Super Dark Times
Vier gelangweilte Jugendliche sind zusammen unterwegs und stellen verschiedene dumme Dinge an. Einer von ihnen hat ein Samurai Schwert dabei, das er aus der Kammer seines Bruders entwendet hat. Aus ein paar Kleinigkeiten resultierend entsteht aber leider ein Streit. Aus diesem Streit dann ein tödlicher Unfall. Die drei verbliebenen Kids bekommen Panik und entscheiden sich dafür die Leiche im Wald in einem Loch zu verbuddeln und Gras über die Sache wachsen zu lassen. So einfach ist es aber nicht, da dieses grausige Ereignis tiefe Spuren in ihrer Entwicklung hinterlässt.
Bei „Coming of Age“ Filmen, die auch noch mit so einem Ereignis aufwarten, ist es für den Zuschauer wahrscheinlich wahnsinnig wichtig, welchen Bezug man zu den Charakteren aufbauen kann. Da die Jungs bis zu dem Unfall ihr Vokabular und die Gesprächsinhalte weitestgehend auf „Ficken, Fotze, Titten“ reduzieren, fehlte mir jeglicher Zugang. Ich selbst habe niemals in meiner Jugend so gesprochen und kannte auch tatsächlich niemanden, der es tat. Vielleicht war es in den USA anders, was ich nicht beurteilen kann. Vielleicht hat Regisseur Kevin Phillips in diesem Jargon seine Jugend verbracht. Hier könnte allerdings der erste Schlüssel liegen, ob man zu dem Werk einen Zugang findet. Viele positive Bewertungen sprechen dafür. Ich hatte damit so meine Probleme.
Dennoch schaffte der Film es, mein Interesse oben zu halten. Das lag einmal an der sehr interessanten Eröffnungssequenz des Films, in der ein Hirsch anscheinend durch das Fenster des Schulgebäudes gesprungen ist und eine Blutspur nach sich zog, bis er verendete. Bis man den Hirsch im Blick hat, erinnerte es ein wenig an das Resultat eines Amoklaufs. Da der Film Mitte der 90er spielt, kommt einem Columbine in den Sinn. Ist der Hirsch eventuell eine Metapher?
Da ich solche Rätsel mag, blieb mein Interesse trotz der doofen Dialoge bestehen. Zudem gelangen Kevin Phillips sehr viele atmosphärische und bedeutungsschwangere Bilder, die von einer wunderbaren Musik unterlegt waren und immer den Hinweis gaben, dass der Film in eine mysteriöse Ebene verlaufen wird, bei der nicht alles so ist wie es scheint. Hinzu kamen dann noch spektakuläre Visionen und Alptraumsequenzen von der Leitfigur des Films.
Leider wurden die Charaktere trotz der guten Bilder nicht interessanter oder gar besser. Bei der fast entstehenden Romanze zwischen Zach und Alison beispielsweise, gibt es sehr schöne Szenen, allerdings weiß man nicht woher. Zu Beginn des Films, wird Alison als schwer für die Jungs zu erreichen dargestellt und dass man zwar bereits durch die Schule losen Kontakt hatte, aber dennoch eher im Bereich „Traum eines Jugendlichen“ verblieben ist. Alison klingelt aber plötzlich unvermittelt an der Tür von Zach und versucht ihm näher zu kommen. Warum auch immer. Hier ging ich also ebenfalls davon aus, dass es mit dem mysteriösen Allgemeinzustand des Films zu tun hat und die Dinge sich am Ende klären werden.
Nun, als der Abspann einsetzte habe ich dann als erstes mich selbst hinterfragt. Hatte ich was nicht mitbekommen oder übersehen? Was bedeutete der Hirsch zu Beginn und was sollte mir das letzte Bild des Films sagen? Nach einer Weile begann ich dann eher den Film zu hinterfragen und denke inzwischen, dass die mysteriöse Stimmung ein Stilmittel war, der Hirsch zu Beginn keine Bedeutung hatte und das letzte Bild einfach nur das ist, was es war. Ohne zweite Ebene, ohne versteckte Botschaften. Eher eine konventionelle Handlung, die stilistisch einfach in etwas mehr verpackt wurde, als es ist. Allerdings funktionieren unter diesem nüchternen Gesichtspunkt diverse Charakterentwicklungen einfach nicht.
Deshalb kann ich den Film nicht wirklich bewerten, da er mich von Anfang an in eine Richtung gelenkt hat, die er absolut nicht erfüllt. Vielleicht schaue ich ihn mir irgendwann nochmal an, um zu sehen wie er mit dem Wissen wirkt, das hier gar keine Rätsel und Mysterien vorhanden sind.