The Zone of Interest

Tarantino1980

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The Zone of Interest
Rudolf wohnt gemeinsam mit seiner Frau Hedwig und seinen Kindern idylisch in ihrem Traumhaus. Als Rudolf jedoch einen neuen Job antreten muss, gerät das Familienidyl ins Chaos.

Regisseur Jonathan Glazer verfilmte den gleichnahmigen Roman des britischen Schriftstellers Martin Amis aus dem Jahr 2014, wobei es sich aber um eine freie Adaptaion handelt. Im Mittelpunkt der Handlung steht die Familie von Rudolf Höß zu dem Zeitpunkt, als er der Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz war. Ich habe meine vorherige Inhaltszusammenfassung bewusst provokant und ironisch verfasst, da es meiner Meinung nach genau das wiederspiegelt was den Film ausmacht. Der Film gewinnt erst an Tiefe, wenn man die reale geschichtliche Grausamkeit kennt und somit die im Film gezeigten Bilder auch einordnen kann. Wenn man jedoch vorher noch nie etwas, was zugebener Weise recht unwahrscheinlich ist, von dem grausamen Alltag in einem Konzentrationslagers gehört bzw. durch andere Verfilmungen bzw. Dokumentationen gesehen hat, wird man in vielen Szenen glaube ich eher ein Fragezeichen bzw. vielleicht sogar garnicht wissen was daran jetzt so erschreckend sein soll. Anders wie andere Verfilmungen zu diesem Thema zeigt nämlich The Zone of Interest in erster Linie wirklich nur das Familienleben der Familie Höß und ein paar Szenen aus dem Arbeitsleben von Rudolf Höß, welche aber stellenweise so banal wirken, das mann als Nichtwissender den Eindruck gewinnen könnte, dass er in einem Produktionsbetrieb arbeitet und nicht ein großer Kriegesverbrecher war, dessen Gräultaten auch noch Jahrzente später die Welt erschüttert. Und genau hier liegt die große Stärke des Films. Es ist eben nicht die tausenste Verfilmung über den Holocaust in Deutschland mit dem üblichen Verlauf, sondern der Film zeigt dem Zuschauer die Thematik aus einer anderen Perspektive. Dadurch ist der Film aber in keinster Weise weniger erschütternd und bewegend, vielleicht an manchen Stellen sogar noch schokierender, weil man eben weiß was hinter der im Film nur zu sehenden Mauer alles passiert. Ich will hier natürlich nicht spoilern, da es sich aber um einen geschichtlichen Fakt handelt gehe ich davon aus das es kein großer Spoiler sein sollte. Das Haus der Familie Höß befand sich direkt angrenzend an das Konzentrationslager Ausschwitz. Die beiden Grundstrücke wurden nur duch eine höhe Mauer getrennt. Es lag keine Straße oder Feld oder Fluss dazwischen, es war wirklich nur eine Mauer zwischen dem Paradis auf Erden und der Hölle auf Erden. Und wenn man mit dem Wissen, was genau sich hinter dieser Mauer passierte, sich dann gewisse Szenen anschaut ist man als Zuschauer ständig angewiedert oder zutiefst schokiert. Dabei nimmt man als Zuschauer eine Art "Beobachtungsblickwinkel" ein, so als wenn man Dinge auf einer Videoüberwachungsperspektive verfolgt. Tatsächlich hat Regisseur Jonathan Glazer diesen Look bewusst kreiert in dem er viel mit fest platzierten Kameras und Mikros auf dem Set gearbeitet hat und selten eine klassische bewegte Kamera zum Einsatz kam. Somit fällt es einem, zumindest mir ging es so, anfangs schwierig einen wirklichen Bezug zu den Protagonisten aufzubauen, was sich aber schnell legte als man sich daran gewöhnt hatte. Im Nachhinein würde ich sogar behaupten, dass es nicht nur eine bewusste Entscheidung von Jonathan Glazer war den Film so zu inszenieren, sondern auch die einzig vernüftigste war, weil sich der Film dadurch viel besser entfalten konnte und man, unabhängig von den Gräultaten die in dieser Zeit passiert sind, gewollt keine Beziehung zu den Protagonisten aufbauen kann. Es ist schwierig zu beschreiben was ich genau damit meine. Ich denke jeder hat sich schon mal dabei ertappt zu einer Figur im Film, obwohl sie aus der tiefsten Seele böse ist und böse Dinge tut, irgendwie eine Art beziehung während der Laufzeit aufbaut und sogar etwas mitfiebert, ohne die Taten dieser Person gut zu finden zuschweige denn schön reden zu wollen. Anders ist es in The Zone of Interest. Dadurch das Jonathan Glazer hier stellenweise bewusst stellenweise keine Nähe zu seinen Figuren zulässt, hat der Zuschauer auch garkeine Chance eine große Symphatie oder Antiphatie anhand der im Film gezeigten Handlungen aufzubauen. Die Antipahtie ensteht also nur im Zusammenspiel zwischen realen Dingen, die man im Vorfeld bereits kannte und den von Glazer sehr normal wirkenden Szenen, welche durch ein gigantisches Sounddesign unterstützt werden. Selten ist es so das ein Sounddesign mich so bis ins Mark erschaudern lies. Durch dieses bedrohlich und erschreckend wirkende Sounddesign, welches wirklich einem guten Horrorfilm entsprungen sein könnte, wirken viele Bilder noch bedrohlicher und verstörender.

