AW: Fear X
Fear X
Seit dem ungeklärten Tod seiner Frau zieht sich Kaufhaus-Wachmann Harry immer stärker aus seiner Umwelt zurück. Er verbringt jede freie Minute damit, die Überwachungsbänder des Parkhauses zu studieren, in dem seine Frau erschossen wurde. Akribisch untersucht er verdächtig wirkende Personen und versucht, Zusammenhänge herzustellen. Durch die Fragen der Polizei kommt Harry der Gedanke, dass seine Frau ein dunkles Geheimnis gehabt haben könnte. Und was hat es mit dem scheinbar leerstehenden Haus auf der anderen Straßenseite auf sich? Harry stattet der ominösen Behausung einen Besuch ab und findet ein Foto, das eine Frau mit einem kleinen Kind in einem Diner zeigt. Harry macht sich auf den Weg...
„Fear X“ ist ein echter Refn: die Kamerafahrten sind lang und ruhig, die musikalische Untermalung (in diesem Fall von Brian Eno) experimentell und die Darsteller eher wortkarg. Die langsame Erzählweise dürfte so manchen Zuschauer in den Wahnsinn treiben. Ebenso das Ende, auf das ich selbstverständlich hier nicht näher eingehe. Nur soviel: Es ist neu. Und ungewöhnlich. Der Einfluss eines gewissen Herrn Lynch ist zwar nicht zu leugnen, aber „Fear X“ wirkt irgendwie sachlicher, nüchterner, unaufgeregter. Auf seine berüchtigten Gewaltausbrüche verzichtet Refn hier komplett.
John Turturro leiht Wachmann Harry sein unverwechselbares Gesicht: leidend, in sich gekehrt, manisch fixiert; gleichzeitig aber auch stets ruhig und freundlich. Das erleichtert die Identifikation mit ihm, denn gerade die beiden letztgenannten Eigenschaften findet man sonst eher selten bei Refns Hauptcharakteren. Man ist immer auf seiner Seite, selbst wenn die Blicke in seinen Kopf zunehmend bedenklicher werden. Sein Antrieb bleibt jederzeit nachvollziehbar, während das Drumherum immer abstruser zu werden scheint. Eine hervorragende Leistung und der Beweis, dass Turturro auch als Hauptdarsteller eine Wucht ist.
Fazit: „Fear X“ ist ein audiovisueller Genuss und für Freunde des mysteriösen Krimis, die mit einer unkonventionellen Erzählweise klarkommen, eine Empfehlung wert. Obwohl nicht sonderlich kompliziert, ist „Fear X“ als einfache Feierabendberieselung aber eher nicht zu gebrauchen.
9/10 Punkte