Die nackten Vampire
Die Filme von Jean Rollin hinterlassen oftmals ein mit Fragezeichen übersätes Publikum. Irgendwie auch verständlich, nur wenn der Regisseur selbst in den einleitenden Worten auf der Blu Ray meint, dass „Die nackten Vampire“ ein seltsamer Film ist, kann man durchaus gespannt sein. Allerdings sehe ich den Film schon als ziemlich zugänglich an, was aber wahrscheinlich daran liegen wird, dass ich mich an seinen Inszenierungsstil gewöhnt habe.
Wir sehen zu Beginn eine handelsübliche Blutabnahme mit einer Spritze, statt mit scharfen Beißerchen. Allerdings wirken die Personen im Raum äußerst skurril, da alle vermummt sind. Sie entkommt aus dieser wenig Vertrauen erweckenden Praxis, aber die vermummten Gestalten folgen ihr. Auf der Flucht begegnet sie einem jungen Mann, der ihr hilft. Als sie dennoch in die Enge getrieben werden, wird die junge Frau erschossen. Ihr Helfer kann entkommen und beobachtet, wie ihre Leiche in eine seltsame Villa getragen wird. Diesen seltsamen Vorkommnissen versucht er nun auf den Grund zu gehen.
Wer nun nach dieser Einleitung glaubt, dass sich das doch nach einem konventionellen, aber spannenden Thriller anhört, hat noch keinen Film von Jean Rollin gesehen. In seinem zweiten Spielfilm, dem ersten in Farbe, zeigt er bereits deutlich das er eine völlig andere Art von Filmemacher ist. Er bleibt zwar bei der beschriebenen Handlung, nur werden die Ereignisse und Protagonisten immer seltsamer. Die Atmosphäre des Films ist einmal mehr sein Elixier. Geschaffen durch eine wirklich großartige Kameraarbeit und der traumhaft schönen Beleuchtung. Hier zeigt Rollin wieder klar was ihn interessiert und wo er seine Passion sieht. Dagegen gibt es dann aber auch wieder Szenen wie die Schießerei, die einfach dilettantisch aussieht. Anscheinend hat ihn dieses Szenario weniger interessiert. Seine weitere große Stärke ist der Einsatz der Randfiguren. Immer wieder sind leicht bekleidete Damen im Einsatz, die aber nie anrüchig wirken, die er aber einfach toll ins Bild setzt. Auch sein Zwillingsmotiv ist hier vorhanden und gerade diese Figuren sind aus seinen Filmen nicht wegzudenken, da sie ungemein viel, für dieses unwirkliche Gefühl beisteuern. Handlungstechnisch kann man dem Film ebenfalls sehr gut folgen, ohne dass er große Spannungsmomente setzt. Dies will er auch gar nicht. Man soll einfach ungestört zuschauen und nicht den Fokus auf falsche Dinge legen. Meine lobenden Worte, sollte man jetzt aber auch nicht auf die Goldwaage legen. Es gibt eine große Anzahl an Menschen, die seine Filme als untersten Schubladenmüll ansehen und wirklich überhaupt nichts damit anfangen können. Ist legitim! Kann man möglicherweise so sehen. Ich mag „Die nackten Vampire“ hingegen total gerne, aber würde ihn niemals empfehlen. Filme von Rollin brauchen Zeit, bevor man sich in ihnen zurechtfindet. Falls das überhaupt gelingt.