Der Cast ist wirklcih sehr gut besetzt. Gerade wer Christian Friedel eher aus seiner Rolle in Babylon Berlin kennt, wird hier zweimal hinschauen müssen, da er wirklich vom Typ her jemand ganz anderen spielt. Das macht er sehr gut und zeigt, was für ein guter Darsteller er ist. Ich weiß nicht wie Rudolf Höß tatsächlich war, aber wie er hier diese Rolle spielt vermittelt schon einen sehr guten Einblick wie dieser Mensch getickt haben muss. Auch Sandra Hüller hat hier sehr gut gespielt. Einerseits die treudofe Ehefrau wo man sich tatsächlich fragt, ob sie überhaupt wusste was hinter der Mauer von statten ging, andererseits gibt es aber auch ein paar Szenen die ganz klar das Gegenteil zeigen. Also auch innerhalb des Films von beiden eine enorme Wandlungsfähigkeit.

The Zone of Interest
ist definitiv kein einfacher Film. Es ist ein Film der wirklich lange nachhalt. Es war einer der Filme bei dem ich wirklich den kompletten Abspann benötigte um das Gesehene erst einmal zu verdauen und für mich einzusortieren. Aber das war dann nur der Anfang. Ich fand zwar direkt die Inszenierung schon gut, aber ich war noch skeptisch ob es ein Film ist den ich mir überhaupt noch einmal ansehen werde. Dementsrechend vorsichtig war auch meine erste Bewertung auf Letterboxd mit 4/10. Eine Nacht und einen Vormittag später merkte ich aber sehr das mich dieser Film nicht mehr loslässt, ich im Nachgang festellte wie Stark er mich bewegt hat und wie aufgewühlt ich innerlich war. Zum einen weil man, ob man es will oder nicht, nochmal sehr mit dem Holzhammer auf dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte aufmerksam gemacht wurde, aber zum anderen auch wie hier sehr plakativ dargestellt wurde, wie sehr einzelne sich in dem Leid der anderen gesuhlt haben und dadurch förmlich wie die Made im Speck auf kosten anderer gelebt haben und das unter Bedingungen wo jeder normaldenkende Mensch sagen würde, das geht garnicht! Ich will hier wie geasgt nicht groß spoilern, aber da es sich um geschichtliche Fakten handelt bin ich vielleicht etwas offener mit Zusammenhängen aus dem Film. Man könnte mir so ein Haus schenken, ich würde es nicht wollen! Es gibt Szenen in diesem Film die mich fassungslos im Kinositz zurückgelassen haben. Wo ich wirklich mich ernsthaft gefragt habe ob man wirklich so ignorant sein konnte und das Ganze wirklich so ausblenden konnte und sich dann wie im Paradise fühlt oder aber, was meine Theorie ist, es wirklich Menschen waren denen das Leid der anderen vollkommen egal war, die totale Soziophaten waren und nur auf ihr eigenes Wohl bedacht waren. Den nur so kann man von einem schönen Heim bei diesem Haus reden. The Zone of Interest ist daher kein Film den man mal so zwischen Tür und Angel sehen sollte und es ist auch kein Film nachdem man ein gutes Gefühl hat. Aber es ist ein Film den man als Filmfan, gerade wenn man sich mit der Geschichte aus dieser düsteren Epoche beschäftigt, unbedingt gesehen haben sollte.

