Mara und der Feuerbringer

Despair

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Mara und der Feuerbringer


Die vierzehnjährige Mara ist ein normaler Teenager, vom Typ her eher Einzelgänger als Partytier. Sie wird von ihren Mitschülern wegen ihrer esoterisch angehauchten Mutter verspottet und neigt zum Tagträumen. Moment, die Sache mit den Tagträumen ist dann doch alles andere als normal, denn Mara landet regelmäßig in einer mythologisch anmutenden Welt mit hammerschwingenden, wikingerartigen Vollbartträgern - was so gar nicht den Standard-Träumereien einer Vierzehnjährigen zu entsprechen scheint...

Ein Fantasy-Abenteuer aus Deutschland? Da blitzt beim Hollywood-affinen Zuschauer ein dezenter Fluchtreflex auf. Und dann auch noch familientauglich? Als Disneykitsch-Verweigerer blickt man da noch skeptischer drein. Fans bluttriefender Dark Fantasy-Schlachtplatten haben wahrscheinlich bereits das Weite gesucht. Schade eigentlich, denn sie verpassen was.

Die Geschichte um Mara und den Feuerbringer ist sicherlich nicht die originellste. Neben unserer Realität existierende Welten kennt man aus Filmen, Romanen und Computerspielen in den unterschiedlichsten Ausprägungen zur Genüge. Auch den anstehenden Weltuntergang und den Retter wider Willen hatte man bereits das ein oder andere Mal auf dem Schirm. Immerhin haben Orks, Zwerge und Elfen Pause, denn Regisseur und Romanautor Tommy Krappweis pflügt durch die nordische und germanische Sagenwelt. Dementsprechend bekommt es Mara unter anderem mit Loki, Siegfried und einem Drach... Verzeihung, einem Lindwurm zu tun.

Die Besetzung, u. a. mit Christoph Maria Herbst, Jan Josef Liefers und Esther Schweins lässt vermuten, dass den Zuschauer kein bierernstes Fantasyepos erwartet. Wenn dann noch Oliver Kalkofe seine Stimme einem Zweig leiht (nein, nicht Mr. Zweig aus „South Park“), könnte man eine Klamauknummer á la „Siegfried“ befürchten. Nix gegen Tom Gerhardts Brachialhumor, aber „Mara und der Feuerbringer“ geht in eine ganz andere Richtung. Hier regiert der Wortwitz. Hauptsächlich abgefeuert von Hauptdarstellerin Lilian Prent, die zu jeder Situation einen trockenen Kommentar auf Lager hat. Dass ein Großteil der Pointen sitzt, dürfte beim Comedy-erfahrenen Herrn Krappweis nicht verwundern. Trotz durchgehend kindgerechtem Humor gibt’s genug witzige Anspielungen, die auf die Älteren abzielen und damit auch Erwachsenen einen unterhaltsamen Filmabend bescheren - bei mir kam fast ein wenig „Shrek“-Feeling auf. Was aber auch an gewissen Parallelen bei den Stimmen von der Eso-Mama und Prinzessin Fiona liegen könnte. Der Fantasy-Aspekt steht aber weit mehr im Vordergrund als das Reißen von möglichst vielen Witzen. Dass Humor und Fantasy sich nicht gegenseitig ausschließen müssen, wissen wir ja bereits seit Tolkiens „Der Hobbit“ oder Terry Pratchetts Scheibenwelt-Romanen.

Tricktechnisch gibt’s für eine deutsche Produktion mit dementsprechend geringen Budget nix zu meckern. Einen CGI-Overkill wie beim Hobbit darf man natürlich nicht erwarten (ich habe trotzdem einen Hobbit in der S-Bahn erspäht :D), Asylum-mäßige Peinlichkeiten bleiben einem zum Glück erspart. Schauspielerisch ist nach meinem Geschmack auch alles im grünen Bereich. Maras Teenie-Jargon wirkt nur in ganz wenigen Momenten etwas aufgesetzt, die meiste Zeit kommt sie sehr authentisch rüber. Da verzeiht man gerne ein paar klischeehaft wirkende Szenen.

Fazit: „Mara und der Feuerbringer“ ist ein gelungenes Fantasy-Abenteuer für alle Altersklassen. Auf amerikanische Blockbuster geeichte Zuschauer werden zwar garantiert was zu mäkeln haben (ist ja schließlich ein deutscher Film ;)), aber wenn man die Hollywood-Scheuklappen absetzt erkennt man, dass dieser Film etwas hat, was man selbst mit dem dicksten Budget nicht kaufen kann: Herz und Seele. Bei der Geschichte an sich mag noch etwas Luft nach oben sein, die filmische Umsetzung ist aber absolut gelungen.

8/10 Punkte
 
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Willy Wonka

Locationscout
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Den Film hatte ich überhaupt nicht auf den Schirm und konnte nur mit dem Titel entfernt etwas anfangen. Da du ja immer wieder auf die Beziehung zwischen Deutschland und dem Fantasy-Genre eingehst, wollte ich mal fragen, ob der Film irgendwie mit Wolfgang Petersens „Die unendliche Geschichte" vergleichbar ist? Meiner Erinnerung nach, ist dort zumindest kaum Humor vorhanden oder täusche ich mich?
 

Despair

Filmvisionaer
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Den Film hatte ich überhaupt nicht auf den Schirm und konnte nur mit dem Titel entfernt etwas anfangen.

Deswegen die Kritik. Wäre schade, wenn der Film total untergeht. Dann dürfte es nämlich nichts werden mit den zwei geplanten Fortsetzungen.

Da du ja immer wieder auf die Beziehung zwischen Deutschland und dem Fantasy-Genre eingehst, wollte ich mal fragen, ob der Film irgendwie mit Wolfgang Petersens „Die unendliche Geschichte" vergleichbar ist? Meiner Erinnerung nach, ist dort zumindest kaum Humor vorhanden oder täusche ich mich?

Puh, da fragst du mich was. Ist doch 'ne Weile her, dass ich "Die unendliche Geschichte" zuletzt gesehen habe...

Ich meine aber schon, dass der Film humorige Einlagen hatte. Aber eine andere Art von Humor. Mara haut flapsige Sprüche raus, die man in Fantasy-Filmen sonst eher selten hört. Was natürlich auf die Vermischung der realen mit der fantastischen Welt zurückzuführen ist. Da wird der Feuerbringer schonmal mit dem Endboss eines Computerspiels verglichen. :D
 

Count Dooku

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Hat der Film eine abgeschlossene Handlung oder war er als erster Teil einer Trilogie angelegt?
Hab von dem Film überhaupt nichts mitbekommen, wurde wohl an der Werbung gespart.
 

Despair

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Hat der Film eine abgeschlossene Handlung oder war er als erster Teil einer Trilogie angelegt?
Hab von dem Film überhaupt nichts mitbekommen, wurde wohl an der Werbung gespart.

Kann man wie einen abgeschlossenen Film gucken, ja. Fiese Cliffhanger habe ich nicht feststellen können. Die drei bereits erschienenen Romane habe ich leider nicht gelesen, ich kenne nur den Film. Die Verfilmungen der letzten beiden Bücher stehen aber wohl noch in den Sternen.
 
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