Der Mann, der zuviel wusste

LivingDead

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Gesamtübersicht aller Kritiken zu Der Mann, der zuviel wusste (1934):

#09 06.06.2024 deadlyfriend

Gesamtübersicht aller Kritiken zu Der Mann, der zuviel wusste (1956):

#02 23.02.09 LivingDead
#04 05.07.11 Tarantino1980
 
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LivingDead

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Der Mann, der zuviel wusste


Klassischer Hitchcock, der zwar nicht zu seinen wirklich ganz großen Filmen gezählt werden kann, aber durch seinen behutsamen Storyaufbau und einigen genialen Sequenzen glänzen kann. Paradebeispiel ist die oft kopierte Kultszene rund um Bernard Herrmanns Auftritt in der Royal Albert Hall. In meinen Augen ist das immer noch eine verdammt gerissene Huldigung an Herrmanns Können. Hitchcock zeigt hier bewusst, wie Musik im Film funktioniert, und setzt die Musik als zentrales Element des Suspense ein. Nicht nur unterschwellig im Hintergrund, sondern als Haupt- und Angelpunkt von der die Spannung ausgeht.

Ansonsten glänzen eine emotional aufspielende Doris Day und ein wandlungsfähiger, von mir immer wieder gerne gesehener James Stewart, der hier die volle Bandbreite seines Könnens aufzeigen durfte.
Insgesamt ein witziger, dramatischer, und vor allem unterhaltsamer Thriller.

8/10
 

deadlyfriend

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AW: Der Mann, der zuviel wusste

Ja, der hat mir ebenso gut gefallen. Wie er die Musik in den Mittelpunkt stellt finde ich einfach großartig. Ich habe leider das Original noch nicht gesehen um es zu vergleichen aber das wird es wahrscheinlich schwer haben. Bei Doris Day freut es mich das sie mit diesem Film und auch Mitternachtsspitzen gezeigt hat, das sie mehr kann als nur ihre Paraderolle. James Stewart sehe ich sowieso sehr gerne.
 

Tarantino1980

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AW: Der Mann, der zuviel wusste

Der Mann, der zuviel wusste

Bei diesem Thriller aus dem Jahr 1956 handelt es sich um ein Remake des zuvor gedrehtem gleichnamigen Films, welcher im Jahr 1934 erschienen ist. Was allerdings an diesem Remake sehr außergewöhnlich ist, das sowohl das Original als auch das Remake vom gleichem Regisseur stammen nämlich von Alfred Hitchcock. Eine Art des Remakes bei dem man eigentlich nicht wirklich von einem klassischen Remake sprechen kann, da es sich um eine Weiterentwicklung des Filmes durch den selben Regisseur handelt.

Der Film fängt recht belanglos an und wirkt in den ersten Minuten definitiv nicht wie ein Thriller. Aber Hitchcock wäre nicht Hitchcock gewesen wenn er es nicht geschafft hätte diese Tatsache in kürzester Zeit zu ändern. Recht früh bekommt der Zuschauer bereits den Eindruck das gewisse Personen nicht das sind für die sie sich ausgeben. Man befindet sich recht schnell in einer schön verstrickten Story welche später noch größere Außmaße annehmen soll. Die Schauplätze sind wieder sehr gut gewählt, besonders die Szenen in London sind sehr beindruckend. Die komplette Sequenz in der Royal Albert Hall ist einfach phänomenal und sucht auch heute noch seines gleichen!

Erneut stand James Stewart vor Hitchcocks Kamera. Diesmal an seiner Seite die bezaubernde Doris Day welche in dem Film zeigte, das sie definitiv auch andere Rollen spielen konnte. Stewart spielt wieder einmal eine komplett andere Rolle als noch zuvor in Cocktail für eine Leiche und Das Fenster zum Hof und später in Vertigo. Wohl ein Grund aus dem Hitchcock so gerne mit ihm zusammengearbeitet hat war seine extreme Wandlungsfähigkeit und die Art wie er es schafft innerhalb der selben Rolle verschiedene Facetten seiner Figur zu verkörpern ohne das es unglaubwürdig wirkt. Er blieb dabei immer die Person dessen Charakter er spielte. In diesem Film spielte er einen Arzt der zwar zum Wohle seiner Familie sich in Gefahr begibt, ohne aber wie ein erfahrener Geheimagent oder ähnliches zu wirken. In heutigen Filmen ist es leider häufig der Fall das solche Figuren urplötzlich Fähigkeiten erlangen bzw. gegen ihre Widersacher so agieren als wenn sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht hätten. Aber gerade dies macht der Charakter von James Stewart nicht, was ich angenehm erfrischend empfinde.

