Jayne Eyre - Die Waise von Lowood
Durch das Meisterwerk „Rebecca“ von Alfred Hitchcock angespitzt, stöberte ich ein wenig in der Filmografie von Joan Fontaine und sah, dass sie tatsächlich ebenfalls einmal die Rolle der Jayne Eyre verkörperte. Immerhin einer der wichtigsten Romane der britischen Literaturgeschichte, der es auf insgesamt 24 Verfilmungen gebracht hat. Als im Cast noch zusätzlich Orson Welles auftauchte, war der Einkauf sofort abgeschlossen. Die Vorfreude wuchs immer mehr, da noch weitere Hitchcock Bezüge vorhanden waren. Bernard Herrman war beispielsweise für die Musik zuständig und Regisseur Robert Stevenson, der unter anderem mit „Mary Poppins“ Welterfolge verzeichnen konnte, war später auch Regisseur für die Fernsehreihe „Alfred Hitchcock presents“. Zudem hat der Roman von Charlotte Bronte natürlich auch Daphne du Maurier zu „Rebecca“ inspiriert.
Dennoch ging es mir hauptsächlich um die Verfilmung des Stoffes, der mir in anderen Varianten natürlich geläufig war. Der Gedanke Orson Welles als Rochester und Joan Fontaine als Jane Eyre zu sehen, hatte zwar bereits hohe Erwartungen ausgelöst, aber die wurden übertroffen. Die Vorgeschichte ist sehr traurig und einfühlsam dargestellt und zudem sieht man in einer wichtigen Nebenrolle Elizabeth Taylor als 11-jährige, die in den Credits keine Erwähnung fand. Wenn es denn in Richtung Thornfield Hall geht, wird der Film immer unheilvoller und düsterer. Ich liebe einfach diese alten Gemäuer in britischem Nebel verhüllt, weshalb der Film auch gerne mal, als Schauer-Romanze tituliert wird. Tatsächlich haben wir hier eine ganze Menge Einflüsse aus dem Gothic-Horror Bereich, die in fantastischen Aufnahmen der Schatten glänzen. Wenn man ein visuelles Faible für „Rebecca“ oder auch „Schloss des Schreckens“ besitzt, kommt man hier komplett auf seine Kosten. Wenn aus den Tiefen des Schlosses dann die Schreie durch die Nacht hallen, merkt man spätestens, wie stark hier die Genres vermischt wurden.
Trotzdem liegt der Fokus natürlich auf den Figuren und die sind brutal stark dargeboten. Orson Welles wechselnde Gestik und Mimik ist absolut perfekt und auch der Wechsel von Licht und Schatten auf seinem Gesicht einfach nur großartig. Joan Fontaine verkörpert hier in ähnlicher Form den Typus aus „Rebecca“, die allerdings, trotz pflichtbewusster Untergebenheit, einen stärkeren Willen besitzt und ihn auch deutlich zeigt, ohne dabei ungehörig zu erscheinen. Sehr schön nuanciert, was auch für Welles gilt. Für diese nicht ganz einfachen Charaktere, benötigt man eben auch ein Ensemble, welches verschiedene Facetten beherrscht und das ist hier vortrefflich gelungen.
Auch wenn ich die jüngeren Verfilmungen sehr schätze, habe ich hier wohl jetzt meine Lieblings-Variante des Stoffes gefunden.