Die Nackte und der Kardinal
Italien im Jahr 1598. Beatrice Cenci, die Tochter des sehr wohlhabenden Francesco Cenci, bittet Ihren Bruder um Hilfe, da sie der Tyranei ihres Vaters entfliehen will und Zuflucht als Nonne in einem Kloster zu finden. Der Vater erfährt von diesem Plan und tut alles um dies zu verhindern.
Lucio Fulci verfilmte bereits im Jahr 1969 diesen wirklich beeindruckenden Film. Es ist die siebte Verfilmung dieses Stoffes, welcher auf dem Leben von
Beatrice Cenci beruht. Ich kenne die sechs weiteren Filme nicht, könnte mir aber vorstellen das keiner der anderen Filme so gut war. Bei der ersten Verfilmung aus dem Jahr 1908 handelt es sich um einen französichen Kurzfilm. Das es sich, bedingt durch das alter um einen Stummfilm handelt ist nur eine interessante Randnotiz, sollte aber jedem Filmfan bewusst sein wenn man auf das Entstehungsjahr schaut. Offenbar wollten die damalige italienische Filmindustrie dies nicht auf sich sitzen lassen und verfilmten bereits ein Jahr später eine weitere Adaption des Stoffes, allerdings auch nur als Kurzfilm. 1911, 1926 und 1941 folten die dritte,vierte und fünfte Verfilmung des Stoffes, alle wieder aus Italien. Inwiefern sich diese Filme unterscheiden kann ich nicht beurteilen, es gibt laut OFDb von keinem der ersten fünf Filmem keine VÖ für den Heimkinomarkt gibt. Eventuell gibt es hier noch in irgendwelchen Filmarchiven Filmrollen, was aber auch ungewiss ist, da wahrscheinlich keiner der Filme eine sehr hohe filmhistorische Relevanz hatte. Hier kann ich mich natürlich auch täuschen. Im Jahr 1956 gab es dann eine französisch/italienische Co-Produktion, welche zumindest in Deutschland 1959 im Kino lief. Weitere zehn Jahre später traute sich dann erneut
Lucio Fulci an diesen hoch brisanten Stoff heran, da es sich hierbei um eine wirklich sehr starke Kritik gegenüber der katholischen Kirche handelt.
Der Film zeigt, auf sehr beeindruckende Weise, wie facettenreich
Lucio Fulci als Regisseur war. Zu Unrecht wurde er auf seine Horror/Splatter Werke nur reduziert und selbst diese wurden von der breiten Masse nie als die tollen Meisterwerke angesehen, welche sie wirklich sind. Mit ein Grund warum
Die Nackte und der Kardinal in Deutschland zu unrecht so unbekannt ist, ist natürlich der völlig beknackte Titel der den Film einfach in ein ganz anderes Licht rückt und jeder, der sich nicht näher mit dem Film beschäftigt bzw. im Genre auskennt, wird ihn anhand des Titels mit Sicherheit als eine Schmuddelfilm abstempeln und ihm somit keine Chance geben. Ich bin selbst nur auf den Film aufmerksam geworden, weil ich mich eben mit
Lucio Fulci näher beschäftigt habe. Aber ich bin mir sehr sicher das dieser Film, wenn er bekannter wäre, bestimmt deutlich mehr Filmfans für sich begeistern könnte. Er ist ein reinrassiger Historienfilm, der sehr düster und real rüber kommt. Das Mittelalter wird hier sehr dreckig und hart dargestellt, ähnlich wie z.B. der Look in
Der Name der Rose. Hinzu kommt noch ein Stilmittel, welches 1969 mit Sicherheit noch nicht so weit verbreitet war wie es in späteren Filmen der Fall ist und erst recht nicht in einem Historienfilm häufig Anwendung fand. Die Rede ist von Rückblenden und somit wechseln in der Erzählstruktur. Fulci hat dieses Mittel sehr gut eingesetzt um so die Geschichte, fast schon wie einen Thriller/Kriminalfilm zu inszenieren, was ihn wirklcih sehr spannend macht. Noch hinzu kommen die wirklich phantastischen Kulissen und Sets, die toll und real wirken und weit weg von einigen "Kostümfilm/Historienschmonzetten" aus dieser Zeit sind. Es gibt ein paar Szenen die selbstredend sehr hart sind und die FSK Freigabe ab 18 Jahren auch aus heutiger Sicht noch rechtfertigen, aber die Szenen gehören einfach dazu um den gesamten Look zu untermalen und auch die Ernsthaftigkeit des Filmes zu zeigen. Sie sind hier also nicht Mittel zum Zweck um ein anderes Publikum auf den Film aufmerksam zu machen, sie gehören aus meiner Sicht einfach dazu. Lucio Fulci hat hier also einen wirklich guten Film zu einem sehr spannenden Thema verfilmt.
Der Cast war auch sehr gut gewählt. Ein junger
Tomas Milian und eine wunderschöne junge
Adrienne Larussa, welche beide eine sehr starke Darbietung boten verliehen den Film deutlich tiefe, konnten also die Handlung gut tragen und den Zuschauer an sich binden. Aber auch
Georges Wilson als tyranischer Vater war wirklich toll besetzt.
Die Nackte und der Kardinal ist also wirklich ein Film den ich auch gerne Leuten näher bringen will die sich für gute Historienfilme interessieren und auch nicht unbedingt einen faible für das Italo Genre haben müssen, da der Film, wenn man es nicht wüsste das es ein
Lucio Fulci Film ist, mit Sicherheit nicht er es wäre den man auf dem Regiestuhl erwartet hätte. Fans, welche viele Filme von ihm kennen, werden zwar seine Handschrift spüren, aber wer Fulci nur als "Splatterpapst" kennt, könnte natürlich etwas voreingenommen sein. Noch dazu in Verbindung mit dem blöden deutschen Titel. Die deutsche DVD vom Label NEW ist bildtechnisch wirklich gut und auch die deutsche Synchro ist gut. Also jeder Interessierte sollte auf die Jagd gehen.
Wertung:
8/10