Zwar ist Der Mann, der zuviel wusste nicht Hitchcocks bester Film, aber im Genre vergleich definitiv noch ein guter Thriller. Auch wenn er wahrscheinlich nur Hitchcock Fans gefallen wird, ist er definitiv einen Blick wert!

Wertung: 8/10
 

2moulins

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AW: Der Mann, der zuviel wusste

Wusste gar nicht, dass es auch eine Vorversion davon gab. Interessant!

Was in Euren Kritiken steht, sehe ich ganz genauso, brauche ich also nicht zu wiederholen. Das gilt auch für die Wertung: 8/10 :hoch:

Optisch war's dazu wieder eine wahre Freude, wie toll die BD auf der Leinwand aussieht! Strahlende Farben und sehr gute Qualität. Und gerade die Bilder in der Royal Albert Hall (inkl. Außenaufnahme derselben) sehen dabei fantastisch aus.

Was "Newcomer", die nicht mit alten Filmen groß geworden sind, beim Betrachten des Films wahrscheinlich stören wird, sind die auffälligen Hintergrundprojektionen, die es bei einigen Hitchcock-Filmen gibt, was natürlich der Entstehungszeit geschuldet ist. Aber so etwas kann natürlich - wenn man die heutigen technischen Möglichkeiten gewohnt ist - schon etwas die Stimmung trüben, weil man eben deutlich auf die Tatsache verwiesen wird, dass man es mit einem Schauspiel zu tun hat. Das muss man akzeptieren.
 

Tarantino1980

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AW: Der Mann, der zuviel wusste

Optisch war's dazu wieder eine wahre Freude, wie toll die BD auf der Leinwand aussieht! Strahlende Farben und sehr gute Qualität. Und gerade die Bilder in der Royal Albert Hall (inkl. Außenaufnahme derselben) sehen dabei fantastisch aus.

Leider konnte ich diesen Film bisher noch nicht auf BD sehen. Aber diese Aussagen machen mich jetzt wirklich sehr neugierig und sind auf jeden Fall geistig notiert ;). Danke dafür :hoch:

Was "Newcomer", die nicht mit alten Filmen groß geworden sind, beim Betrachten des Films wahrscheinlich stören wird, sind die auffälligen Hintergrundprojektionen, die es bei einigen Hitchcock-Filmen gibt, was natürlich der Entstehungszeit geschuldet ist. Aber so etwas kann natürlich - wenn man die heutigen technischen Möglichkeiten gewohnt ist - schon etwas die Stimmung trüben, weil man eben deutlich auf die Tatsache verwiesen wird, dass man es mit einem Schauspiel zu tun hat. Das muss man akzeptieren.

Diese Hintergrundprojektionen gibt es natürlich in unzähligen Filmen aus dieser Zeitepoche, aber mich persönlich stört es nicht, weil es zum einen, wie Du ja auch bereits erwähnt hast, das es damals nun mal stand der Technik war und auch eine gute Möglichkeit für Produktionen, halt mit einem kleinen Aufwand solche Szenen zu produzieren. So musste man nur mit einem kleinen Außenteam entsprechend zu den Außensetzs reisen um die Szenen auf Film zu bannen und musste nicht auch die gesamte Crew inkl. der Darsteller mitnehmen. Man konnte bequem dann diese Szenen innerhalb des Studios mit den Darstellern dann "verheiraten". Aus heutige Sicht natürlich ein sehr fragwürdiges verfahren weil man natürlich anderes gewohnt ist, aber ich finde es auch immer wieder einen schönen nostalgischen Blickwinkel auf die Entstehungszeit des Filmes. Mich stören also solche Details nicht und gerade wenn man viele Filme aus solchen Zeitepochen sich anschaut fällt es irgendwann auch garnicht mehr auf.

