AW: Beyond - Two Souls
Beyond - Two Souls
Ein Spiel wie dieses verwehrt sich eigentlich jeglichem Bemühen, Videospielkriterien zur Bewertung anzuführen; es ist derart simpel und repetitiv zu bedienen, dass selbst "Heavy Rain" dank komplexerer Button-Reaktionseinlagen spielerisch herausfordernder war. Insbesondere die Actioneinlagen erweisen sich dabei kaum als intuitiv, da man die Richtungstasten manchmal gegen die Barriere richten muss, manchmal aber auch von ihr weg; und es ist nicht immer ersichtlich, wann was verlangt wird. Die Steuerung Aidens hingegen scheint anfangs viele neue Möglichkeiten der Interaktion offenzulegen, unterliegt aber auch in erster Linie der Story und stellt spielerisch bald bereits keine Herausforderung mehr dar, abgesehen von dem Umstand, dass die Bewegung in die Vertikale schwammig gelöst wurde.
Bewertet werden muss "Beyond Two Souls" daher als interaktiver Film und drehbuchtechnisch ist hier leider nicht viel zu holen: Eine mit Klischees vollgestopfte Außenseitergeschichte, nicht anders als jedes beliebige Coming-Of-Age-Drama, dem als Indikator eine übersinnliche Komponente angedichtet wird. Erfahrene Filmgucker werden jeden Kniff, jede Szene sogar in abgewandelter Form in diesem oder jenem Film bereits gesehen haben.
Da hier noch ein vergleichsweise junges und unverbrauchtes Zwitterfeld zwischen zwei Medien beackert wird, kann man sich das vielleicht noch erlauben, denn "Beyond Two Souls" hat immerhin den Vorteil des ultimativen Erlebnisses auf seiner Seite; die Ressourcen sind zu großen Teilen auch für grafische Machtspiele reserviert, was zum einen die Atmosphäre erhöht (etwa im optisch grandiosen Obdachlosen-Kapitel), zum anderen erlaubt es, von wahrhaftigen Schauspielleistungen zu sprechen, und die sind bis in die Nebenrollen hinein absolut hochkarätig. Auch fasziniert es bezüglich seines interaktiven Potenzials: Kognitiv kann es eine besondere Erfahrung sein, die Rollen von Jodie und Aiden auf zwei Spieler aufzuteilen, weil es auch gerade darum geht, zwei gegensätzliche Geister zu steuern; den Single-Player-Modus zu spielen bedeutet daher etwas Ähnliches wie eine Partie Schach mit sich selbst zu spielen.
Die oft kritisierte Kapitelaufteilung, bei der zeitlich wild zwischen den verschiedenen Lebensphasen der acht- bis 23-jährigen Jodie gesprungen wird, habe ich allerdings als positiv empfunden, denn wo sich spielerisch schon schnell Routine einschleicht, werden zumindest kapitelweise immer neue und teilweise grundverschiedene Szenarien geboten, die dennoch einem roten Faden folgen, wobei einige Kapitel besser funktionieren als andere (etwas fremdkörperartig wirkte die Attentatsequenz im Kriegsgebiet, die einem gewöhnlichen Shooter schon recht nahe kam).
Dennoch insgesamt leider eine leichte Enttäuschung, denn zieht man einen Strich, wurde all der Aufwand für eine vergleichsweise abgegriffene Story verwendet, die man sich im Kino einmal ansehen und schnell wieder vergessen würde.
6/10