Sieben Jahre in Tibet
1997 drehte Jean-Jacques Annaud („Der Name der Rose“, „Der Liebhaber“, „Am Anfang war das Feuer“) den epischen Abenteuerfilm nach dem gleichnamigen Buch des Österreichers Heinrich Harrer. Die hoch interessante Geschichte beginnt kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges, als Harrer (Brad Pitt) sich einer Expedition unter der Leitung von Peter Aufschnaiter (David Thewlis) zum Himalaya-Massiv anschließt und seine schwangere Frau in Österreich zurücklässt. Aus einer Tour, die 4 Monate dauern sollte, entwickelt sich eine 13 Jahre andauernde Reise (davon: 7 Jahre in Tibet).
Bevor die geplante Gipfelbesteigung gelingt, geraten Harrer und weitere Expeditionsmitglieder in englische Kriegsgefangenschaft und werden in ein indisches Internierungslager gebracht, weil sie als österreichische Staatangehörige der gegnerischen Kriegspartei angehören. Nach mehreren Fehlversuchen glückt irgendwann die Flucht in die Freiheit und ein beschwerlicher Weg durch einsame Landschaften führt Harrer und Aufschnaiter nach Tibet und in deren Hauptstadt Lhasa, die eigentlich für Ausländer gesperrt ist.
In Lhasa lernt Harrer den jungen Dalai Lama (11 Jahre) kennen, der wissbegierig von Harrer über das Leben und die Kultur außerhalb Tibet’s lernen möchte. Fortan entwickelt sich eine starke Freundschaft zwischen den Beiden. Mehrere Jahre später wird Tibet von den Chinesen besetzt. Das tibetische friedliebende Volk muss sich in kriegerischen Auseinandersetzungen zur Wehr setzen, unterliegt aber sehr schnell der chinesischen Übermacht.
Annaud gelang ein beeindruckendes Werk, das einem diese wahre Geschichte – angereichert durch wenige dramaturgische fiktive Ergänzungen - nahe bringt und das Interesse für die Hintergründe weckt. Er liefert tolle Cinemascope-Bilder der atemberaubenden Berglandschaften und ebensolche Aufnahmen von Tibet und Lhasa, ohne dort gedreht zu haben, weil er hierzu keine Erlaubnis bekam. Stattdessen fanden die Aufnahmen vor allem in Argentinien und Kanada statt. Durch die Kombination mit als „Dokumentarfilm“ getarnte Aufnahmen in Lhasa gelang es sehr gut, den Eindruck zu erwecken, man hätte an Originalschauplätzen gedreht.
Die Erzählung erfolgt recht ruhig. Insbesondere den Mittelteil könnten manche als etwas zu langatmig empfinden. Wenn man sich auf die interessante Geschichte einlässt, kriegt man aber einen tollen Film geboten.
Den Soundtrack steuerte John Williams bei, der hierfür auch für den Golden Globe und einen Grammy nominiert wurde, aber nicht gewann. Insbesondere ein wiederkehrendes Thema unterstützt sehr gut die epische Wirkung der Geschichte.
Brad Pitt spielt den anfangs ehrgeizigen und egoistischen Harrer und die Entwicklung zum Gutmenschen glaubhaft. Lediglich stört in wenigen Szenen, dass sein goldblonder Haarschopf nach Perücke aussieht.
Interessant ist, dass die Freundschaft zwischen Harrer und dem seit 1959 im Exil lebenden Dalai Lama bis zu Harrer’s Tod im Jahre 2006 anhielt. Über 1 Million (!) Tibeter verloren unter der Chinesischen Herrschaft ihr Leben, tausende Klöster und Kulturstätten wurden zerstört. Die Zugehörigkeit Tibet’s zur Volksrepublik China gilt bis heute als umstritten.
9/10