Genauso sieht es mit, aus heutiger Sicht, ganz normalen technischen Begleitern aus. Damals gab es noch kein Internet, kein Smartphone und auch keine eMail. In heutigen Filmen gibt es glaube ich keinen Thriller in dem nicht einer dieser drei aufgfeführten Errungenschaften auftauchen. In damaligen Filmen ging man, wenn man etwas recherchieren musste in das Stadtarchiv oder eine Bücherei, wenn eine Nachricht dringend verschickt werden sollte wurde sie telegraphiert und wenn man von unterwegs jemanden anrufen wollte/musste, wurde die nächste Telefonzelle aufgesucht und der jenige wurde von dort angerufen, inkl. der Benutzung des Telefonbuches, weil man ja die Nummer dieser Person meistens dann ja auch nicht kannte. All dies sind natürlich Stilmittel welche in Filmen aus den 60ern und 70ern sehr stark noch auftreten, stellenweise ja sogar in die Story mit eingebaut wurden um die Ermittlung z.B. darzustellen. In der heutigen Zeit werden sie meistens nur beiläufig, wenn überhaupt noch so erwähnt, eben weil der Zuschauer wahrscheinlich sich auch garnicht mehr die Frage stellt woher der Hauptdarsteller nun diese oder jenige Information hat. Man kennt ja die Möglichkeiten der Technik und weiß wie schnell man Dinge ergoogeln kann, auch von unterwegs ;).

Daher fällt es wahrscheinlich vielen schwierig sich auf "ältere" Filme einzulassen, eben weil die Sehgewohnheiten sich sehr stark verändert haben und Dinge damals im Fokus waren, die heutzutage gar keine Rolle mehr spielen bzw. als selbstverständlich angesehen werden. Ich persönlich, auch wenn ich sehr technikbegeistert bin, mag das bei älteren Filmen sehr. Sie erhalten dadurch einen ganz speziellen Charme den ich sehr mag!
 

2moulins

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Diese Hintergrundprojektionen gibt es natürlich in unzähligen Filmen aus dieser Zeitepoche, aber mich persönlich stört es nicht, weil es zum einen, wie Du ja auch bereits erwähnt hast, das es damals nun mal stand der Technik war und auch eine gute Möglichkeit für Produktionen, halt mit einem kleinen Aufwand solche Szenen zu produzieren. So musste man nur mit einem kleinen Außenteam entsprechend zu den Außensetzs reisen um die Szenen auf Film zu bannen und musste nicht auch die gesamte Crew inkl. der Darsteller mitnehmen.

Mich persönlich stört das auch nicht, weil ich es eben so aus alten Filmen kenne. Ich kann mir aber vorstellen, dass es junge Visionäre gibt, die das anders sehen. Schön, dass Du ein Feeling für so etwas hast und es zu schätzen weißt.

Was den geringeren Aufwand anbelangt, fragte ich mich allerdings schon öfters, ob sich das wirklich so deutlich bemerkbar macht (muss es aber wohl). Ich achtete z.B. besonders darauf, ob bei Außenaufnahmen ohne Hintergrundprojektion mit den Darstellern gedreht wurde oder mit Doubles. So gibt es im vorliegenden Fall z.B. Szenen, in denen James Stewart und Doris Day mit einer Kutsche in Marrakech zum Hotel fahren. Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht sicher bin, ob's die Darsteller waren. Nur falls sie's waren, liegt halt die Frage nahe, ob man nicht auch andere Außendrehs mit ihnen hätte machen können. Muss mal googlen, ob ich dazu etwas finde.

Damals gab es noch kein Internet, kein Smartphone und auch keine eMail. .... In damaligen Filmen ging man, wenn man etwas recherchieren musste in das Stadtarchiv oder eine Bücherei, wenn eine Nachricht dringend verschickt werden sollte wurde sie telegraphiert und wenn man von unterwegs jemanden anrufen wollte/musste, wurde die nächste Telefonzelle aufgesucht und der jenige wurde von dort angerufen, inkl. der Benutzung des Telefonbuches, weil man ja die Nummer dieser Person meistens dann ja auch nicht kannte. ......
..... mag das bei älteren Filmen sehr. Sie erhalten dadurch einen ganz speziellen Charme den ich sehr mag!

Auch hier stimme ich zu. :)

Interessant finde ich übrigens, dass "Que sera, sera" eigens für diesen Film komponiert wurde. Wusste ich bislang auch noch nicht.

