Etoile
Dario Argento dreht Suspiria mit Jennifer Connelly und vergießt dabei keinen Tropfen Blut? Unvorstellbar? Nein, auch wenn es nie passiert ist.
Dennoch weckte es gerade den Anschein, wodurch ich dem Film auch wiederum Unrecht tu, aber einen Aufhänger braucht man schließlich, um die verdiente Aufmerksamkeit für den Film zu gewinnen. Auch wenn es nicht so ist, darf man jetzt aber keineswegs abspringen, denn trotzdem ist „Etoile“ irgendwie ganz nah am Eingangssatz dran.
Claire reist von den USA nach Budapest, um sich an einer berühmten Ballettschule in Budapest vorzustellen. Irgendetwas ist aber seltsam an dieser Schule. Ein Geheimnis aus einer längst vergangenen Zeit umgibt es, welches sie schon recht bald in seinen Bann zieht. Glücklicherweise lernt sie kurz nach der Ankunft den jungen Jason kennen. Der steht auch schnell unter einem Bann, und zwar in dem von Claire, was in diesem Fall eher positiv gemeint ist. Schließlich handelt es sich eben um Jennifer Connelly, die fast genauso aussieht, als wenn sie lediglich die Schule aus Phenomena gewechselt hätte.
Wie Dario Argento seinerzeit bei Suspiria und eben Phenomena, lässt Peter Del Monte seine Protagonisten in eine düstere Märchenwelt gleiten. Nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch. Die Kulissen wirken wie bei „Opera“, wenn man beispielsweise das alte verlassene Theater heranzieht. Auch die Ausleuchtung erinnert komplett an einen Giallo in seiner Hochphase, oder eben wie an ein Argento-Märchen. Auch wenn man durch einen Geheimgang tiefer ins Gebäude eindringt, ist man durch die Bildgewalt an Suspiria erinnert. Dennoch bietet der Film genug Eigenständigkeit, um nicht als Klon oder Remake dazustehen. Neben einer fantastischen Jennifer Connelly, sind aber die Kulissen in Budapest die Hauptrolle. Die sind so wunderbar in Szene gesetzt, dass man auch hier wieder jedes Bild einrahmen könnte. Nicht zuletzt durch das Ballettthema, was hier fantastisch eingearbeitet wurde und fast schon dazu anregt den „Schwanensee“ zu besuchen. Denn auch diesmal ist Tschaikowskys Werk das zentrale Thema, wie auch im viel später entstandenen „Black Swan“ von Darren Aronofsky. Nicht ausgeschlossen, dass er diesen Film zuvor gesehen hat.
In ruhigen Bildern schwelgt der Film in der ehrwürdigen Vergangenheit des Theaters und reißt den Zuschauer tief mit hinein. In einer Art, dass man dort verweilen möchte auch wenn man weiß, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Immer perfekt untermalt durch die wundervolle Musik von Jürgen Knieper, der die Bilder wunderschön einbettet und geradezu umgarnt.
Fast noch geheimnisvoller sind die Gründe, warum der Film im Jahr 1989 komplett gescheitert ist. Für mich nicht begreiflich und anscheinend auch sonst für niemanden, der den Film gesehen hat. Aufmerksam darauf wurde ich tatsächlich erst durch ein Buch von Christian Keßler, das dem Giallo gewidmet ist. Titel: „Gelb wie die Nacht“. In diesem Buch beschreibt er auch Grenzgänger und war der Ansicht, dass dieser Film definitiv mehr Aufmerksamkeit benötigt. Das kann ich nur unterstreichen und kann ihm nur danken, dass ich diesen Film dadurch kennengelernt habe. Der Film ist seiner Zeit nicht mal in Italien gelaufen, obwohl es eigentlich ein italienischer Film ist. In Japan gab es mal eine VÖ als Laserdisc und inzwischen gibt es immerhin auch eine italienische und amerikanische Veröffentlichung. Qualität und Bekanntheitsgrad des Films stehen allerdings in keinem Verhältnis, denn der Film verdient es einfach gesehen zu werden. Ein vergessenes Kleinod aus einer längst vergangenen Zeit, was irgendwie auch den Film aus heutiger Sicht widerspiegelt.