Noah

Willy Wonka

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Noah


Es grenzt beinahe an ein Wunder, dass Hollywood sich dieser epischen Geschichte aus dem Buch aller Bücher – der Bibel – noch nicht für einen eigenständigen Spielfilm bedient hat, obwohl die Geschichte der Arche Noah doch alle Merkmale eines monumentalen Blockbusters bereit hält. Da ist zum einen der Mann, der über sich hinauswachsen muss, und zum anderen die Zerstörung der Welt durch eine gigantische Überschwemmung. Darüber hinaus gibt es allerhand Konflikte, die genug Potenzial für die Dramaturgie eines eigenständigen Films böten, sodass die Geschichte nicht nur als Randnotiz in der großen John-Huston-Verfilmung Die Bibel auftauchen müsste.

Dass aber nun Regisseur Darren Aronofsky, der seine Karriere mit kleinen, hochintelligenten Filmen wie Pi oder Requiem for a Dream begann und zuletzt mit dem Psychogramm einer Balletttänzerin in Black Swan die Geschichte von Schwanensee paraphrasierte, nun einen Beitrag zum Weltuntergangskino unserer Tage beiträgt, verwundert. Noch mehr verwundert, dass es sich nach seiner eigenen Aussage um ein Wunschprojekt handelt, das er bereits seit Jahren verwirklichen wollte.

Denn auf den ersten Blick unterscheidet sich Noah mit seinen spektakulären Bildern, dem Einsatz von vielen CGI-Effekten und der einfachen Narrative nicht sehr vom Gros der aktuellen Unterhaltungsfilme wie beispielsweise eines Roland Emmerichs. Aber wenn man den visuellen Exzess einmal ausblendet, wird die Charakterstudie eines Mannes deutlich. Denn Aronofsky weicht von der Bibelgeschichte ab, erweitert sie und interpretiert sie neu, denn Noah ist bei weitem nicht der strahlende Held, der die Erde nur von den sündhaften Menschen befreien möchte. Viel mehr widmet er sich seinem Auftrag so obsessiv, sodass er Züge eines Fundamentalisten trägt und selbst seine eigene Familie nicht mehr sicher vor ihm ist. Dieser innere Zwiespalt zwischen dem Auftrag Gottes, dem Wohl seiner Familie und dem Kampf gegen die sündhaften Menschen wird trotz der massiven Statur Russell Crowes glaubwürdig von ihm verkörpert und mit seinem erneuten Ausflug ins historische Genre beinahe schon als Charlton Heston unserer Tage bezeichnet werden könnte.

Schlussendlich werden Aronofsky-Jünger enttäuscht aus dem Kino gehen, da die Opulenz den Inhalt übersteigt und Aronofsky nur wenige stilistisch interessante Visualisierungen verwendet (u.a. Bezug zum Schattentheater, Flickerflilm-Ästhetik). Alle anderen können sich auf einen aufwendigen Monumentalfilm freuen, der interessante Facetten der klassischen Geschichte offenbart und in Bezug auf Charakterentwicklung vielen Vertretern dieses Genres überlegen ist.
 
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Tarantino1980

Screenplay
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AW: Noah

Endlich habe ich ihn nun auch gesehen. Zunächst einmal möchte ich sagen das mir Deine Kritik zu dem Film sehr zusagt. Du sprichst genau die Punkte an welche ich auch genau so angesprochen hätte, wenn es diese schöne Kritik nicht bereits geben würde.

Es grenzt beinahe an ein Wunder, dass Hollywood sich dieser epischen Geschichte aus dem Buch aller Bücher – der Bibel – noch nicht für einen eigenständigen Spielfilm bedient hat, obwohl die Geschichte der Arche Noah doch alle Merkmale eines monumentalen Blockbusters bereit hält.


Verstanden habe ich es auch nie warum es bisher zu dieser Thematik noch keinen Film gab, aber ich vermute einfach mal da hatte sich vor
Darren Aronofsky einfach niemand rangetraut weil zum einen, bei so einem Film etwas "monumentales" erwartet wird, aber zum anderen die Story, zumindestens nach meinem Kenntnisstand, eigentlich keinen Raum für epische Schlachten bietet, sondern "nur" eine große Flut, die man aber auch nicht so spektakulär inszinieren könnte, so das aus amerikanischer Sicht Wahrzeichen dadurch verwüstet bzw. zerstört werden. Ich schau mir dann und wann auch gerne diese typischen Katastrophen Filme an und gerade Roland Emerich´s The Day After Tomorrow gefällt mir in diesem Gerne sehr gut, jedoch ist es eben eine globale Katastrope welche in der aktuellen Zeit spielt, man kann also viel mehr "zerstören" und dies effektvoller darstellen. Vieleicht klingt das jetzt so als ob ich sowas vermissen würde, bzw. ich dies schlecht in Noah umgesetzt gefunden habe. Dem ist aber nicht so, ganz im Gegenteil. Ich wollte einfach nur eine mögliche Erklärung finden, warum diese Geschichte bisher offenbar noch nicht verfilmt worden war.