Die Masterpiece-Collection der Hitchcock-Filme wird zunehmend eines meiner Lieblingsobjekte meiner Sammlung :hoch: bzw. ist auf dem Weg das Lieblingsobjekt zu werden.:bart:
 

TaiFei

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AW: Der Mann, der zuviel wusste

Der Mann, der zuviel wusste

Erneut stand James Stewart vor Hitchcocks Kamera. Diesmal an seiner Seite die bezaubernde Doris Day welche in dem Film zeigte, das sie definitiv auch andere Rollen spielen kann und schön singen kann. Stewart spielt wieder einmal eine komplett andere Rolle als noch zuvor in Cocktail für eine Leiche und Das Fenster zum Hof und später in Vertigo.

Kann man so nicht sagen. Stewarts Rolle in Fenster zum Hof, Vertigo und diesem Film ist sogar sehr ähnlich. In diesen Filmen ist sein Charakter immer in der Defensive und wird von starken weiblichen Charakteren getrieben und dominiert. Das war von Hitchcock durchaus auch so beabsichtigt und Stewart als perfekter Darsteller des Herrn Jedermann von Nebenan passte da gut ins Konzept. Die Darstellung eher schwacher und getriebener, männlicher Charktere zieht sich eigentlich auch wie ein roter Faden durch Hitchcocks Lebenswerk.

Dieser Film ist übrigens der Einzig in dem mir uneingeschränkt Doris Day gefällt. In den meisten ihrer Filme vermittelt sie mir ein viel zu reaktionäres Frauenbild. Leider verfiel der Film ab den 50ern ja immer mehr dazu. Die großartigen weiblichen Charaktere der klassischen Film Noir - Ära hatten ausgedient und altbackene, spießbürgerliche Klischees gewannen wieder die Oberhand.
 

deadlyfriend

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Der Mann, der zuviel wusste

Familie Lawrence macht Urlaub in St. Moritz (Dort, wo die Hitchocks ihre Flitterwochen verbrachten) und freunden sich mit Louis Bernard an. Ein sehr freundlicher Herr, der nur leider kurze Zeit später erschossen wird. Im Sterben liegend kann er ihnen aber noch seltsame, aber wichtige Nachrichten mitteilen. So wichtig, dass man die kleine Tochter entführt und ihnen zu verstehen gibt, dass sie sie niemals wiedersehen werden, sofern sie irgendjemanden informieren.

Durch eine glückliche Fügung trat erneut Michael Balcon in das Leben von Alfred Hitchcock. Dieser lotste ihn zu „Gaumont British“, wo er gleich einen Vertrag über 5 Filme unterschrieb. Den Beginn machte „The man who knew too much“ und der hatte es direkt in sich und wurde zu einem großen Erfolg. Hitchcock war wieder in seinem Metier des Thrillers angekommen und schüttelte die letzten Theater-Adaptionen von sich ab, was man dem Film irgendwie anmerkte.

Zudem bekam er mit Peter Lorre, aus dem göttlichen „M“ von Fritz Lang, seinen Wunschdarsteller. Dieser liefert mit seinem Charisma einen hervorragenden Bösewicht, der zugleich einen gebildeten Gentleman, aber auch einen eiskalten Killer darbieten konnte und Hitchcock baute dazu einen richtig starken Rahmen. Die komplette Sequenz beim Zahnarzt beispielsweise, ist genauso spannend wie humorvoll und man hat hier die perfekte Dosierung getroffen. Der eigentliche Mordplan ist zusätzlich grandios geschrieben und liefert große Spannungsmomente ab. Ebenso das Finale, welches bereits zu Beginn kongenial angedeutet wird, hinterlässt einfach einen zufriedenen Gesichtsausdruck. Es gibt zwar auch Phasen, die noch nicht ganz so stark sind, aber insgesamt betrachtet, ist der neuerliche Start der Zusammenarbeit definitiv gelungen.
 
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Der Mann, der zuviel wusste
Durch eine glückliche Fügung trat erneut Michael Balcon in das Leben von Alfred Hitchcock. Dieser lotste ihn zu „Gaumont British“, wo er gleich einen Vertrag über 5 Filme unterschrieb.
In der Tat eine wirklich tolle Fügung des Schicksals. Wer weiß was aus Hitchcock geworden wäre, hätte er dieses Angebot nicht bekommen da kommerziell seine Filme zuvor ja offenbar nicht mehr so wirklich überzeugen konnten. Im gesamten Kontext finde ich viele davon auch gut, aber ich könnte mir schon vorstellen wenn man z.B. so einen tollen Film wie Blackmail im Kino gesehen hätte und dann als nächstes "neuen" Hitchcock Juno & The Paycock, da wäre meine Enttäuschung sehr groß gewesen. Noch dazu, da man ja nicht wusste das es danach wieder besser wird.

