Tulpa
Im Jahre 2012 fertigte Regisseur Federico Zampaglione einen Beitrag für ein fast totes Genre an: Den Giallo. Er selbst spricht davon, dass er vor vielen Jahren „Tenebrae“ von Dario Argento sah, der ihn komplett umgehauen hatte. Er wollte unbedingt noch einmal dieses Gefühl erleben, dass ihn damals so nachhaltig beeindruckte und wartete leider vergeblich. Deshalb beschloss er, ebenfalls so einen Film zu drehen, da es ja kein anderer tat. Direkt vorweg: Das hat er ebenfalls nicht.
Im Bereich Neo-Giallo gibt es ja nicht wirklich sehr viele gute Vertreter, aber dennoch ist Zampaglione ein sehenswerter Beitrag gelungen, der am Enstehungsjahr gemessen einen hohen Platz in der Wertung bekommt. Mit früheren Werken kann er natürlich nicht mithalten und im Vergleich zu „Amer“, kann er auch nicht das berühmte Glas Wasser reichen. Trotzdem ist er irgendwie gelungen und macht viel Freude.
Tulpa ist ein bizarrer Sexclub, in dem die Mitglieder sich untereinander nicht kennen und lediglich der Inhaber die Identität der Mitglieder kennt. Eine der wichtigsten Regeln ist obendrein, dass sich niemand über den Club hinaus trifft oder private Kontaktdaten austauscht. Alle bleiben anonym. Zufällige Begegnungen außerhalb des mysteriösen Etablissements, werden dabei ebenfalls grußlos ignoriert.
Lisa ist ebenfalls Mitglied im Club. Die äußerst gut situierte Geschäftsfrau, die ihr Leben dem Beruf in einem Konzern unterordnet, taucht dort regelmäßig auf und hat dort einige Bekanntschaften auf der Matratze vorzuweisen. Ob Frau oder Mann ist hierbei völlig egal. Eines Tages schlägt sie die Tageszeitung auf und sieht Fotos von 3 Personen, die sie bei Tulpa hautnah auf der Spielwiese kennengelernt hat. Diese 3 Personen haben eine Gemeinsamkeit: Sie wurden alle vor kurzer Zeit ermordet.
Der Plot ist gut, der Sleaze Faktor hoch, die Morde sehr blutig und auch ansonsten macht Regisseur Zampaglione sehr viel richtig. Die Sets sind ebenfalls stark, allerdings wurden sie manchmal ohne Faden einfach hintereinander gewürfelt. Dies ist insgesamt ein Problem, da die Geschichte nicht immer flüssig am Stück erzählt wird. Zwischen den Morden in den ersten 45 Minuten, die wirklich toll ausgearbeitet wurden, passiert nicht viel, wodurch das Tempo leidet. Insgesamt weiß der Regisseur trotz der tollen Möglichkeiten nicht so viel zu erzählen. Ein Ermittler existiert beispielsweise nicht, um die Handlung voranzutreiben und durch die eigentlich interessante Anonymität des Clubs, weiß auch die Hauptprotagonisten erst nach der Hälfte der Spielzeit, dass sie in Gefahr schwebt. Die Intrigen in ihrer Firma können das dadurch entstehende Spannungsloch kaum ausgleichen und die Opfer haben wir lediglich kurz auf der Matratze gesehen. Zu wenig, um eine Bindung aufzubauen. Dies sind die Kritikpunkte, die ihn nicht als Referenz für den Neo-Giallo wirken lassen. Dennoch ist so viel Potential vorhanden, das der Film trotz dieser Defizite wirklich Spaß macht. Die zweite Hälfte des Films ist durchweg spannend und auch die Atmosphäre, sowie die Kamera und die Beleuchtung ist absolut gelungen und bietet richtiges Giallo-Ambiente. Obendrein ist auch die Musik effektiv und wirkungsvoll und untermalt die Szenerie richtig stark. Als Genrefan, sollte man ihn sich also nicht entgehen lassen.