Wertung: 9/10
 

2moulins

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Sehr gut geschrieben! :hoch:

Ich bin sehr gespannt auf den Film, den ich erst im Heimkino erleben werde, wenn er im Juni auf Disc erscheint.
 

Tarantino1980

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Sehr gut geschrieben! :hoch:
Danke! Es war tatsächlich auch einer der Kritiken wo ich länger Zeit benötigte um in meinem Kopf die richtigen Worte zu finden. Ich hatte den Film ja bereits am Samstag im Kino gesehen, aber ich war weder am Sonntag noch am Montag schon dazu fähig das Gesehene in eine entsprechende Kritik zu bringen. Ich musste da wirklich erst viel Sacken lassen!

Ich bin sehr gespannt auf den Film, den ich erst im Heimkino erleben werde, wenn er im Juni auf Disc erscheint.

Ich bin auch sehr gespannt auf Deine Meinung. Ich werde ihn mir, sobald er Einzug ins Heimkino gehalten hat, auch auf jeden Fall nochmal sichten da es einer dieser Filme für mich ist, den man bestimmt mehrmals gesehen haben muss um Details zu erkennen, eben weil der Film einen so dermaßen niederschmettert.
 

deadlyfriend

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Danke für die sehr schöne und intensive Rezension. Die öffnet in jedem Fall Türen und der Film wird definitiv als "special interest" wahrgenommen.
Sag doch gleich, dass das nicht einfach halt irgendein neuer Film im Kino ist, sondern etwas Besonderes. :lol:

Solche Themen haben bei mir ja immer schon ein gesondertes Interesse hervorgerufen, wobei ich dann aber gleichzeitig auch immer sehr kritisch bin. Zumindest bei Filmen wie "Der letzte König von Schottland", "Stauffenberg" oder "München", aber nach deinem Text zu urteilen, habe ich hier kein solches Debakel zu befürchten. Mal sehen was zuerst da ist. Ein Streaming-Dienst oder eben die Blu Ray. Wird in jedem Fall zeitnah bei Heimkinoauswertung gesichtet. Um Kinos mache ich weiterhin einen Bogen.
 

Tarantino1980

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Danke für die sehr schöne und intensive Rezension. Die öffnet in jedem Fall Türen und der Film wird definitiv als "special interest" wahrgenommen.
Sag doch gleich, dass das nicht einfach halt irgendein neuer Film im Kino ist, sondern etwas Besonderes. :lol:
Ich bin auch sehr auf Deine Meinung gespannt deadly!

Solche Themen haben bei mir ja immer schon ein gesondertes Interesse hervorgerufen, wobei ich dann aber gleichzeitig auch immer sehr kritisch bin. Zumindest bei Filmen wie "Der letzte König von Schottland", "Stauffenberg" oder "München", aber nach deinem Text zu urteilen, habe ich hier kein solches Debakel zu befürchten.
Der Film ist in keinster Weise mit den von Dir genannten Filmen vergleichbar. Alleine eben durch seine sehr besondere Art der Inszenierung. Alleine beim Sounddesign bin ich mir sehr sicher das Dich dieses, genauso wie mich, nachhaltig beeindrucken und vorallem auch psychisch belasten wird. So ging es mir jedenfalls nach meiner Sichtung im Kino. Ich war in einem tiefen Loch und musste mich da am Sonntag erst wieder rausarbeiten.