Den Beginn machte „The man who knew too much“ und der hatte es direkt in sich und wurde zu einem großen Erfolg. Hitchcock war wieder in seinem Metier des Thrillers angekommen und schüttelte die letzten Theater-Adaptionen von sich ab, was man dem Film irgendwie anmerkte.
Ich war von Anfang an Feuer und Flamme bei dem Film. Auch wenn ich natürlich, bedingt durch das Remake, welches ich schon kenne, die Grundstory schon kannte, fand ich alleine schon die Szenen in der Schweiz einfach nur göttlich!

Die Sequenz auf der Ski Piste, aber dann auch der Wortwitz zwischen Jill, Bob und Louis fand ich einfach nur köstlich. Und dann die Idee von Hitchcock mit dem gestrickten Pulli der aufgedröselt wird und die halbe Tanzfläche einwickelt ein sehr kindlicher Streich der eigentlich garnicht zu einem Film der sich an ein erwachsenen Publikum richtet, aber so natürlich wirkt das er weder deplatziert noch zu albern wirkt. Einfach sehr amüsant.

Auch stark fand ich dann das eigentliche Attentat auf Louis wie man nur anhand es Schusses und dem Loch in der Scheibe mitbekommt das was passiert ist und der Zuschauer, genauso wie Louis selbst, erst einmal realisieren muss was dort eigentlich wirklich passiert ist. Das fand ich wirklich grandios!

Zudem bekam er mit Peter Lorre, aus dem göttlichen „M“ von Fritz Lang, seinen Wunschdarsteller. Dieser liefert mit seinem Charisma einen hervorragenden Bösewicht, der zugleich einen gebildeten Gentleman, aber auch einen eiskalten Killer darbieten konnte und Hitchcock baute dazu einen richtig starken Rahmen.
Peter Lorre war eine göttliche Fügung. Er spielt die Rolle so perfekt. Genau diese Mischung aus Gentleman, eiskalten Killer aber denoch sehr bedacht, nicht kopflos einfach nur irgendwelche Aktionen durchzuführen. Im Prinzip der perfekte Bond Bösewicht! Da hat er mich tatsächlich am meisten dran erinnert, ohne das es diese Blaupause zu dem Zeitpunkt des Filmes überhaupt schon gab!

In dem Zusammenhang hab mich die komplette Sequenz in der Kirche auch sehr begeistert. Das war aus meiner Sicht das erste Mal bei Hitchcock, das wir eine sehr dynamische Action Szene zu Gesicht bekamen, also wo Bob wild mit Stühlen um sich geworfen hat um die Angreifer auf Distanz zu halten. Ich kann mir vorstellen das diese Szene auch auf große Verwunderung beim Kinopublikum gestoßen ist, weil solch eine "Massen-Prügel-Szene" war sicherlich 1934 noch eine Rarität.

Auch der gesantliche Austausch zwischen Bob und Clive fand ich auch lustig!

Die komplette Sequenz beim Zahnarzt beispielsweise, ist genauso spannend wie humorvoll und man hat hier die perfekte Dosierung getroffen.
Auch diese Sequenz hat mir extrem gut gefallen. Auch hier hatte es wieder etwas spionage haftes an sich wie Bob reagieren musste um an Informationen zu gelangen und nicht erkannt zu werden.

Der eigentliche Mordplan ist zusätzlich grandios geschrieben und liefert große Spannungsmomente ab.
Gerade im Hinblick das die Royal Albert Hall bereits bei The Ring einen wichtigen Aspekt einnahm, hatte mir hier auch wieder ein breites Lächeln ins Gesicht gezaubert als diese, wenn auch nicht zu einem Boxkampf sondern einem klassischen Konzert, erneut sehr prominent in einem Hitchcock Film paltziert wurde. Im übrigen noch ein wichtiger Aspekt warum Hitchcock Waltzes from Vienna unbedingt zuvor drehen musste, da er daraus bestimmt Erfahrungswerte sammeln konnte ein großes Orchester in einem Tonfilm zu platzieren und es gut klingen zu lassen.
Ebenso das Finale, welches bereits zu Beginn kongenial angedeutet wird, hinterlässt einfach einen zufriedenen Gesichtsausdruck.
Ich vermute einmal Du spielst hier auf die Szene an in der Jill den finalen Treffer erziehlt, also jenen den sich der Polizist nicht zutraute? Auf jeden Fall ein toller Bogenschlag zu dem Anfang des Films.

