teil 1 war alles zum Thema gesagt worden, was man sagen konnte. Was sollte es also noch geben als noch eine Besessenheit, noch einen Exorzismus? Nun, um ehrlich zu sein, nichts. Denn "Exorzist II" scheitert schon im Vorfeld, da er einfach keine Geschichte erzählen kann, die man nicht bereits gesehen hat, nur mit anderen Darstellern.
So spart sich Regisseur John Boorman diesen Teil auch mehr oder weniger komplett auf. Ein kleiner Exorzismus zu Beginn, um den Burton-Charakter einzuführen, a bisserl Rückblende mit Max von Sydow, und der Rest ist... ähem... naja... komplett für den Lokus, um ehrlich zu sein.
Regan bewohnt mit Aufpasserin eine geräumige Dachwohnung in den Ausmaßen eines Fußballfeldes und mit wilder Alu-Architektur für die Tauben, weil die ja auch so symbolisch sind. Dabei hat sie bzw. Linda Blair, die in Teil 1 wohl hauptsächlich deshalb so überzeugend war, weil sie völlig natürlich und ungekünstelt rüberkam, ein so permanentes Dauergrinsen ins Mondgesicht gemeißelt bekommen, daß man es ihr schon nach fünf Minuten mit einem Pazuzu-Dildo aus dem Antlitz prügeln möchte. Zaubergrinsen, mit dem sie mal eben eine arme Autistin heilt (die vermutlich einfach nur ihre Ruhe haben wollte).
Richard Bourbon... ähm, Burton spielt am Rand des Wachkomas. Was der Mann stocksteif vor der Kamera treibt, will sich mir nicht erschließen. Er stakst unbeholfen durch die Handlung, gibt verbissen die blödesten Dialoge von sich und hat genau einen Gesichtsausdruck: blickentleertes Dahinstieren in weite Fernen, dann und wann kombiniert mit aufgerissenen Augen, die was auch immer vermitteln sollen. Autsch.
Am besten zieht sich noch Max von Sydow aus der Affäre, der in Rückblenden in einer ganz eigenen Handlung zu sehen ist, welche gar nicht mal so ungelungen daherkommt, zumal sie mit dem Rest des Films effektiv nichts zu tun hat und für sich allein durchaus in Ordnung geht. Hier spielt der Film denn auch seine, für mich zumindest, einzige Stärke aus: John Boorman zaubert ein paar wirklich schöne Bilder auf die Leinwand. Gerade die Afrika-Szenen mit ihren Heuschreckenflügen sind wundervoll anzusehen, verleihen dem Film eine fast mystische Aura. Selbst der Leoparden und Kernobst spuckende James Earl Jones paßt da seltsamerweise rein.
Doch sobald man wieder in die Gegenwart bzw. USA wechselt, verpufft der Budenzauber wirkungslos, und man muß wieder eine Sitzung mit dieser völlig bescheuerten Hypnosemaschine über sich ergehen lassen, die nicht nur den einen in des anderen Träume linsen läßt, sondern überdies noch eine mentale/globale WLAN-Verbindung untereinander aufbaut, die man bei Belieben anzapfen kann.
Ein weiterer Schwachpunkt des Films ist Komponist Ennio Morricone. Nichts gegen den Maestro, aber seine wimmernde Bumsfilmmucke paßt mal
gar nicht zu dem, was man an Bildern zu sehen bekommt.
John Boorman hat viel gewollt und nichts geschafft. Vor allem hat er mit einem völlig konfusen Drehbuch zu kämpfen, das zu keinem Zeitpunkt eine erkennbare Linie verfolgt. Als Sequel funktioniert "Exorzist II" nicht: warum stürzt sich die Kirche nur auf die Merrin-Geschichte? Sollte das Ableben eines zweiten Priesters nicht ebenso Aufmerksamkeit, Interesse wecken? Aber nein, Father Karras wird mit keiner Silbe im Film erwähnt. Als eigenständiger Film ist "Exorzist II" bestenfalls schwachsinnig, schlimmstenfalls eine beleidigende Peinlichkeit. Es wird von Kinovorführungen berichtet, in denen das wütende Publikum mit Obst Richtung Leinwand warf und den Film ausbuhte.
Darstellerisch unterbieten sich vor allem die dauergrinsende Linda Blair (die sinnfreie Szene mit dem autistischen Mädchen muß man sich mal in Ruhe anschauen, man wird nur fassungslos mit dem Haupte schütteln) und Richard Burton gegenseitig, daß es eine Freude ist. Max von Sydow zieht sich ganz gut aus der Affäre, hat er doch seinen "eigenen" Film im Film.
Man muß dem Film lassen, daß er wirklich hübsch anzusehen ist, vor allem in den Afrika-Szenen, aber nur schöne Optik reicht leider nicht aus.
Aus einem Grund, der sich mir nicht wirklich zweifelsfrei erschließen will, schaue ich mir "Exorzist II" dennoch alle Jahre wieder mal an und erfreue mich an dem filmgewordenen Quark, der sich mir immer wieder offenbart, dabei funktioniert der Streifen nichtmal so sehr als Trash. Ich weiß nicht, was es ist. Vielleicht finde ich es bei der nächsten Sichtung raus...