Wolfen
Manch einer kann sich wahrscheinlich noch an den Sendeschluß erinnern. Es gab dort entweder Testbilder oder Schnee, wie man das grisselige Bildrauschen gerne nannte. Irgendwann stellte die ARD auf 24 Stunden Programm um und kündigte das mit einer langen Filmnacht an. Sowas konnte ich mir natürlich keinesfalls entgehen lassen und blieb bei diesem besonderen Ereignis natürlich auf. Der dritte Film hieß außerdem "Wolfen", bei dem ich auch durch die späte Sendezeit gegen 4 Uhr Morgens, mit einem Werwolf-Schocker rechnete. Weit gefehlt, ich bekam etwas viel Besseres.
Der schwerreiche Mogul Christopher van der Veer läßt sich nach einer Party mit seiner Braut nach Hause chauffieren. Dabei macht er noch einen kleinen Abstecher in eine runtergekommene Gegend in New York, die er gerade abreißen lässt. Er zeigt seiner Frau die Gegend, die er in einen hochmodernen Komplex für Superreiche verwandeln will. Die Pläne sind schon fertig und der Spatenstich ist auch erledigt. Allerdings kann er die Pläne nicht vollenden, da das Pärchen nebst Wachmann auf diesem Gelände bestialisch ermordet wird.
Die Polizei beginnt mit den Ermittlungen, die sehr bald ins Stocken geraten. Es fehlt nämlich jegliche Spur für eine Tatwaffe. Nur ein Wolfshaar wird gefunden das seltsamerweise identisch ist, mit dem das man bei der Leiche eines Obdachlosen gefunden hat.
An das erste an was man sich im Zusammenhang mit "Wolfen" erinnern wird, ist die phänomenale Wärmebildkamera. In einigen Sequenzen können wir das Geschehen nämlich nur in dieser bizarren Form erleben, was aber nicht als Eye-Candy zu sehen ist, sondern durchaus einen Sinn ergibt. Aber nicht nur diese Besonderheit bleibt im Gedächtnis und ist definitiv nicht als einziger Aufhänger zu sehen. Die komplette Geschichte ist einfach klasse und bietet eine wunderbare Form der Gesellschaftskritik, die definitiv nachdenklich stimmt. Wohlgemerkt in einem Horrorfilm, in dem doch einige Körperteile umher fliegen. Natürlich ist das keine Schlachtplatte, die auf Brutalitäten setzt. Diese blutigen Einlagen machen definitiv Sinn. Auch deshalb könnte der Film eine Freigabe ab 16 erhalten haben, da hier kein Selbstzweck im Vordergrund steht. Natürlich am Stand von Damals gemessen.
Leider ist der Film aber 1981 an den Kinokassen gefloppt, was einmal mit dem Thema und auch der Erwartungshaltung zusammenhängen kann. Wenn ich mir das dämliche Cover der DVD anschaue, liegt diese Vermutung zumindest sehr nahe.
Dafür hat sich der Film im Laufe der Zeit durch TV und VHS einen Kultstatus erobert und wird inzwischen ganz anders wahrgenommen. Die Bewertungen in der ofdb zeigen das ebenfalls recht deutlich.
Natürlich ist der Film jetzt nichts für Actionfreaks, aber Freunde von spannungsgeladener Atmosphäre, gepaart mit einer intelligenten Story, dürften hier ihre helle Freude haben.
Mit Albert Finney und Edward James Olmos ist der Film auch durchaus prominent besetzt, was ebenso für die Nebenrollen gilt. Die machen auch alle einen hervorragenden Job, weshalb der Film durchaus eine gewisse Seriösität besitzt. Zumindest fühlt man sich keineswegs in der Trash-Ecke, wobei eine tiefergehende Inhaltsbeschreibung durchaus die Vermutung zulassen würde. Regisseur Michael Wadleigh gelingt es aber spielend den Bogen nicht zu überspannen, immer für eine homogene Atmosphäre zu sorgen und die Spannungskurven in den richtigen Momenten nach oben zu drehen. Trotz allem lässt der Film einen sehr nachdenklich zurück.
Somit haben wir eine wunderbare Horrorgeschichte mit sozialkritischem Hintergrund.