Teil 1 des „bösen Arthouse-Pornos“ von Lars von Trier startet mit verregneten Hinterhofbildern und düsteren Rammstein-Klängen. Ein würdiger Einstieg für den Abschluss der Depressions-Trilogie. Doch Moment, was kommt denn dann? Zuerst einmal kein Porno im klassischen Sinne. Hier kommt kein braungebrannter Handwerker zur triebigen Trulla nach Hause, um ihren kaputten Fernseher zu reparieren. Hier gibt’s - der Thematik geschuldet - einfach Geschlechtsverkehr zu sehen - und zwar nicht auf die prüde amerikanische Art mit hochgezogener Hose. Wer macht denn auch sowas?
Schon irgendwie traurig und bezeichnend, dass man selbst heutzutage mit ein paar Penis-Großaufnahmen und dem vollzogenen Geschlechtsakt noch so eine Aufmerksamkeit erregen kann, während teils explizite Gewaltdarstellungen selbst in Mainstream-Blockbustern schon fast Normalität geworden sind. Tja, von Trier weiß halt, wie’s geht.
Neben der Rammel-Action kommt der Film recht konventionell daher, die einzelnen Episoden sind teils humorig, teils tieftraurig. Man weiß aber nie so genau, ob die von Joe erzählten Geschichten immer so ganz der Wahrheit entsprechen, oder ob sie vielleicht etwas abgeändert und ausgeschmückt hat. Aus welchen Gründen auch immer. Ebensowenig weiß man, wie der zuhörende Seilgman so tickt. Dementsprechend kam bei mir bis zum abrupten Ende trotz der ruhigen Erzählweise keine Langeweile auf. Eventuell tut die fast eine halbe Stunde gekürzte Kinofassung dem sogar Film gut. Ich werde mir trotzdem irgendwann mal die ungekürzte Version anschauen.
Bei den Darstellern stechen vor allem Uma Thurman und Christian Slater hervor, aber auch Stacy Martin überzeugt als junge Joe. Charlotte Gainsbourg und Stellan Skarsgard haben im ersten Teil noch nicht allzuviel zu tun.
Mich hat (die geraffte Version) von „Nymphomaniac Vol. 1“, trotz leichter Bedenken im Vorfeld, absolut überzeugt. Eigentlich nicht überraschend, konnte ich doch bisher mit jedem von Trier-Film etwas anfangen. Ich bin gespannt, ob der zweite Teil den guten Gesamteindruck aufrechterhalten oder sogar noch toppen kann.