Titanic (1943)
Die Geschichte um das wohl bekannteste Schiffsunglück aller Zeiten, wollen wir mal zumindest zeitweise etwas vernachlässigen. Das Thema dürfte ja auch so hinreichend bekannt sein. Dafür ist der Film aber unglaublich interessant und auch seine eigene Geschichte ist definitiv erwähnenswert.
Ein deutscher Film über die Titanic, der 1942 entstanden ist, sollte natürlich genauer unter die Lupe genommen werden. Immerhin herrschte zu dem Zeitpunkt Krieg und eine britische Legende sieht im Kontext des Entstehungsjahrs natürlich erstmal seltsam aus. Allerdings bot der Stoff allerhand Material, um daraus einen antibritischen Propagandafilm zu schaffen. Selbstverständlich hatte man es damals mit der Wahrheit nicht so genau genommen und verfälschte die Geschichte. Nein, das Schiff sinkt selbstverständlich auch hier, aber die Personen an Bord haben eine klare Aufteilung. Die Briten sind alle geldgierig, die "White Star Line" kurz vor der Pleite, aber um den Aktienkurs in die Höhe schnellen zu lassen, versucht man sich an einer Rekordfahrt, mit dem Hintergrund das blaue Band zu gewinnen. 1943 dürften dazu allerdings nicht sehr viele Fragen vom Publikum gestellt worden sein. Damit aber nicht nur der schnöde Mammon im Vordergrund steht, gibt es natürlich auch einen couragierten Deutschen, der das Unglück voraussieht und versucht es zu verhindern. Deshalb kann man den Film natürlich klar und deutlich als Propagandafilm einstufen.
Ebenfalls erwähnenswert vor diesem Hintergrund, ist noch die Tanzszene einer "Zigeunerin" (Das Wort habe ich vor diesem Hintergrund und im Kontext absichtlich verwendet). Lasterhaft in Szene gesetzt, fällt schnell auf, das diese keinen BH trägt und man die Oberweite mehrmals absolut klar und deutlich, durch die fast durchsichtige Bluse schimmern sieht. Im Entstehungsjahr mit Sicherheit skandalös, aber wohl eben nicht in diesem fragwürdigen Kontext.
Natürlich liest sich das jetzt erstmal nicht so toll, aber da tut man dem Film absolut Unrecht. Von der technischen Seite ist der Film brillant und der Untergang äußerst anschaulich gefilmt. Aber der Film ist eben aus heutiger Sicht durch mehrere Facetten sehenswert. Wer nur am Untergangsspektakel interessiert ist, ist natürlich bei Cameron deutlich besser aufgehoben.
Interessant ist aber auch das James Cameron für seine Version wohl sehr genau hingeschaut hat. Vieles hat er nämlich wohl aus diesem Film übernommen. Es gibt Gefangene die in einer Zelle festsitzen, ein Schmuckdiebstahl bei dem ein reicher Aristokrat betroffen ist, eine frisch entstehende Liebe die für Jack und Rose Pate gestanden haben könnte und auch die Einblicke ins Abendvergnügen der verschiedenen Klassen. Im Unterdeck ist eine wilde Party im Gange, während die finanziell besser Gestellten, eher gemäßigt feiern. Zusätzlich werden natürlich die reichen Briten bei der 97er Version auch nicht zwingend besser dargestellt. Des Weiteren weisen einige Kameraeinstellungen Parallelen auf.
Der Film und seine Entstehung bietet aber noch mehr Geschichten. Regisseur Herbert Selpin hat sich während der Dreharbeiten abfällig über die Wehrmacht geäußert, was auch sein Untergang war. Nur kurz nach seiner Verhaftung fand man ihn tot in seiner Zelle. Ob es Selbstmord war ist bis heute ungeklärt. Werner Klingler hat danach die Dreharbeiten fortgeführt.
Diese wurden zum Teil auf dem deutschen Schiff "Cap Arcona" fertiggestellt. 2 Jahre nach dem Film ging es ebenfalls unter. Es befanden sich mehrere Tausend KZ-Insassen an Bord und wurde von britischen Jagdbombern versenkt.
Der Film stand damals insgesamt unter keinem guten Stern. In den Kriegsjahren wurde er nämlich in Deutschland nie gezeigt. Seine Uraufführung fand im besetzten Paris statt, aber Goebbels wollte den Film durch die veränderte Kriegslage nicht im eigenem Reich bringen. Erst 1950 kam er in die deutschen Kinos. Allerdings nicht lange, da die Alliierten den Film wegen der Propaganda wieder aus dem Verkehr zogen. Nur die sowjetische Besatzungszone zeigte den Film, da man ihn dort ebenfalls als Propagandafilm einsetzte. Hier allerdings gegen die kapitalistische Denkweise.
Meines Wissens wurde der Film erstmalig in den 90ern im TV gezeigt. Hier unterlief der ARD wohl ein Fauxpas. Man sendete ihn kommentarlos, ohne Hinweise auf die Propaganda. Auch nach der Sendung erwähnte man es mit keinem Wort. Den ein oder anderen Zuschauer könnte das in jedem Fall ziemlich erschreckt haben.
Man sieht also, das der Film aus vielen Gründen gesehen werden sollte. Einmal aus der wirklich famosen technischen Seite des Films, dann als Lehrstück des Propagandafilms im dritten Reich und auch als Fan des Titanic-Universums, sollte man ein Auge drauf werfen. Es lohnt sich!