Zombi Child
Eins vorweg: Wer einen typischen Vertreter des Zombiefilms erwartet, der ist bei Bertrand Bonellos Werk an der falschen Adresse. Hier kommen keine modrigen Untoten zurück auf die Erde, weil in der Hölle kein Platz mehr ist. Hier - wir befinden uns übrigens im Haiti der Achtziger Jahre - werden normale Leute von ihren "lieben" Mitmenschen mithilfe von Voodoo (und diverser, ziemlich ungesunder Mittelchen) außer Gefecht gesetzt und begraben, um sie aus dem Weg zu räumen. Die scheinbar Verstorbenen werden schließlich wieder ausgebuddelt und als willenlose Sklaven zur Zwangsarbeit herangezogen. So erging es auch Clairvius Narcisse, der seither im Dämmerzustand durch die Gegend wandelt.
Schnitt: Wir befinden uns in einem französischen Elite-Mädcheninternat in der Gegenwart. Hier versucht die neu an die Schule gekommene Mélissa Mitglied bei der Girl-Gang für zeitgenössische Literatur zu werden. Soll heißen: Sie sucht Anschluss bei ein paar anderen Mädchen, die sich nachts in den Kunstraum schleichen, Teenie-Gespräche führen und dabei gerne mal einen zwitschern. Als Aufnahmeritus muss eine persönliche Geschichte erzählt werden. Mélissa rezitiert ein Gedicht namens "Captain Zombi" aus ihrer Heimat Haiti und bezeichnet sich als Enkelin eines Zombies. Außerdem sei ihre Tante eine Mambo - eine Voodoo-Priesterin. Das weckt das Interesse von Mitschülerin Fanny, die gerade unter heftigem Liebeskummer leidet und auf eine Lösung ihres Problems durch Voodoo hofft...
"Zombi Child" wechselt geschickt zwischen zwei Erzählsträngen, die anfangs so gar nichts miteinander zu tun zu haben scheinen. Ebenso wandelt der Film zwischen den Genres Arthouse-Drama, Coming of Age und Fantasy-Horror, und auch der reale haitianische Zombie-Mythos spielt eine tragende Rolle. Daraus entsteht eine eigenwillige, aber auch sehr originelle Mischung, die erst im Finale und nur sehr abstrakt kurz ins Horrorgenre abtaucht. Bisweilen etwas anstrengend, aber auch mitreißend und mysteriös.
8/10 Punkte