Interssant fand ich auch wie hier Hitchcock erneut wieder etwas an der Zensur vorbeigeschmuggelt hat, weil zu dem Zeitpunkt die englische Polizei keine Waffen tragen durfte. Der Vorschlag war hier ja das hier Wassersschläuche zum Einsatz kommen sollten, was die Szene aber bei weitem nicht so interssant hätte werden lassen udn erst recht nicht noch immer so imposant erstrahlen ließe, da spätestens ein paar Jahrzente später es sehr merkwürdig hätte ausgesehen wenn die Polizei versucht hätte schwer bewaffnete Gangster mit Wasserschläuchen zur Niederlegung ihrer Waffen zu zwingen. Da war Hitchcocks Kompromiss das zuerst nur antike Waffen und später dann die Gewehrliefreung aus dem LKW herraus verteil wurde deutlich besser.

Welche VÖ hattest Du hier gesehen? Ich hatte mir die deutsche Blu-ray angeschaut. Das Bild war super, nur die Zwangsuntertitel haben mich gestört. Wie bereits erwähnt brauche ich bei dem schönen britischen Englisch keine Untertitel und dann nerven sie mich eher. Daher überlege ich hier, mir noch, falls ich sie mal zu einem vernünftigen Kurs finde mir noch die UK Scheibe zu kaufen, den dieser Film wird definitiv nicht das letzte Mal im Player gewesen sein. Wirklich ein sehr genialer Film von ihm, der für mich nahezu perfekt ist.
 

