Sehnsucht
Im Jahr 1866, während der österreichischen Besatzung zur Zeit des Risorgimentos, trifft die verheiratete Contessa Livia Serpieri den österreichischen Offizier Franz Mahler, der ihr zunächst ein Dorn im Auge scheint. Doch schnell ändert sich ihre Sichtweise und ihr Leben wird komplett auf den Kopf gestellt.
Luchino Visconti inszenierte im Jahr 1954 seinen ersten Farbfilm
Sehnsucht, welcher auf dem Roman
Sensor - Das geheime Tagebuch der Contessa Livia von
Camillo Boito basiert. Zuvor waren seine ersten Filme eher in der italienischen Arbeiterklasse angesiedelt, weshalb man
Sehnsucht, nicht nur weil es sein erster Farbfilm war, als stiländernden Wendepunkt seiner Karriere bezeichnen kann. Visconti ist definitiv auch ein Regisseur mit dem ich mich auch noch tiefer beschäftigen will, da er nicht nur ein interessanter Regisseur war, sondern eben auch in der Geschichte des italienischen Films ein großer Name ist. In
Sehnsucht beeindruckte er mich erneut mit fantastischen Schauplätzen und Kulissen. Der Film startet in der Oper von Venedig inmitten der Verdi Oper
Il trovatore, welche hier auf sehr beeindruckende Weise filmisch festgehalten wurde. Tatsächlich so gut, das die Aufnahmen später, nachdem die Oper 1996 von einem Brand befallen wurde, verwendet wurden um diese wieder möglichst originalgetreu wiederherzustellen. Demenstprechend phantastisch sind diese Bilder gleich zu Anfang dieses Filmes. Generell hat Visconti Venedig sehr schön dargestellt. Eine Sequenz, in der die Hauptdarstellerin
Alida Valli gemeinsam mit
Farley Granger durch die nächtlichen Straßen von Venedig spazieren geht, ist einfach wunderschön photographiert. Der Film spielt im Jahr 1866 und Visconti hat hier für mich diesen alten Look sehr schön inszeniert, ohne das der Film zusehr in einen klassischen Kostümfilm abdriftet aber dennoch sehr opulent aussieht. Ich möchte hier aber die Warnung aussprechen, obwohl es ein paar sehr schön inszenierte Schlachtszenen gibt, das der Film definitiv eher den Fokus auf einem Melodram hat und man auf jeden Fall diese Art von Film mögen sollte. Wer hier einen historischen Kriegsfilm erwartet, wird sicherlich enttäuscht werden.
Zum Cast muss ich sagen das mich
Alida Valli hier wirklich restlos begeistert hat! Sie sah hier nicht nur wieder wunderschön aus, sondern hat die Rolle der Contessa Livia Serpieri einfach perfekt gespielt. Aber auch
Farley Granger hat recht solide gespielt. Obwohl beide nicht die Wunschbestzung von
Luchino Visconti waren. Eigentlich wollte er für die weibliche Hauptrolle
Ingrid Bergmann und für die männliche Hauptrolle
Marlon Brando. Ingrid Bergmann lehnte ab, da ihr damaliger Ehemann Visconti nicht mochte und sie daher vor ihm warnte. Für mich eine Fügung, da ich hier
Alida Valli als wirklich perfekte Besetzung der Rolle ansehe! Bei
Marlon Brando hingegen sehe ich es vollkommen anders. Die damalige Produkutionsfirma lehnte ihn ab, da sie nicht mehr an ihn glaubten und ihn eher als sinkenden Stern bezeichneten, was, wie man selbstverstänlich heute weiß, genau das Gegenteil der Fall war und
Farley Granger, da er zuvor in den beiden Hitchcock Filmen -
Cocktail für eine Leiche (1948) und
Der Fremde im Zug (1951) - für Aufsehen sorgte, genommen wurde. Ironischer Weise ist es genau anders rum gewesen und die Karriere von Granger ist nach
Sehnsucht eher im Sande verlaufen. Gewisse Aspekte seiner Rolle hat er solide gespielt, aber gerade mit dem Wissen was wäre gewesen hätte diese Rolle
Marlon Brando verkörpert, lässt mich sehnsüchtig daran denken wie stark diese Rolle hätte sein können. Gerade das Ende wäre dadurch sicherlich um einiges stärker geworden.
Die Restauration des Filmes ist wirklich sehr gut gelungen. Damals zu seiner Entstehungszeit wurde er nämlich leider, auf Grund der politischen Haltung von
Luchino Visconti sehr zensiert und kam sowohl in Italien, als auch in anderen Ländern nur sehr geschnitten in die Kinos. Dadurch machten viele Story Elemente wenig Sinn und eine gewisse Dynamik ging verloren, was offenbar dazu führte, dass er leider damals nicht erfolgreich war. Zum Glück wurde der Film später wieder rekonstruiert und auch auf der mir vorliegenden wunderbaren Veröffentlichung von Studiocanal, in der die nicht synchronisierten Szenen dennoch restauriert wieder in den Film mit eingebunden wurden, auch wenn leider nicht alles wieder eingefügt werden konnte. Ursprünglich hätte die Wunschfassung von Visconti wohl 126 Minuten gehabt, auf der deutschen Blu-ray sind es 123 Minuten, was aber keine geschnittene Fassung im eigentlichen Sinne ist, da der Film, wie erwähnt, bereits bei seiner Uraufführung drastisch gekürzt nur zu sehen war. Dennoch würde ich hier jetzt von keiner geschnittenen Fassung mehr sprechen wollen, da es eben eine sehr liebevolle und wundervolle Restauration ist, die den Film wirklich schön klar, scharf und farbenfroh erscheinen lässt. Natürlich macht auch der Verlauf des Filmes, durch die wieder eingefügten Szenen, deutlich mehr Sinn.
Wertung:
9/10