Your vice is a locked room, and only i have the key
Sergio Martino ist aus dem Giallo nicht weg zu denken, da er zu Beginn der 70er einen Meilenstein nach dem anderen auf die Leinwand zauberte. Das lag auch möglicherweise daran, dass er sich selten selbst kopierte. Während man zumindest bei den ersten Beiden (Der Killer von Wien und Der Schwanz des Skorpions) noch partiell Parallelen in Struktur und Aufbau sah, waren die folgenden 4 Gialli komplett unterschiedlich, obwohl sie dennoch zum Genre gehörten. In „Your vice“ wird der Fokus auf ein altes Landhaus gelegt, in dem ein alternder Schriftsteller wohnt, der seine Ehefrau tyrannisiert und sogar in der Öffentlichkeit misshandelt. Er geht auch gerne fremd und verheimlicht dies auch nicht. Allerdings wird eine seiner Liebschaften ermordet und relativ schnell folgt auch noch ein zweites Opfer. Er steht auch schnell unter Verdacht, allerdings verschafft ihm ausgerechnet seine Ehefrau ein Alibi. Die Situation spitzt sich zu, als seine 20-jährige Nichte zu Besuch kommt, deren Motive absolut undurchsichtig sind.
„Your vice“ ist ein absolut wundervoll gefilmter Film, in dem Sergio Martino alle geliebten Register zieht. Die Kamera lebt und atmet und erfreut sich am Bilderrausch. Nicht nur bei den Mordszenen, sondern auch in dem alten Gemäuer, das man auch gerne mit dem Italo-Gothic“ in Verbindung bringen kann. Mit Sicherheit beabsichtigt, da ein Teil des Plots natürlich auch an „Die schwarze Katze“ von Edgar Allan Poe angelehnt ist. Diese Mischung ist Martino superb gelungen. Dies liegt aber auch an dem phänomenalen Cast. Anita Strindberg liefert hier eine absolute Glanzleistung ab und spielt ihre Rolle überragend. Ihr Gegner/Ehemann wird fantastisch von Luigi Pistilli verkörpert, dem die Rolle fast maßgeschneidert in sein hart erscheinendes Gesicht geschrieben wurde. Als ob dies nicht ausreichen würde, sind zusätzlich noch Edwige Fenech und Ivan Rassimow am Start. Besser geht es kaum noch.
Die Musik stammt wieder von Bruno Nicolai, der ebenfalls einen fantastischen Score abliefert.
Interessant ist auch der Filmtitel „Your vice is a locked room and only I have the key”, den er aus dem Film “Der Killer von Wien“ entnommen hat. Dieser Satz steht nämlich auf einem Brief, den Edwige Fenech im Film anonym erhalten hat. Scheinbar bezog sich Martino gerne mal auf seine vorherigen Arbeiten. „Your vice“ läuft nämlich dann in seinem nächsten Giallo im Kino, in dem sich die dortigen Protagonisten gerade befinden und den Film ansehen.
Interessant ist auch, dass ich den Film bei meiner Erstsichtung gar nicht so stark fand. Das hat sich nun deutlich geändert. Das ist ein richtiges Brett!