Everything Everywhere All at Once
Ich glaube ich muss hier im Forum mal eine Lanze für dieses Werk brechen. Hier kam er meines Wissens bisher nicht wirklich gut weg, aber auch auf diversen Plattformen sieht man anhand der Bewertungen, dass der Film die Filmgemeinschaft offensichtlich spaltet. Ich kann es verstehen. Er ist schrill, laut, schnell, bunt, zuweilen überladen und ständig passiert irgendwas, und dabei erst recht nicht das was man erwartet. Er strotz vor jeder Menge, teilweise auch kurioser, Ideen. Ihn in eine Genre-Schublade stecken? Vergesst es.
Selbst den Inhalt hier wiedergeben, würde mir schwer fallen. Es geht um das Leben, um verschiedene Universen, Abzweigungen die wir nehmen und Entscheidungen die wir treffen, Familie, Zusammenhalt, und auch um die Steuererklärung. Dennoch ist alles aus meiner Sicht logisch und in sich stimmig aufgebaut. Es handelt sich nicht um Style over Substance auch wenn Style wirklich groß geschrieben wird. Sei es bei den beeindruckend choreografierten Kampfszenen oder auch wenn es tatsächlich mal ruhiger wird. Die Bilder die man sieht, haben es wirklich in sich und wenn der ein oder andere den Film mit einem Drogentrip vergleicht, dann ist das nichtmal wirklich übertrieben. Hin und wieder fragt man sich, wie man auf all diese Ideen kommt aber vor allem auch, wie man es bloß schafft sie auf die Leinwand zu zaubern. Aber genau das ist den den beiden Amerikanern, Daniel Kwan und Daniel Scheinert, gelungen. Die beiden, die ich bisher nicht kannte, führten Regie und schrieben das Drehbuch. Da ich mich im Vorfeld auch kaum über den Film informierte hatte, war mir nicht klar, dass es sich hier also tatsächlich um eine amerikanische Produktion handelt. Denn so fühlt er sich nicht an, und das liegt nicht nur an den zum Großteil asiatischstämmigen Darstellern, sondern an der ganzen Machart. Als jemand der zum Beispiel "Kung Fu Hustle" von Stepehen Chow liebt, fühlte ich mich hier sofort heimisch (und auch ein "Kung Fu Hustle" ist gegen "Everything Everywhere All at Once" beinahe als bodenständig zu bezeichnen). Der Soundtrack wurde dabei von Son Lux beigesteuert und untermalt sämtliche Szenen perfekt. Egal ob traurig, verrückt, episch. Der richtige Ton wird getroffen.
Die schon erwähnten Darsteller machen ihre Sache grandios, alle voran die Hauptdarstellerin Michelle Yeoh, die viele aus dem Bond-Streifen "Der Morgen stirbt nie" oder "Tiger and Dragon" kennen dürften. Ihre Wandlungsfähigkeit ist Oscar-Reif. Ebenfalls mit von der Partie ist Jonathan Ke Quan, den wir alle aus "Indiana Jones und der Tempel des Todes" als Shorty kennen, und dessen Mitwirken durchaus als Comeback angesehen werden kann, da er lange Zeit der Filmwelt den Rücken gekehrt hat. Zusätzlich sollte auch noch Jamie Lee Curtis genannt werden, die ich einfach nur dafür abfeiere, dass sie diesen Spaß mitgemacht hat.
Ich würde diesen Film auf jedenfall jedem ans Herz legen, der mal etwas anderes sehen möchte. Sicherlich werden nicht alle, wie anfangs erwähnt, damit was anfangen können. Dennoch hat er eine Chance verdient. In Zeiten in denen wir uns über sinnlose Remakes, Reboots oder sonstigen ideenlosen Kram aus Hollywood beschweren, sollten wir solche Werke zu schätzen wissen.