I'm Not There

Vince

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Gesamtübersicht aller Kritiken zu I'm Not There:

#02 24.03.09 Vince
#09 07.07.18 Sam Spade
 
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Vince

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AW: I'm Not There

I'm Not There

Oft habe ich dagegen gewettert, dass Biopics, insbesondere jene über Musiker, immer nach dem gleichen Schema verfahren: Aufstieg, Fall, Läuterung. Jetzt macht es ein Biopic mal anders, wirft einen frischen, neuen Ansatz rein, indem in Godard-Optik und Analytik gleich mehrere Schauspieler dazu auserkoren sind, Bob Dylan zu spielen, darunter eine Frau und ein schwarzer Junge. Und trotzdem bin ich nicht zufrieden.

Vielleicht, weil die Person Dylan derart kryptisch aufgearbeitet wird, dass ich als Dylan-Unkundiger wie Ochs am Berg stehe und mich zum Beispiel frage, warum keine der Dylan-Figuren "Bob Dylan" genannt wird, sondern sie alle einen anderen Namen tragen. Wie die einzelnen Charaktere, die wohl unterschiedliche Lebensphasen und / oder unterschiedliche Seiten des Musikers verkörpern, miteinander in Zusammenhang stehen. Oder warum Dylan eigentlich "nicht da" ist. "I'm not there" ist in jedem Falle ein ausklammernder Film, der nicht jeden mit offenen Armen empfängt. Das muss er auch nicht, eine nachvollziehbare innere Logik sollte aber auch er bieten können. Wenn die Rädchen, die zum Ineinandergreifen und Funktionieren des Ganzen zum Teil in den Köpfen der Dylan-Experten verankert sind, ist "I'm not there" zumindest kein vollständiger Film.

5/10
 

Despair

Filmvisionaer
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AW: I'm Not There

http://www.ofdb.de/film/125252,I'm-Not-ThereOft habe ich dagegen gewettert, dass Biopics, insbesondere jene über Musiker, immer nach dem gleichen Schema verfahren: Aufstieg, Fall, Läuterung.

Du hast die andere Alternative vergessen: Aufstieg, Fall, Tod. ;)

Jetzt macht es ein Biopic mal anders, wirft einen frischen, neuen Ansatz rein, indem in Godard-Optik und Analytik gleich mehrere Schauspieler dazu auserkoren sind, Bob Dylan zu spielen, darunter eine Frau und ein schwarzer Junge. Und trotzdem bin ich nicht zufrieden.

Oha, das klingt nach derbstem Kunstkino. Sowas muss ich bei einem Biopic nicht wirklich haben, da mag ich es normalerweise eher klassisch ("Walk The Line", "The Rose"). Glücklicherweise bin ich kein Bob Dylan-Fan, also kann ich mir diesen Film getrost schenken.

Hast du dir schonmal "Last Days" angeschaut? Das Quasi-Biopic von Kurt Cobain wandelt auch auf neuen (ziemlich abgedrehten) Pfaden, hat mir aber gerade deswegen ausgesprochen gut gefallen.
 

Vince

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AW: I'm Not There

Du hast die andere Alternative vergessen: Aufstieg, Fall, Tod. ;)
Ja, wobei "Tod" ja nicht selten (eigentlich so gut wie immer) einhergeht mit "Läuterung" und damit nur eine Form von ihr ist. ;)

Oha, das klingt nach derbstem Kunstkino.
Jap, das ist volle Kanne Arthaus.

Hast du dir schonmal "Last Days" angeschaut? Das Quasi-Biopic von Kurt Cobain wandelt auch auf neuen (ziemlich abgedrehten) Pfaden, hat mir aber gerade deswegen ausgesprochen gut gefallen.

Nein, noch nicht gesehen, interessiert mich aber schon, da ich zu Cobain auch einen kleinen Bezug habe (hab halt als Knirps die ganze Veränderung der Musiklandschaft Anfang der 90er live auf MTV mitbekommen).

Okay, der ist auch von Van Sant, da darf man auch mal etwas Abweichen vom Standard erwarten.
 

Eclipsed

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AW: I'm Not There

Man sollte I'm Not There meiner Meinung nach auch nicht als Biopic betrachten. Leider ist es jedoch als solches vermarktet worden und hat somit bestimmt einige vor den Kopf gestoßen.
Der Film behandelt mit seinen verschiedenen Episoden und Charakteren eben nicht das Leben Bob Dylans sondern seine Alter Egos, musikalischen Facetten, Charakterzüge und Nebentätigkeiten.
Ich empfehle jedem, der den Film sehen möchte, zunächst mindestens den wikipedia Artikel über Dylan zu lesen. Evt. illuminiert dies die meisten Punkte der ansonsten sehr verqueren Story.
Für Dylan-Kenner ist der Film aber eine Offenbarung. Man sieht eben nicht das, was man schon hunderte Male in Biographien gelesen hat, sondern eine von diesen inspirierte, eigene Arthaus-Geschichte.
 