Mal sehen was zuerst da ist. Ein Streaming-Dienst oder eben die Blu Ray. Wird in jedem Fall zeitnah bei Heimkinoauswertung gesichtet. Um Kinos mache ich weiterhin einen Bogen.

Ich denke Digital wird es den Film früher geben, auf Blu-ray (Keep-Case) oder 4K Mediabook müssen wir uns noch bis Juni leider gedulden.
 

2moulins

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Gestern abend sah ich den Film, und zwar bei prime video, da ich mir entgegen meiner Planung bisher kein physisches Medium zulegte, weil ich hierzu einen Verriss hinsichtlich der Umsetzung - zumindest auf Blu-ray - las.

Ich war sehr gespannt auf den Film, von dem ich natürlich schon das meiste wusste, insbesondere betreffend der Art und Weise, wie Glazer das Grauen in der Nachbarschaft des gezeigten Wohnhauses durch die Tonkulisse darstellte, ohne Aufnahmen aus dem Lager zu zeigen. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass ich mich zu sehr auf diese Art der Inszenierung konzentrierte und dadurch kaum Emotionen aufbaute und selten ein Gefühl der Beklemmung verspürte. Eigentlich war ich darauf gefasst, dass ich bei der Sichtung verstörende Momente und Beklemmung erleben werde. Aber das blieb tatsächlich weitestgehend aus.

Ich bin gewiss nicht abgebrüht und finde diese grausame Vergangenheit als das Schrecklichste, was man sich vorstellen kann. Aber bei mir hat das Konzept des Films nicht funktioniert. Er brachte den Schrecken bei mir nicht rüber, obwohl von Anfang an die Geräusche (vor allem auch das tiefe Rauschen der Öfen) aus dem Lager im Grunde permanent, Tag und Nacht, zu hören waren. Am meisten Emotionen verspürte ich noch bei den Schluss-Szenen, in denen man eine Putzkolonne sieht, die in der heutigen Gedenkstätte Auschwitz die Scheiben reinigt, hinter denen tausende Schuhe oder Hunderte Koffer gestapelt sind.

Trotzdem fand ich die Herangehensweise an das Thema höchst interessant. Und die Szenen, die sich auf dem Grundstück der Familie Höss abspielten empfand ich sehr authentisch. Die Gespräche klangen wirklich so, dass man einfach ein Mikrofon aufstellte, um festzuhalten, was da tagsüber so geredet wird, als hätte es kein Drehbuch gegeben, in dem irgendwelche ausgefeilten Dialoge vorgegeben waren. Dabei gab es auch ein paar (wenige) Szenen/Dialoge, die den Umgang bzw. die Haltung mit bzw. gegenüber den Juden im Alltäglichen zeigten, was zu den Momenten zählte, die berührten und zum Nachdenken anregten.

Als wirkungsvolle Szene empfand ich auch die nüchterne und sehr sachliche Vorstellung einer neuen Brennofentechnik, um das Verfahren effizienter zu gestalten. Das erinnerte mich an eine Sendung über die Wannsee-Konferenz, bei der es auch um die "Optimierung" der Methodik zur Judenvernichtung ging. Das war wirklich krass!

Jedenfalls sollte man den Film schon mal gesehen haben. Ob das Konzept dann bei jedem aufgeht, ist eine andere Frage.
Eine Wiederholungssichtung muss ich nicht haben.

