AW: Schlag den Raab
Ich habe gestern Abend mal einen Blick riskiert und große Teile der Show gesehen, um mir auch selbst ein Bild dieser neuen Unterhaltungssendung zu machen.
Die Kritik von Matthias Kalle aus dem Tagesspiegel zeigt offensichtlich, dass der Autor fast keinen blassen Schimmer von der aktuellen Fernsehunterhaltung versteht und schießt sich nur darauf ein seine eigene Ansicht und Aversion zu Pocher und Zietlow bestätigt zu wissen. Auch seriöse Zeitungen versuchen durch Polemik ihre Auflage zu steigern und den Lesern, dass zu liefern, was sie gerne hören wollen.
Im Vergleich ein wenig wohlwollender ist dagegen der Text von Gregor Elsbeck auf Quotenmeter.de ausgefallen, der deutlich differenzierter und sachlicher die neue Sendung „Alle auf den Kleinen" analysiert und mit „Schlag den Raab" vergleicht.
Das Fundament der Show ist natürlich ähnlich aufgebaut wie „Schlag den Raab", denn erneut versucht ein Moderator sich gegen normale Menschen innerhalb von 15 unterschiedlichen Spielen zu profilieren und kommentiert wird dieses zusätzlich von einem Sportmoderator. Doch die Aufmachung beider Shows ist allein in ihren Spielen grundsätzlich verschieden, wo es bei „Schlag den Raab" um einen gerechten und ehrlichen Wettkampf geht, gleicht die Show mit Oliver Pocher einem Kräftemessen auf einem Jahrmarkt. Die Spiele sind bunt, ausgefallen und erinnern zum Teil sogar an Dschungelprüfungen und sind vor allem darauf ausgelegt für Unterhaltung zu sorgen. In dieser Hinsicht bedient sich die Show viel mehr von „Elton Vs. Simon" bzw. dessen Original „Kenny Vs. Benny" aus den USA. Bei den meisten Spielen konnte keine richtige Spannung aufkommen, da Pocher trotz seines Ehrgeizes, den er an den Tag legt, immer wieder den Pausenclown markiert und für genug Witz und Kurzweil sorgt, sodass die Spiele manchmal in den Hintergrund rücken. An dieser Stelle sollte noch erwähnt sein, dass die einzelnen Quzis der Show auch ein reiner Witz waren, weil die Fragen sich wirklich auf „Bild-Niveau" befanden.
Die Überleitung zwischen den einzelnen Spielen wurden durch einzelne Handzeichnungen in Form eines Cartoons und historische Geschichte generiert, wobei diese für mich wie eine künstliche Verlängerung der Show wirkten. Sie hatten nur sekundär etwas mit den Spielen und der eigentlichen Show zu tun und sollten vielleicht innerhalb der langen Show für ein wenig Abwechslung sorgen und vielleicht einige Zuschauer durch mehr oder weniger interessante Anekdoten und Fakten, die unter der Kategorie unnützes Wissen fallen, den Eindruck vermitteln, dass sie während der Sendung etwas lernen...
Zuletzt möchte ich kurz auf die Inszenierung und die eigentliche Moderation der Show eingehen. Der größte Kritikpunkt ist für mich die Tatsache, dass es sich um keine Livesendung handelt, sondern alles bereits vorher abgedreht und passend geschnitten worden ist. Dadurch verliert die Show an Natürlichkeit, Improvisation und den nötigen Überraschungsmomenten. Die Aura einer Livesendung ist vollkommen konträr zu einer aufgezeichneten Sendung und wenn beispielsweise „Schlag den Raab" nicht live ausgestrahlt werden würde, verlöre es einen Großteil seiner positiven Eigenschaften, wie es bei „Schlag den Star“ zu beobachten ist. Dadurch, dass RTL ihre Show aufgezeichnet hat, ist eine Nachbearbeitung möglich. Einzelne Überraschungen können direkt im Anschluss wiederholt werden, um sich an einfache lustige oder überraschende Momente regelrecht festzufahren und wenn es nur ein Nießen seitens Pochers ist. Auch nach jeder Werbeunterbrechung gibt es einen kurzen Zusammenschnitt, was bereits geschehen ist inklusive Zeitlupen und dramatischer Musik. An einer kurzen Rückschau ist nichts auszusetzen vor allem bei einem Medium, wo der Zuschauer bereits nach wenigen Minuten vergisst, was er gerade gesehen hat, aber diese Form und Überstrapazierung, wie sie RTL praktiziert, ist für mich nicht mehr tragbar.
Trotz der Grundidee lässt sich „Alle auf den Kleinen" nicht bedingt mit „Schlag den Raab" vergleichen, weil bei RTL nicht der Wettkampf, sondern nur die „Comedy-Unterhaltung" im Vordergrund steht. Die Moderation von Sonja Zietlow und die Interaktion mit Oliver Pocher fand ich sehr gelungen, obwohl nicht jeder Witz zündete. Der Kommentator müsste ein wenig eigenständiger werden und sich nicht zu sehr an Frank Buschmann orientieren.
Schlussendlich war die neue Show nicht schlecht und im Vergleich zu den meisten RTL-Formaten erträglich, was vor allem an dem Naturell Oliver Pochers liegt und dem Prinzip der Spiel- und Unterhaltungsshow. Wer allerdings nichts mit der „Medienhure" Pocher anfangen kann, sollte aber getrost erneut den Fernseher lieber auslassen.