Dass aber nun Regisseur Darren Aronofsky, der seine Karriere mit kleinen, hochintelligenten Filmen wie Pi oder Requiem for a Dream begann und zuletzt mit dem Psychogramm einer Balletttänzerin in Black Swan die Geschichte von Schwanensee paraphrasierte, nun einen Beitrag zum Weltuntergangskino unserer Tage beiträgt, verwundert. Noch mehr verwundert, dass es sich nach seiner eigenen Aussage um ein Wunschprojekt handelt, das er bereits seit Jahren verwirklichen wollte.


Um ehrlich zu sein hatte mich das nicht verwundert das ausgerechnet
Darren Aronofsky sich diesem Projekt angenommen hat. Bereits mit The Fountain zeigte er, das er offenbar großes Interesse an spirituellen Themen besitzt. Natürlich darf man bei Noah keinen Film wie The Fountain erwarten, aber Ansätze bzw. Parallelen sehe ich da schon. Natürlich ist The Fountain einfach nur ein genialer und sehr bildgewaltiger Film. Das ist Aronofsky bei Noah nicht gelungen, jedoch behaupte ich einmal das dies auch garnicht seine Absicht bei diesem Projekt war.

Vielmehr wollte er....

Aber wenn man den visuellen Exzess einmal ausblendet, wird die Charakterstudie eines Mannes deutlich. Denn Aronofsky weicht von der Bibelgeschichte ab, erweitert sie und interpretiert sie neu, denn Noah ist bei weitem nicht der strahlende Held, der die Erde nur von den sündhaften Menschen befreien möchte. Viel mehr widmet er sich seinem Auftrag so obsessiv, sodass er Züge eines Fundamentalisten trägt und selbst seine eigene Familie nicht mehr sicher vor ihm ist.


....wahrscheinlich genau diesen, von Dir perfekt beschriebenen Aspekt, filmisch umsetzen. Man sieht es meiner Meinung nach bereits schon am Filmtitel. Ich glaube es ist kein Zufall das Aronofsky hier bewusst auf das Wort "Arche" im Titel verzichtet hat, um alleine da schon klarzustellen das es hier eher um die Person Noah geht. Und genau hier unterscheidet sich Aronofsky´s Beitrag von einem 08/15 Blockbuster. Ich bin mir sehr sicher in jeder anderen Verfilmung wäre Noah als strahlender Held dargestellt worden dessen Handlungen zu keinem Zeitpunkt des Filmes vom Zuschauer auch nur angezweifelt würden. Aber genau dies ist bei diesem Film anders. Ich denke den meisten Zuschauern ging es spätestens nach der Aussage Noahs, er würde falls das neugeborene Kind von
Ila ein Mädchen ist, dieses eigenhändig töten damit keine weiteren Kinder geboren werden können und sich somit die Menschheit nicht wieder in der neuen Welt ausbreiten kann, mehr als nur unsymphatisch bzw. man entwickelte einen richtigen Hass auf ihn. Das er dies aus tiefster Überzeugung tun wollte war klar, aber war es wirklich der Wille des Schöpfers oder nur die Interpretation von Noah?

Übrigens auch ein Aspekt auf den ich bei der Zweitsichtung auf Blu-ray sehr gespannt bin. Ob im O-Ton auch die Bezeichnung Creator verwendet worden ist, oder ob dies eine bewusste Entscheidung seitens der dt. Synchronisation war, eben nicht die Bezeichnung Gott zu benutzen um eventuellen Ärger mit der Kirche zu umgehen? Falls nämich auch im O-Ton die Bezeichnung Creator verwendet wurde, würde es meine Vermutung bzw. Wahrnehmung untermauern das Aronofsky hier bewusst auf die Bezeichnung God verzichtet hat, da er damit zum einen den Film für jede Glaubensrichtung offen erzählen wollte, aber auch weil er natürlich ihn auch etwas "fantasylastig" inszeniert hat. Ich bin jetzt nicht absolut Bibelfest und bin mir daher nicht sicher inwiefern es in der Geschichte um Noah und die Arche auch gefallene Engel vorkommen welche zur Bestrafung mit Stein überzogen worden sind. Natürlich kommen in der Bibel gefallene Engel vor, aber auch in dieser Geschichte? Ich glaube einfach genau hier bediente sich Aronofsyk eher einem Fantasy Element, damit man den Film einfach anders inszenieren kann und es zumindest, aus sicht von Fantasy Freunden, zu einer Schlachtszene kam. Ich kann verstehen warum Aronofsky diese Elemente mit eingebunden hat, aber ich bin ehrlich mich hätte es auch nicht gesört wenn sie komplett weg gewesen wären bzw. kleiner ausgefallen wären.

