Hotel

deadlyfriend

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Gesamtübersicht aller Kurzkritiken zu Hotel:

#02 09.07.08 deadlyfriend
 
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deadlyfriend

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AW: Hotel

Hotel

Angst vor dem Nichts

Irene nimmt hocherfreut eine Stelle in einem abgelegenen Waldhotel an. Aber schon bald merkt sie, das die Belegschaft nicht gerade herzliche Zeitgenossen sind, und sie nicht so richtig warm mit ihnen wird. Zusätzlich kann oder will ihr niemand Auskunft geben weshalb ihre Vorgängerin Eva auf mysteriöse Art und Weise spurlos verschwunden ist. Hat möglicherweise die ominöse Waldfrau, um die sich Legenden und Geschichten ranken, etwas damit zu tun?

Durch die mysteriöse Waldfrau denkt man schnell das man in der Nähe von „Blair Witch Project“ gelandet ist. Das einzige was aber davon stehen bleiben kann ist vielleicht das Wort Projekt. Denn mit nichts anderem hat man es bei diesem Kunstfilm zu tun. Die natürliche Herangehensweise an einen Thriller oder an einen Horrorfilm kann man sich getrost sparen da der Film absolut nicht den üblichen Sehgewohnheiten entspricht. Regisseurin Jessica Hausner kreiert hier einen ganz eigenartigen Versuch einen spannungsgeladenen Film zu erzeugen. Durch die äußerst wortkargen und kühl gehaltenen Dialoge kommt beim Zuschauer keine Freude auf weil man sich einfach genauso wenig wohl fühlt wie die Hauptprotagonistin. Durch seltsame Kamerafahrten wird nach dem Unwohlsein ein gewisses Unbehagen auf den Zuschauer losgelassen. Manchmal verharrt die Kamera sekundenlang auch wieder auf völlig harmlosen Gegenständen was innerhalb dieses Hotels unheimlich erscheint. Durch die Location, die Sets im allgemeinen und die Beleuchtung geht das Unbehagen in Beklemmung über. Spätestens wenn Irene durch die spärlich beleuchtenden Gänge wandert. Aber im Wald selbst schlägt die Beklemmung dann endgültig in Panik um.

So einen seltsamen Film habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Es ist völlig unbegreiflich wie ein Film diesen Spannungspegel erreichen kann obwohl einfach nichts passiert. Es gibt keinerlei Schockeffekte oder ähnliches. Die Handlung ist spärlich, es fließt kein Tropfen Blut aber trotzdem ist er fesselnd. Musik ist selten zu vernehmen und auch ansonsten ist der Film mehr als ruhig. Aber er schleicht sich langsam an das Nervenkostüm und packt zu. Das einzige Manko sind zwei Sequenzen in einer Diskothek die einen ein wenig aus der Beklemmung befreien.

Empfehlen kann ich den Film nicht, da er wahrscheinlich auf jeden völlig anders wirkt. Meine Freundin (absolut horrorerprobt) zumindest weigerte sich nach dem Film nach draußen zu gehen. 8,5 von 10 Punkten.
 

Despair

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AW: Hotel

Wirklich ein sehr seltsamer Film. "David Lynch goes Österreich" war mein erster Gedanke, aber das trifft's auch nicht genau. Das steril-düstere Ambiente hat mir gefallen, insgesamt war mir der Film aber etwas zu unspektakulär. Teilweise herrscht ja fast Stillstand in der Handlung. Enttäuscht war ich auch vom arg abrupten Ende, irgendwie fehlt da etwas. Werde ich mir höchstwahrscheinlich kein zweites Mal anschauen.

6/10 Punkte
 

Willy Wonka

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AW: Hotel

Ich habe den Film letzten Montag im Kino gesehen und ein Großteil des Publikums wird sich wohl auch gedacht haben, wann es denn mal bei diesem Film losgeht. Durch Filmfestivals bin ich mittlerweile erprobt bei dieser Art von Filmen. Man kann sie Kunstfilme nennen, aber das verschiebt den Film für mich zu sehr in eine bestimmte Ecke, die mit zu vielen Konnotationen verbunden sind. Persönlich sind es für mich sogenannte „Festival-Filme", weil sie in der Regel sehr viel auf Festivals laufen, dort auf ein interessiertes und sehr offenes Publikum treffen und darüber hinaus meist keinen großen Bekanntheitsgrad erreichen.

Dennoch will ich dem Film seine seltsame Art gar nicht absprechen, denn man merkt Regisseurin Jessica Hausner sehr genau an, wie sehr sie mit den Genre-Erwartungen spielt, aber diese beinahe gar nicht erfüllt. Nur eine traumartige Sequenz, als Irene im Wald etwas sieht und die Sequenz mit einem Schrei endet, wirkt ein wenig vertraut.

Ansonsten werden kleine Details (Gegenstände, kurze narrative Strenge) in den Fokus genommen und die ruhige Aura zelebriert. Die Disco-Sequenzen und auch die Feierei der anderen Hotel-Angestellten bilden (zusammen mit der Musik) dazu natürlich den extremen Kontrast. Bei der ländlichen Discothek musste ich direkt an Ulrich Seidls „Paradies: Hoffnung" denken, wo die Teenager ebenfalls aus ihrem gewohnten Umfeld „ausbrechen" und sich in der nahegelegenen Discothek amüsieren. Nur kam für mich bei Seidls Film mehr Spannung auf als bei Hausners „Hotel", obwohl „Paradies: Hoffnung" überhaupt nicht auf Spannung angelegt ist, sondern viel mehr als zynischen Kommentar verstanden werden will und demnach sehr humorvoll ausgefallen ist.