Der Film gewinnt erst an Tiefe, wenn man die reale geschichtliche Grausamkeit kennt und somit die im Film gezeigten Bilder auch einordnen kann. Wenn man jedoch vorher noch nie etwas, was zugebener Weise recht unwahrscheinlich ist, von dem grausamen Alltag in einem Konzentrationslagers gehört bzw. durch andere Verfilmungen bzw. Dokumentationen gesehen hat, wird man in vielen Szenen glaube ich eher ein Fragezeichen bzw. vielleicht sogar garnicht wissen was daran jetzt so erschreckend sein soll.
Ja, das Konzept baut natürlich darauf, dass man die Rahmenbedingungen kennt, damit sich im Kopf des Betrachters das abspielt, was die Geräusche aus der Nachbarschaft bedeuten. Je mehr man davon weiß, desto besser dürfte die Wirkung sein. Obwohl ich zu denen gehöre, die schon sehr viel zu diesem Thema gehört, gelesen und in Filmen und Dokus gesehen haben, hat sich die Wirkung - wie beschrieben - bei mir (leider) nicht eingestellt.

Dennoch interessant und gut gemacht.

Ich finde auch nach wie vor Deine KK sehr gut geschrieben, Tarantino1980, auch wenn die Wirkung bei mir eine etwas andere war.

Noch etwas zur Technik: Da der Ton bei diesem Film eine sehr wichtige Rolle spielt, ging ich davon aus, dass man rundum beschallt wird und dass insbesondere die Geräusche aus dem Lager über die Surround-Boxen kommen. Tatsächlich ist der Ton aber sehr frontlastig abgemischt. Von hinten kommt praktisch gar nichts – außer dem Soundtrack am Anfang und am Ende des Films, soweit man diese Töne überhaupt so nennen kann. Und beim Bild gibt es manchmal Szenen, die mittendrin unscharf werden. Ob da ein tieferer Sinn dahinter steckt, weiß ich nicht. Hinzu kommt, dass ein paar Sequenzen mit einem Nachtsichtverfahren o.ä. gedreht wurden. Auch hier erschließt sich mir der Sinn nicht konkret.
 

deadlyfriend

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Rudolf wohnt gemeinsam mit seiner Frau Hedwig und seinen Kindern idylisch in ihrem Traumhaus. Als Rudolf jedoch einen neuen Job antreten muss, gerät das Familienidyl ins Chaos.
Perfekte Zusammenfassung!
Ich habe meine vorherige Inhaltszusammenfassung bewusst provokant und ironisch verfasst, da es meiner Meinung nach genau das wiederspiegelt was den Film ausmacht.
Deswegen der Vermerk einer perfekten Zusammenfassung :) Genau das war im Film zu sehen.

Anders wie andere Verfilmungen zu diesem Thema zeigt nämlich The Zone of Interest in erster Linie wirklich nur das Familienleben der Familie Höß und ein paar Szenen aus dem Arbeitsleben von Rudolf Höß, welche aber stellenweise so banal wirken, das mann als Nichtwissender den Eindruck gewinnen könnte, dass er in einem Produktionsbetrieb arbeitet und nicht ein großer Kriegesverbrecher war, dessen Gräultaten auch noch Jahrzente später die Welt erschüttert.
Ja, Höß sah sich eben selbst als eine Art Logistikleiter und diese Perspektive bekam auch der Zuschauer.
Und genau hier liegt die große Stärke des Films. Es ist eben nicht die tausenste Verfilmung über den Holocaust in Deutschland mit dem üblichen Verlauf, sondern der Film zeigt dem Zuschauer die Thematik aus einer anderen Perspektive.
Ich packe an dieser Stelle mal noch mein Posting aus der Gruppe mit hinein:


Für mich ist es ein phänomenaler Entschluss, sich von der über Jahrzehnte aufgebauten Distanz zu verabschieden. Man neigte dazu, in Filmen eher eine Art Abrechnung zu betreiben. Auch die verwendeten Synonyme unserer Gesellschaft, die grundsätzlich mit hasserfüllten Schimpfwörter einher geht, schafften letztendlich Distanz. So als ob es sich um eine andere Spezies gehandelt hätte. Die Nazis halt, die Typen aus der Vergangenheit. "Zone of Interest" zeigte sie wieder als das, was sie waren: Menschen! Ja, die sind nun mal dazu fähig. Die brauche ich nicht zu mystifizieren. Solche Typen gibt es immer noch. Der Film zeigt dies in einer perfekten Art und Weise. Würde der Film heute spielen, zeigt er das normale Leben eines Logistikleiters. So, hat sich Höß eben gesehen.
Das der Film dies aufzeigt, ist perfekt und funktioniert auf grausame Art und Weise als Mahnmal. Das waren keine Gespenster aus einer anderen Welt. Solche Leute gibt es immer noch....Einige davon in wählbaren Ämtern.
Das komplette Gebilde, die Schauplätze, das Sound-Design: Absolut großartig! Den Film sollten sich viele Menschen ansehen, um ihre Distanz dazu zu verlieren.
Der erste Film der deutschen Nachkriegsgeschichte hieß übrigens "Die Mörder sind unter uns". Ebenfalls ein großartiger Film, mit einem Titel der nichts als die Wahrheit war. Bis 1945 waren es Monster, danach wieder Menschen. "Zone of Interest" ist ein verdammt wichtiger Film.
Das Haus der Familie Höß befand sich direkt angrenzend an das Konzentrationslager Ausschwitz. Die beiden Grundstrücke wurden nur duch eine höhe Mauer getrennt. Es lag keine Straße oder Feld oder Fluss dazwischen, es war wirklich nur eine Mauer zwischen dem Paradis auf Erden und der Hölle auf Erden. Und wenn man mit dem Wissen, was genau sich hinter dieser Mauer passierte, sich dann gewisse Szenen anschaut ist man als Zuschauer ständig angewiedert oder zutiefst schokiert. Dabei nimmt man als Zuschauer eine Art "Beobachtungsblickwinkel" ein, so als wenn man Dinge auf einer Videoüberwachungsperspektive verfolgt. Tatsächlich hat Regisseur Jonathan Glazer diesen Look bewusst kreiert in dem er viel mit fest platzierten Kameras und Mikros auf dem Set gearbeitet hat und selten eine klassische bewegte Kamera zum Einsatz kam. Somit fällt es einem, zumindest mir ging es so, anfangs schwierig einen wirklichen Bezug zu den Protagonisten aufzubauen, was sich aber schnell legte als man sich daran gewöhnt hatte. Im Nachhinein würde ich sogar behaupten, dass es nicht nur eine bewusste Entscheidung von Jonathan Glazer war den Film so zu inszenieren, sondern auch die einzig vernüftigste war, weil sich der Film dadurch viel besser entfalten konnte und man, unabhängig von den Gräultaten die in dieser Zeit passiert sind, gewollt keine Beziehung zu den Protagonisten aufbauen kann.
Ja, der Zuschauer ist einzig und allein ein Beobachter. Big Brother im Höß Haus. Eine mutige und innovative Entscheidung, die ich nur begrüßen kann.
The Zone of Interest ist definitiv kein einfacher Film.
Der hat auch mal wieder eine Menge Leute überfordert......
Man könnte mir so ein Haus schenken, ich würde es nicht wollen! Es gibt Szenen in diesem Film die mich fassungslos im Kinositz zurückgelassen haben. Wo ich wirklich mich ernsthaft gefragt habe ob man wirklich so ignorant sein konnte und das Ganze wirklich so ausblenden konnte und sich dann wie im Paradise fühlt oder aber, was meine Theorie ist, es wirklich Menschen waren denen das Leid der anderen vollkommen egal war, die totale Soziophaten waren und nur auf ihr eigenes Wohl bedacht waren.
Den Punkt sehe ich zumindest ein wenig anders. Der Film zeigt die Denkweise sehr gut auf. Bestellt man heute einen Kammerjäger, weil man ein Problem mit Insekten hat, macht der einfach seine Arbeit. Der denkt nicht darüber nach, dass die Tiere eventuell auch Leben möchten, sondern vernichtet sie einfach. Große Teile der Nazis waren so indoktriniert, dass sie das auf die gleiche Art und Weise erledigt haben. Für die war das eine notwendige Arbeit. Deswegen ist es eben für mich wichtig, was ich oben beschrieben habe. Das waren keine Monster, Ungeheuer oder Gespenster. Das waren Menschen, die anderen Menschen dieses Leid zufügten, nur das ihre Denkweise nicht mehr von Menschen ausgingen. So kaputt waren die. Das verwendete Vokabular im Film sprach Bände. Entladung, Verladung etc... Das waren für die Güter. Abfallgüter. Mit diesem Vokabular verschaffte man Distanz zu den Opfern. Unser heutiges Vokabular wie eben Monster etc... verschafft Distanz zu den Tätern. "The Zone of Interest" reist diese Distanz wieder ein. Ich habe auch Schwierigkeiten damit, dass man im Zusammenhang immer von Juden spricht. Das klingt auch jedes mal ein wenig nach "Die Anderen". Eine bessere Lösung habe ich allerdings auch nicht. Dennoch war es einfach eine Menschenvernichtung.
Den nur so kann man von einem schönen Heim bei diesem Haus reden. The Zone of Interest ist daher kein Film den man mal so zwischen Tür und Angel sehen sollte und es ist auch kein Film nachdem man ein gutes Gefühl hat. Aber es ist ein Film den man als Filmfan, gerade wenn man sich mit der Geschichte aus dieser düsteren Epoche beschäftigt, unbedingt gesehen haben sollte.