deadlyfriend

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In der Tat eine wirklich tolle Fügung des Schicksals. Wer weiß was aus Hitchcock geworden wäre, hätte er dieses Angebot nicht bekommen da kommerziell seine Filme zuvor ja offenbar nicht mehr so wirklich überzeugen konnten. Im gesamten Kontext finde ich viele davon auch gut, aber ich könnte mir schon vorstellen wenn man z.B. so einen tollen Film wie Blackmail im Kino gesehen hätte und dann als nächstes "neuen" Hitchcock Juno & The Paycock, da wäre meine Enttäuschung sehr groß gewesen. Noch dazu, da man ja nicht wusste das es danach wieder besser wird.
Diese Fügung war möglicherweise wirklich ganz entscheidend, da er dadurch auch "Die 39 Stufen" machen konnte und der für mich schon einen wegweisenden Charakter besitzt.
Ich war von Anfang an Feuer und Flamme bei dem Film. Auch wenn ich natürlich, bedingt durch das Remake, welches ich schon kenne, die Grundstory schon kannte, fand ich alleine schon die Szenen in der Schweiz einfach nur göttlich!
Ja, man ist bei dem Film sofort mittendrin und fühlt sich wohl.
Die Sequenz auf der Ski Piste, aber dann auch der Wortwitz zwischen Jill, Bob und Louis fand ich einfach nur köstlich. Und dann die Idee von Hitchcock mit dem gestrickten Pulli der aufgedröselt wird und die halbe Tanzfläche einwickelt ein sehr kindlicher Streich der eigentlich garnicht zu einem Film der sich an ein erwachsenen Publikum richtet, aber so natürlich wirkt das er weder deplatziert noch zu albern wirkt. Einfach sehr amüsant.
Eigentlich platt, aber hier köstlich inszeniert und trägt eben zu diesem Wohlfühl-Effekt bei, die der Film besitzt.
Auch stark fand ich dann das eigentliche Attentat auf Louis wie man nur anhand es Schusses und dem Loch in der Scheibe mitbekommt das was passiert ist und der Zuschauer, genauso wie Louis selbst, erst einmal realisieren muss was dort eigentlich wirklich passiert ist. Das fand ich wirklich grandios!
Das war mega! Auch sehr gut gespielt, weil er gar nicht erst kapiert, das er gleich sterben wird.
Peter Lorre war eine göttliche Fügung. Er spielt die Rolle so perfekt. Genau diese Mischung aus Gentleman, eiskalten Killer aber denoch sehr bedacht, nicht kopflos einfach nur irgendwelche Aktionen durchzuführen. Im Prinzip der perfekte Bond Bösewicht! Da hat er mich tatsächlich am meisten dran erinnert, ohne das es diese Blaupause zu dem Zeitpunkt des Filmes überhaupt schon gab!
Tatsächlich habe ich das ebenfalls so empfunden. Insgesamt haben die frühen Spionage Filme von Hitchcock meines Erachtens auch die Bond-Filme beeinflusst. Auch später bei "North by Northwest" sehe ich sehr viele Bond-Eigenschaften. Peter Lorre hat das hier einmal mehr hervorragend verkörpert!
Auch der gesantliche Austausch zwischen Bob und Clive fand ich auch lustig!
Das war einfach genial. Da habe ich mich königlich amüsiert.
Gerade im Hinblick das die Royal Albert Hall bereits bei The Ring einen wichtigen Aspekt einnahm, hatte mir hier auch wieder ein breites Lächeln ins Gesicht gezaubert als diese, wenn auch nicht zu einem Boxkampf sondern einem klassischen Konzert, erneut sehr prominent in einem Hitchcock Film paltziert wurde. Im übrigen noch ein wichtiger Aspekt warum Hitchcock Waltzes from Vienna unbedingt zuvor drehen musste, da er daraus bestimmt Erfahrungswerte sammeln konnte ein großes Orchester in einem Tonfilm zu platzieren und es gut klingen zu lassen.
Denke auch, das die Erfahrungen sich hier ausgezahlt haben.
Ich vermute einmal Du spielst hier auf die Szene an in der Jill den finalen Treffer erziehlt, also jenen den sich der Polizist nicht zutraute? Auf jeden Fall ein toller Bogenschlag zu dem Anfang des Films.
Ja, das war perfekt geschrieben.
Interssant fand ich auch wie hier Hitchcock erneut wieder etwas an der Zensur vorbeigeschmuggelt hat, weil zu dem Zeitpunkt die englische Polizei keine Waffen tragen durfte. Der Vorschlag war hier ja das hier Wassersschläuche zum Einsatz kommen sollten, was die Szene aber bei weitem nicht so interssant hätte werden lassen udn erst recht nicht noch immer so imposant erstrahlen ließe, da spätestens ein paar Jahrzente später es sehr merkwürdig hätte ausgesehen wenn die Polizei versucht hätte schwer bewaffnete Gangster mit Wasserschläuchen zur Niederlegung ihrer Waffen zu zwingen. Da war Hitchcocks Kompromiss das zuerst nur antike Waffen und später dann die Gewehrliefreung aus dem LKW herraus verteil wurde deutlich besser.
Ja, diese Notlösung hat hervorragend funktioniert und alles andere hätte durch notwendige Erklärungen nur den Film verlangsamt.
Welche VÖ hattest Du hier gesehen? Ich hatte mir die deutsche Blu-ray angeschaut. Das Bild war super, nur die Zwangsuntertitel haben mich gestört. Wie bereits erwähnt brauche ich bei dem schönen britischen Englisch keine Untertitel und dann nerven sie mich eher. Daher überlege ich hier, mir noch, falls ich sie mal zu einem vernünftigen Kurs finde mir noch die UK Scheibe zu kaufen, den dieser Film wird definitiv nicht das letzte Mal im Player gewesen sein. Wirklich ein sehr genialer Film von ihm, der für mich nahezu perfekt ist.
Ich habe die gleiche Blu Ray, aber aus Gewohnheit haben mich die Untertitel absolut nicht gestört.
 

