AW: Alfred Hitchcock
Zwischenbilanz:
Nachdem ich jetzt sämtlich erhältliche Stummfilme von Alfred Hitchcock gesehen habe, kann ich ein erstes Resümee seiner ersten filmischen Phase ziehen. Sein Spielfilmdebüt „Irrgarten der Leidenschaft" sieht er nicht als seinen ersten „richtigen" Film an, aber ich habe schon viele Tendenzen seines späteren Schaffens bemerkt. Dennoch ist noch deutlich Luft nach oben zu spüren. Sein zweiter Film „Der Bergadler" ist bekanntlich verschollen und daher konnte ich ihn auch nicht sichten.
„The Lodger" ist der dritte Spielfilm von Hitchcock und es ist für mich das Meisterwerk schlechthin. Spannung, Suspense und eine phänomenale Atmosphäre machen diesen Film zu besten Stummfilm von Hitchcocks Schaffen. Er verwendet bereits alle Zutaten, die seine späteren Filme berühmt machen werden und mich hat am meisten verwundert, dass nach diesem genialen Film so viele durchwachsene Filme entstanden sind. „Downhill" und „Easy Virtue" können schon fast als ein filmisches Diptychon angesehen werden, denn in beiden Filme verliert die Hauptfigur ihr gesellschaftliches Ansehen. Der Unterschied besteht nur darin, dass es sich einmal um einen Mann und einmal um eine Frau handelt.
Erst mit „The Ring" konnte Hitchcock wieder überzeugen, aber der Film bediente sich nicht des typischen Hitchock-Themas und es handelt sich auch nicht um einen Thriller. Seine nächsten drei Filme „The Farmer's Wife", „Champagne" und „The Manxman" sind Lustspiele mit mehr oder weniger dramatischem Anteil. Es scheint fast so, dass Hitchcock sich vollkommen vom Thriller eines „The Lodger" entfernt hat. Doch dann folgte sein letzter Stummfilm bzw. erster Tonfilm mit „Blackmail" und hier handelt es sich um einen reinrassigen Hitchcock-Thriller, welcher es durchaus versteht zu unterhalten. Von seinem magnus opus „The Lodger" ist er weiterhin entfernt.
Die Entwicklung seiner Filmographie zeigt, dass Hitchock zu Beginn noch nicht richtig sein Thema gefunden hat. Er hat viele verschiedene Filme gemacht und die stilistischen Überschneidungen bei der Inszenierung halten sich noch in Grenzen. Das Thrillergenre umkreist er förmlich, aber scheinbar traut er sich nicht diesem Genre mehr Zeit zu widmen. Vielleicht sind die Gründe auch beim Studio oder bei den Produzenten zu suchen.
Bei diesen Hintergründe ist mir auch eine interessante Parallele zu den Werken von M. Night Shyamalan aufgefallen, denn so war „The Sixth Sense" auch der dritte Spielfilm von Shyamalan („The Lodger" bei Hitchcock) und gilt als sein magnus opus. Danach hat er meines Erachtens auch noch qualitative Filme gemacht, aber von den meisten wurden sie eher enttäuschend aufgenommen u.a. auch von den Kritikern. Shyamalan war in den letzten Jahren auch in verschiedenen Genres zu finden und möglicherweise muss er in ein paar Jahren auch nur wieder zum Genre des Thrillers finden, wenn es sich bei diesem Thriller dann um einen dreidimensionalen Thriller handelt, würde es mich nicht wundern.