Wertung: 9/10
Das kann ich komplett unterschreiben. Ein verdammt wichtiger und starker Film.
 

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Alleine beim Sounddesign bin ich mir sehr sicher das Dich dieses, genauso wie mich, nachhaltig beeindrucken
Das war einsame Spitze. Besonders das Grollen der Öfen. Am Anfang störte es noch irgendwie, aber nach einigen Minuten hat sich das Ohr einfach daran gewöhnt. Analog zu den Insassen in der Villa. Die haben das einfach nicht mehr wahrgenommen. Phänomenal als das Geräusch durch den Schauplatzwechsel nach Oranienburg auf einmal weg war. Dadurch merkte man erst, das es bis dahin die ganze Zeit da war. Bei der Rückkehr kam es dann sofort wieder. Das war der Hammer!
Ich war sehr gespannt auf den Film, von dem ich natürlich schon das meiste wusste, insbesondere betreffend der Art und Weise, wie Glazer das Grauen in der Nachbarschaft des gezeigten Wohnhauses durch die Tonkulisse darstellte, ohne Aufnahmen aus dem Lager zu zeigen. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass ich mich zu sehr auf diese Art der Inszenierung konzentrierte und dadurch kaum Emotionen aufbaute und selten ein Gefühl der Beklemmung verspürte. Eigentlich war ich darauf gefasst, dass ich bei der Sichtung verstörende Momente und Beklemmung erleben werde. Aber das blieb tatsächlich weitestgehend aus.
Inszenatorisch war der Film meines Erachtens auch nicht darauf aus.
Ich bin gewiss nicht abgebrüht und finde diese grausame Vergangenheit als das Schrecklichste, was man sich vorstellen kann. Aber bei mir hat das Konzept des Films nicht funktioniert. Er brachte den Schrecken bei mir nicht rüber, obwohl von Anfang an die Geräusche (vor allem auch das tiefe Rauschen der Öfen) aus dem Lager im Grunde permanent, Tag und Nacht, zu hören waren. Am meisten Emotionen verspürte ich noch bei den Schluss-Szenen, in denen man eine Putzkolonne sieht, die in der heutigen Gedenkstätte Auschwitz die Scheiben reinigt, hinter denen tausende Schuhe oder Hunderte Koffer gestapelt sind.
Bei mir hat es tatsächlich sehr gut funktioniert. Glazer verzichtete weitestgehend auf eine Emotionalisierung, was mir irgendwie sehr gut gefiel und eine Beschäftigung nach dem Film in der Gesamtheit besser ermöglichte, als nachgehend vereinzelte "Höhepunkte" zu betrachten.
Trotzdem fand ich die Herangehensweise an das Thema höchst interessant. Und die Szenen, die sich auf dem Grundstück der Familie Höss abspielten empfand ich sehr authentisch. Die Gespräche klangen wirklich so, dass man einfach ein Mikrofon aufstellte, um festzuhalten, was da tagsüber so geredet wird, als hätte es kein Drehbuch gegeben, in dem irgendwelche ausgefeilten Dialoge vorgegeben waren. Dabei gab es auch ein paar (wenige) Szenen/Dialoge, die den Umgang bzw. die Haltung mit bzw. gegenüber den Juden im Alltäglichen zeigten, was zu den Momenten zählte, die berührten und zum Nachdenken anregten.