Eigentlich brachte für meinen Geschmack diese Passage nur zwei sehr wichtige Aspekte hinzu. Zum einen das durch diesen Storystrang Noahs mittlerer Sohn
Ham das Mädchen Na'el kennenlernte und eigentlich mit auf die Arche nehmen wollte und zum anderen natürlich die Person Tubal Cain, welche für mich in Vertretung für all das Böse, all das was auf der Erde falsch gelaufen ist, steht. Das Tubal Cain natürlich eine Gefolgschaft brauchte war klar und somit konnte man eben auch diese eine Schlacht mit in den Film einbinden, was er aber nicht gebraucht hätte. Anders ist es bei der Storyline rund um Ham und Na'el. Da Ham offenbar nur wenig jünger als Noahs ältester Sohn Shem ist, Shem aber in Ila schon eine Frau gefunden hat, ist Ham´s Wunsch nach einer Frau nur nachvollziehbar. Und genau hier zeigt Aronofsyk großen Mut, in dem er hier seinen Noah nicht das Mädchen retten lässt, sondern es von der Masse überrennen lässt, weil er eben nicht wollte das seine Kinder sich weiterhin vermehren. Zu diesem Zeitpunkt wusste er ja noch nicht das sein Großvater Methuselah seiner Ziehtochter Ila das Geschenk des Lebens zurückgeben hat und sie somit durchaus wieder schwanger werden konnte. Aus Sicht von Ham kann man also diesen "Hass" auf seinen Vater mehr als nur verstehen.

Schlussendlich werden Aronofsky-Jünger enttäuscht aus dem Kino gehen, da die Opulenz den Inhalt übersteigt und Aronofsky nur wenige stilistisch interessante Visualisierungen verwendet (u.a. Bezug zum Schattentheater, Flickerflilm-Ästhetik). Alle anderen können sich auf einen aufwendigen Monumentalfilm freuen, der interessante Facetten der klassischen Geschichte offenbart und in Bezug auf Charakterentwicklung vielen Vertretern dieses Genres überlegen ist.

Ich bin selbst ein sehr großer Daren Aronofsky Fan und bin nicht von dem Film enttäuscht worden. Zwar war es kein Meisterwerk wie The Fountain, Pi oder Black Swan, aber immer noch ein sehr guter Film der sich deutlich vom Mainstream abhebt, aber wahrscheinlich, wie Du es ja auch siehst, dennoch ein paar Mainstream Elemente bietet um den Film der breiten Masse etwas zugänglicher zu machen. Die CGI Effekte waren natürlich sehr gut, aber genau die beiden von Dir angesprochenen stilistischen Visualisierungen wie z.B. das Schattentheater bzw. die Flickerfilm-Ästhetik haben mich mehr in ihren Bann gezogen, als die sehr gut gemachten CGI Effekte. Wahrscheinlich liegt es daran, das man die CGI Effekte bei so einem Film erwartet und natürlich auch erwartet das sie gut sind. Aber gerade die Szenen mit dem Schattentheater hatte ich so nicht erwartet und das fand ich einfach nur genial. Mit dieser Einfachheit Dinge zu erzählen, den genau hier wären wahrscheinlich unter einem anderen Regisseur, opulente Rückblenden in der Geschichte gezeigt worden. Genau hier hätte man natürlich epische Schlachtszenen zeigen können. Daher bin ich froh das Aronofsky hier bewusst darauf verzichtet hat und sich für diese Variante entschieden hat.

Auch das Ende fand ich sehr gut, da es zum einen natürlich eine Art "Happy End" war, aber immerhin mit dem Beigeschmack das Ham seinem Vater nicht verzeihen konnte und sich von der Familie entfernt hat und Noah auch deutlich gezeichnet von diesem Weg war.