Ich habe kein Problem mit unerwarteten und offenen Enden, aber in diesem Fall war der Film einfach zu kurz. Ich hätte gerne noch länger Irene bei ihrer Arbeit und ihrer angedeuteten Paranoia (bzw. ihrem Leiden) beigewohnt. Der Film hätte weiterhin keine Antworten liefern müssen, sondern sich einfach noch mehr Zeit nehmen müssen, um eine dichte Atmosphäre aufzubauen. Freilich ein Kritikpunkt, den wohl die wenigsten Zuschauer nach der Sichtung dieses Films hervorbringen würden.

P.S. Die Szene, in der Irene in einem Hotelgang ins Dunkle geht, war fantastisch fotografiert, aber irgendwie wirkte es so, als wäre die Regisseurin selbst zu verliebt in diese Szene gewesen. Das war jedenfalls mein erster Gedanke und es würde auch die Wiederholung dieser Szene im Film und auch die Verwendung des Motivs für das Kinoplakat erklären.
 

deadlyfriend

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AW: Hotel

Dennoch will ich dem Film seine seltsame Art gar nicht absprechen, denn man merkt Regisseurin Jessica Hausner sehr genau an, wie sehr sie mit den Genre-Erwartungen spielt, aber diese beinahe gar nicht erfüllt.

Ein Umstand der mir sehr gut gefiel!

Ansonsten werden kleine Details (Gegenstände, kurze narrative Strenge) in den Fokus genommen und die ruhige Aura zelebriert.

Das gefiel mir ebenfalls. Man vermittelte beim Zuschauer das es jetzt etwas zu entdecken gibt, aber da war einfach nichts. Trotzdem hat man es geschafft beim Zuschauer Zweifel zu hinterlassen, ob man nicht doch etwas übersehen hat. Nur durch Bildsprache!


Ich habe kein Problem mit unerwarteten und offenen Enden, aber in diesem Fall war der Film einfach zu kurz. Ich hätte gerne noch länger Irene bei ihrer Arbeit und ihrer angedeuteten Paranoia (bzw. ihrem Leiden) beigewohnt. Der Film hätte weiterhin keine Antworten liefern müssen, sondern sich einfach noch mehr Zeit nehmen müssen, um eine dichte Atmosphäre aufzubauen. Freilich ein Kritikpunkt, den wohl die wenigsten Zuschauer nach der Sichtung dieses Films hervorbringen würden.

Ich fand es so wie es dargeboten war, völlig in Ordnung. Die Atmosphäre fand ich schon sehr dicht.

P.S. Die Szene, in der Irene in einem Hotelgang ins Dunkle geht, war fantastisch fotografiert, aber irgendwie wirkte es so, als wäre die Regisseurin selbst zu verliebt in diese Szene gewesen. Das war jedenfalls mein erster Gedanke und es würde auch die Wiederholung dieser Szene im Film und auch die Verwendung des Motivs für das Kinoplakat erklären.


Die Szenen finde ich auch einfach nur bärenstark. Interessant finde ich übrigens das ich den Film nur 1 x gesehen habe und das ist tatsächlich 5,5 Jahre her. Dennoch habe ich noch vieles davon im Kopf. Ich denke ich werde trotzdem demnächst eine Zweitsichtung vornehmen! Vielleicht schon kommende Woche.
 

Willy Wonka

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AW: Hotel

Ich fand es so wie es dargeboten war, völlig in Ordnung. Die Atmosphäre fand ich schon sehr dicht.

Vielleicht bin ich auch einfach nur durch Haneke verwöhnt, der es einfach wunderbar versteht eine Geschichte entschleunigt zu erzählen und dennoch eine enorme Intensität erreicht.

Interessant finde ich übrigens das ich den Film nur 1 x gesehen habe und das ist tatsächlich 5,5 Jahre her. Dennoch habe ich noch vieles davon im Kopf. Ich denke ich werde trotzdem demnächst eine Zweitsichtung vornehmen! Vielleicht schon kommende Woche.

Damit hat der Film eindeutig bei dir Eindruck hinterlassen. Ich bin auf deinen zweiten Eindruck gespannt.

Ich bin eigentlich ganz verwundert, dass mir die kurze Rezension in der „Cinema" zum damaligen Kinostart des Films noch gut in Erinnerung ist. Der Rezensent hat der Film sehr schlecht bewertet und genau diese Bewertung bliebt bei mir bis heute im Kopf, obwohl ich über die Jahre über hunderte Kritiken in der „Cinema“ gelesen habe und zwar von jedem noch so kleinen Film. Bevor wir den Film „Hotel" dann bei uns in der Programmreihe integriert haben, musste ich mich dann noch ein wenig über den Film im Internet informieren und die Kritiken vom „Film-Dienst“ oder bei Filmzentrale.com fallen dagegen äußerst positiv aus.
 
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