Das fand ich alles ebenfalls richtig stark!
Als wirkungsvolle Szene empfand ich auch die nüchterne und sehr sachliche Vorstellung einer neuen Brennofentechnik, um das Verfahren effizienter zu gestalten. Das erinnerte mich an eine Sendung über die Wannsee-Konferenz, bei der es auch um die "Optimierung" der Methodik zur Judenvernichtung ging. Das war wirklich krass!
Ebenfalls eine klasse Szene. Wie auch die Konferenz, als verkündet wurde das die einzelnen Lager mehr Arbeit bekommen werden und man auf eine harte Probe gestellt werden wird. Das war inhaltlich und emotional nicht anders, als wenn wir bei uns beruflich solche Dinge besprechen. Genau das fand ich großartig. Die gleichen Gespräche, mit einer ähnlichen Atmosphäre, nur dass es sich eben um Massenmord und nicht um eine neue Aufteilung der Kundengebiete und Mehrarbeit in den verschiedenen Logistikzentren. Das hob den Film für mich einfach komplett von Anderen ab.
Noch etwas zur Technik: Da der Ton bei diesem Film eine sehr wichtige Rolle spielt, ging ich davon aus, dass man rundum beschallt wird und dass insbesondere die Geräusche aus dem Lager über die Surround-Boxen kommen. Tatsächlich ist der Ton aber sehr frontlastig abgemischt. Von hinten kommt praktisch gar nichts – außer dem Soundtrack am Anfang und am Ende des Films, soweit man diese Töne überhaupt so nennen kann.
Ebenfalls eine sehr gute Entscheidung. Sie wohnten ja am Lager. Die Mauer war vor der Haustür. Da wären Geräusche von hinten deplatziert gewesen, da das Lager ja vor ihnen lag.
Ob da ein tieferer Sinn dahinter steckt, weiß ich nicht. Hinzu kommt, dass ein paar Sequenzen mit einem Nachtsichtverfahren o.ä. gedreht wurden. Auch hier erschließt sich mir der Sinn nicht konkret.
Kann sein, das ich da zu viel rein interpretiere, aber mein erster Gedanke war, dass dies positive Handlungen waren, die aber "abseits des Lichtes" stattfanden. In dieser Welt gab es keine guten Taten, bis auf diese Wenigen, weshalb man sie als eine Art "Schattenwelt" darstellte. Wie in einem Horrorfilm mit anderen Dimensionen, in denen wir durch solche Bilder eine Art Zwischenwelt gezeigt bekommen. In dieser Welt war kein Platz für gute Taten, weshalb sie als Zwischenwelt eingestreut wurden. Schwierig auszudrücken, aber vielleicht kannst du meinen Gedankengang nachvollziehen. :)
 
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