Also ich für meinen Teil freue mich jedenfalls jetzt schon sehr auf eine Zweitsichtung im Heimkino.

Wertung: 8.5/10
 
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deadlyfriend

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AW: Noah

Ich habe ihn soeben gesehen und bin völlig begeistert. Ich fand ihn sehr düster, der völlig fanatische Noah einfach der Wahnsinn. Ich hatte absolut nicht damit gerechnet, das der Film in diese Richtung gehen wird. Die Menschheit ist wunderbar vernichtenswert und viele visuelle Ideen haben mir extrem gut gefallen. Auch die Steinriesen und deren Geschichte haben mich sehr fasziniert. Für mich ein überragender Film, der mich über die komplette Spielzeit gefesselt hat!
 

Count Dooku

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Ich fand den Film auch großartig.
Interessant sind bei dem Film einige Reaktionen von meinen Kollegen. Die haben beide Vorbehalte gegenüber dem Film wegen der Elemente wie den Steinriesen und dem Kampf um die Arche weil sie nicht in der Vorlage drin sind. Einer hat diese Abweichungen damit verglichen, dass man Batman schließlich nicht auch in Rot rumlaufen lässt, was imo ein schwacher Vergleich ist (vor allem weil Batman in den 50ern/60ern wirklich mal in bunten Klamotten rumlief).
 

Vince

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Ist in der Tat ein seltsamer Vorwand. Eher schon sind die Steinriesen deswegen Müll, weil ihre extrem künstliche Darstellung dreist das Herr-der-Ringe-Publikum mitnehmen will, samt der dämlichen Prügel-die-Massen-weg-Szene... insgesamt für mich ein sehr mäßiger Film, zwar nicht vollständig misslungen, aber Aronofskys Schriftzug ist total verwaschen.
 

Despair

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Bei Verfilmungen religiös angehauchter Themen oder biblischer Stoffe bin ich immer etwas auf der Hut, zuviel Mist wurde da schon verbrochen. Man denke nur an Gibsons „Passion Christi“. Kaum kommt Gott ins Spiel, neigt die Menschheit dazu, sich selbst zu wichtig zu nehmen und die allgemeine Wahrheit gepachtet zu haben. Aronofskys Auslegung der Noah-Geschichte kommt glücklicherweise nicht ganz so plump daher, sondern liefert ein paar Denkanstöße zum großen Ganzen, zum Sinn des Lebens – zumindest im Rahmen ihrer Möglichkeiten als Fantasy-Action-Blockbuster. Die Fantasy-Anteile mit den Ents... ähm, Wächtern sind sicherlich Geschmacksache, aber wer hier von „historisch korrekt“ spricht, sitzt eh im falschen Film. Zudem gefällt die dreckig-rauhe Inszenierung. Sicherlich kein „Walhalla Rising“, aber auch weit entfernt von süß-kitischiger Walden-Fantasykost. Dazu passend ist Russel Crowe als Noah wahrlich kein Heiliger, sondern ein manisch anmutender Typ mit durchaus unsympathischen Seiten.

Insgesamt betrachtet ist „Noah“ recht unterhaltsam geraten. Fakt ist aber auch, dass mich sämtliche Charaktere seltsam kalt gelassen haben, während die Sintflut-Story im wahrsten Sinne des Wortes so vor sich hin plätschert. Popcorn-Unterhaltung auf gutem Niveau ist ja nix Schlimmes, aber von einem Darren Aronofsky erwarte ich eigentlich mehr.

6/10 Punkte
 

Frankie

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AW: Noah

Ich, bin ohne große Erwartung an den Film rangegangen, die Kritiken waren ja sehr unterschiedlich.


Insgesamt betrachtet ist „Noah“ recht unterhaltsam geraten. Fakt ist aber auch, dass mich sämtliche Charaktere seltsam kalt gelassen haben, während die Sintflut-Story im wahrsten Sinne des Wortes so vor sich hin plätschert.

Genauso seh ich das auch, Irgendwie war das alles langweilig. Die Steinriesen waren ne nette Idee, wirkten aber trotzdem völlig fehl am Platz. Stellenweise mutete das ganze wie ein "Familie Robinson gestrandet auf nen Fremden Planeten" an. Um dann noch ne schöne Massenschlacht zu zeigen......die man anderweitig schon besser gesehen hat. Naja, der Film dümpelte so vor sich hin und die Figuren haben mich allesamt kalt gelassen.


Da geh ich mit
 
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