Vince

Filmstar
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AW: I'm Not There

Man sollte I'm Not There meiner Meinung nach auch nicht als Biopic betrachten. Leider ist es jedoch als solches vermarktet worden und hat somit bestimmt einige vor den Kopf gestoßen.
Das sind eh alles Schubladen, die wohl eher weniger von Bedeutung sind. Daran habe zumindest ich persönlich mich auch nicht gestoßen, im Gegenteil, vom Grundprinzip her habe ich es willkommen geheißen und war begeistert von der Idee, Dylan von verschiedenen Darstellern spielen zu lassen. Nur leider bietet der Film, wenn man als Zuschauer nicht selbst schon vorher geerntetes Wissen einbauen kann, nichts als isolierte Ellipsen, die sich runddrehen, ohne dass dabei etwas herauskäme.

Für Dylan-Kenner ist der Film aber eine Offenbarung.
Glaub ich sogar.
 

Travis

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AW: I'm Not There

Ich bin zwar Dylan-Fan, was seine Musik anbetrifft. Aber ich bin nicht unbedingt ein Biograf oder Intimus von Dylan, der sich mit den diversen Facetten beschäftigt hat, die hinter Dylan stehen. Das war mir für Musiker immer ein wenig zu zeitaufwändig, mich auch noch mit deren diversen Alter Egos zu beschäftigen. So gab es zu Beginn seiner Karriere den Country- und Protestsänger Dylan. Die Phase, als er noch "unplugged" sang und spielte, die mir bis heute noch immer die liebste ist. Dann entdeckte er irgendwann den elektrischen Strom in den späten 60er-Jahren für sich und lieferte auch dann noch exzellente Resultate ab, wenn auch dieser Umstieg damals von Dylan-Puristen mit Entsetzen aufgenommen wurde. Doch dann entdeckte der Jude Dylan Jesus für sich und dann kamen diverse "Halleluja"-Alben, die ich auch heute noch hasse. Die dazugehörigen Tourneen mit Gospelchor waren unerträglich. Mit der Zeit wandte sich Dylan von dieser Schiene wieder ab, kehrte in seine jüdische Heimat zurück und produzierte seit Ende der 90er-Jahre wieder ordentliche Alben, begonnen mit "Infidels", bei der er alte Traditionen mit neuen Strömungen zu kombinieren versuchte. Aber, wie eingangs erläutert, ist mir der Dylan, wie er bis cirka Mitte der 60er-Jahre spielte, bis heute der liebste Dylan.

Soweit mein Wissenstand zu Dylan. Was nun den Film anbetrifft, hat mir dieser aber auch nur phasenweise weitergeholfen. Der Film hat sich mir in vielen Phasen somit auch nicht wirklich erschlossen und am Ende saß ich vorm TV und fragte mich, was ich davon jetzt halten sollte. Je mehr die Frage sackte, desto größer wurde meine Verwirrung und letztendliche Ablehnung dieses filmischen Experimentes. Als ich mir die Frage stellte, ob ich mich da noch einmal durchquälen wollte, beantwortete ich diese Frage mit einem klaren "Nein!". Weshalb der Film auf einen Stapel von Filmen landete, über deren weitere Verwendung ich mir Gedanken machen werde, wenn ich die Kiste(n) in Jahren noch einmal durchsehen. Von daher würde ich dein 5/10 auch für mich gern als finale Konsequenz betrachten.
 

SAB

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AW: I'm Not There

Mich interessiert der Film weiterhin sehr! Auch wenn ich beim Erspähen des Threads eine weitaus höhere Wertung erwartet habe!
Vince' Kritik macht mich jetzt eigentlich noch neugieriger!:)
 

Sam Spade

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I'm Not There

All I can do is be me. Whoever that is. - Bob Dylan

Ja, wer ist dieser Mann? Bob Dylan, geboren am 24. Mai 1941 in Duluth, Minnesota, als Robert Allen Zimmermann.

Der Mann, der Anfang der 60er durch seine großartigen Songtexte die Folkszene aufwirbelte, danach die E-Gitarre in die Hand nahm, seine Texte damit verknüpfte, gleichzeitig seine Hardcore-Folk-Fans vergraulte und sich ausbuhen und als Judas beschimpfen lassen musste.

Der Mann, der nach einem mysteriösen Motorradunfall im Juli 1966 das Rock n Roll dasein und kräftezehrende Tourleben wieder ablegte um zurückgezogen weiterhin großartige Alben zu produzieren und sich seinem Familienleben zu widmen.

Der Mann, der Ende der 70er zum Christentum fand und drei religiöse Alben aufnahm um in den 80ern wieder zu weltlichen Themen zurückzukehren.

Der Mann, der Ende der 80er seine bis heute andauernde Neverending-Tour starte und bis Mitte der 90er bei Kritikern eher abgeschrieben wurde.

Der Mann, der 1997 mit einem großartigen Comeback-Album Kritiker und Fans begeisterte und 2001 für den Song "Things Have Changed" aus dem Film Wonderboys den Oscar bekam.

Der Mann, der seit Anfang der 2000er mit seinen Alben die Wurzeln der amerikanischen Musik auslotet und Kritiker und Fans gleichermaßen überzeugt.

Der Mann, der in letzten Jahren drei Alben herausbrachte, die sich dem Great American Songbook widmen und für die er Songs von Sinatra und Co. coverte.

Der Mann, der 2016 mit dem Literaturnobelpreis "für seine poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Songtradition" ausgezeichnet wurde.

Keine leichte Aufgabe für Todd Haynes - Regisseur und Drehbuchautor von "I'm Not There" - diese Frage - wer denn nun eigtl. Bob Dylan ist - zu beantworten und auf die Leinwand zu bringen. Denn Dylan ist unnahbar, gibt selten Interviews und hat ein ambivalentes Verhältnis zu seinen Fans.

Also wählte Haynes einen unkonventionellen Weg und versuchte erst gar nicht ein Biopic auf herkömmliche Weise zu erschaffen. Chronologisch erzählt? Vergiss es. Nur ein Darsteller für die Verkörperung Dylans? Nö. Im Grunde fällt selbst der Name "Bob Dylan" nicht einmal im ganzen Film. Haynes wählte 6 Darsteller, mit denen verschiedene Schaffensphasen aus Dylans Leben erzählt werden.

Marcus Carl Franklin verkörpert dabei den jungen Dylan, der sich auf eine Reise durch Amerika begibt um seinen Folk-Idol - Woody Guthrie - nachzueifern.

Christian Bale ist Jack Rollins, der die Folk-Phase und spätere Hinwendung zum Christenthum Dylans thematisiert.

Cate Blanchett ist Jude Quinn und behandelt den Abschnitt, als Dylan die E-Gitarre für sich entdeckte.

Richard Gere spielt den sich zur Ruhe gesetzten Billy the Kid (der nicht von Pat Garrett erschossen wurde), was den Dylan nach der aufreibenden Rock N Roll- und Tour-Phase Ende der 60er zeigen soll.

Heath Ledger ist der Filmstar Robbie Clark, der in den 70ern zwischen Ruhm und Familienleben wandelt und dessen Ehe zu zerbrechen droht.

Ben Wishaw kommt dabei zwischendurch immer wieder als Erzähler zum Einsatz. Dabei sitzt er stets auf einer Pressekonferenz und versucht seine Sichtweise darzulegen. Ähnlich wie Dylan Mitte der 60er, als er sich teils dümmlichen Fragen der Presse stellen musste.

So speziell schon teilweise die Darsteller bzw. die Darstellung der einzelnen Schaffensphasen präsentiert wird, so speziell sind diese auch filmisch umgesetzt. Zum Beispiel ist der Abschnitt mit Christian Bale im Stile einer Dokumentation aufgebaut, mit Interviews fiktiver Wegbegleiter etc. Cate Blanchetts Phase hingegen ist komplett in Schwarz-Weiss gehalten. So wie man eben jene Aufnahmen von damals auch heute zu Gesicht bekommt und kennt.

So bringt im Grunde jeder Abschnitt Besonderheiten mit sich und es gibt zahlreiche Anspielungen auf Inhalte verschiedener Dylan Songs und auf mehr oder weniger bekannte Geschichten bzw. Mythen. Generell ist der Interpretationsspielraum sehr hoch und bei jeder Sichtung entdeckt man etwas neues, eben so wie auch bei vielen Dylan-Songs.

Der Soundtrack ist - wie sollte es anders sein - natürlich essentiell. Entweder man hört original Songs von Dylan oder Cover-Versionen von anderen Künstlern. Grundsätzlich fügt er sich perfekt zu den Bildkompositionen mit ein.

Am Ende kann man die Frage stellen, ob es sich hier um eine richtig Biografie handelt, und ob der Film auch für Leute geeignet ist, die so bisher gar nichts mit Bob Dylan am Hut hatten. Ich glaube, dass Haynes hier einen interessanten und auch richtigen Weg gewählt hat um - so gut es geht - diese Persönlichkeit den Leuten näher zu bringen. Dies ist vor allem dank der verschiedenen Darsteller und Abschnitte wirklich gelungen.
Jemand der mit Dylan bisher gar nichts zu tun hat, könnte am Ende mit gemischten Gefühlen auf den Film zurückblicken. Man hat dann zwar die Möglichkeit, die Dinge komplett unbedarft zu interpretieren und kann versuchen sich daraus sein eigenes Bild zu skizzieren, jedoch glaube ich, dass der Film um einiges mehr bietet, wenn man sich schon mit diesem Musiker befasst hat und die Anspielungen und Details zuordnen kann.

Für mich als absoluter Bob Dylan Fan auf jedenfall ein großes Werk, welches ich immer wieder und regelmäßig sehr gerne einlege.

Und wer ist jetzt Bob Dylan?

Ich? Ich verändere mich im Laufe eines Tages. Ich wach als eine Person auf und schlafe zu 100% als jemand anderer ein. Die meiste Zeit weiß ich nicht wer ich bin.

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