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Ich habe leider das Original noch nicht gesehen um es zu vergleichen aber das wird es wahrscheinlich schwer haben.
Nein, hatte es nicht. Vor ein paar Jahren nicht und innerhalb der Retrospektive schon zweimal nicht. :D

Tatsächlich mag ich beide Varianten irgendwie gleich gerne. Im Original gefallen mir die düsteren s/w Bilder und auch Peter Lorre. Die Geschichte ist nun mal ziemlich ähnlich, nur die Schauplätze komplett verändert. Dafür sind die Bilder natürlich im Remake opulent und wundervoll anzusehen. James Stewart und Doris Day machen ebenfalls einen tollen Job, weshalb mir das überhaupt nicht leicht fällt, mich für eine der zwei Varianten zu entscheiden. Deshalb mache ich das auch nicht. :nice:
Interessant fand ich im Remake aber zwei Punkte, die ich noch erwähnen möchte. Doris Day fand das Lied "Que sera, sera" einfach nur schrecklich und wollte es laut Buch auch nur ein einziges Mal in der Filmproduktion singen und danach nie wieder. :lol:Es wurde ihr größter Hit, Erkennungsmusik ihrer eigenen Fernsehshow und sie musste es unzählige Male singen.

Der zweite Punkt betrifft Bernard Herrman, der natürlich wieder die Filmmusik komponiert hat. Sein Name steht nebst Orchester auf einem Plakat vor der Royal Albert Hall und er tritt im Film dann auch wirklich als der Dirigent auf. Diese Ehrerbietung fand ich von Hitchcock absolut klasse.

Ebenfalls klasse finde ich, das ein gewisser Dario Argento für sein "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" auf den gleichen Profikiller zurückgriff, wie Hitchcock in "Der Mann, der zuviel wusste": Reggie Nalder
 

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Bereits als ich noch recht am Anfang meiner Retrospektive von Hitchcock war und mir den ersten The Man, Who Knew Too Much von 1934 ansah freut ich mich schon sehr auf diese Sichtung, welche ich nun heute endlich durchführen konnte. Ich kannte das Remake aus dem Jahr 1956 bereits und wusste das es ein guter Film ist. Bei meiner damaligen Sichtung kannte ich aber den originalen Film von 1934 nicht, was nun anders ist. Zum einen war ich also richtig gespannt beide Filme mit einander zu vergleichen, zum anderen wollte ich aber auch wissen wie nun das Remake auf mich wirkt.

Es war auf jeden Fall eine tolle Idee von Hitchcock hier kein 1:1 Remake seines Filmes zu inszenieren. Bei der Wahl des Drehortes Marrakesch zeigt sich auch, das Hitchcock ein Mann war der definitiv Trends frühzeitig erkannte und sie für seine Filme nutzte. Es gab wohl zu dieser Zeit, was ich aus meinem Hitchcock Buch erfahren haben, einen Trend in Hollywood, auch um sich vom aufkommenden Medium des TVs und den dort produzierten Filmen abzusetzen, außergewöhnliche Drehorte in fernen Ländern gewählt wurden. Somit konnte Hitchcock hier zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen in dem zum einen die erste Hälfte des Filmes in der fernen und exotischen Kulisse von Marrakesch gedreht wurde, konnte aber eben auch somit schon einmal eine deutliche Änderung zu seinem Original machen. Und das war eine sehr gute Entscheidung, da man somit nicht direkt von Anfang an die Filme miteinander verglichen hat, sondern die beeindruckenden Bilder, wieder wundervoll in VistaVision gedreht, auf sich wirken lassen konnte.

Hitchcock liebäugelte bereits in den 40ern damit den Film neu zu drehen, was aber, aus heutiger Sicht, zum Glück sich immer wieder zerschlagen hatte. Ich glaube mit ein Grund war, das er unbedingt die Sequenz in der Royal Albert Hall mit neuen technischen Mitteln erneut drehen wollte. Die wäre aber sicherlich in den 40ern nicht so beeindruckend gelungen, wie es 1956 der Fall war! Und es gab noch eine weitere, sehr glückliche Fügung des Schicksals, die diese Szene zu etwas ganz besonderen gemacht hat, was mit großer Sicherheit nicht so spektakulär ausgefallen wäre. In den 40ern kannte Hitchcock noch nicht Bernard Herrmann, mit dem er im vorherigen Film - Immer Ärger mit Harry - erstmalig zusammen gearbeitet hat. Und hier merkt man finde ich sehr deutlich das Hitchcock ein großer Teamplayer war und es liebte mit Leuten zusammen zuarbeiten die auf ihrem Gebiet ähnlich begabt waren wie er selbst. Das ist eine Erkenntnis die viele Führungskräfte leider nicht verstehen. Eine gute Führungskraft muss nicht alles selbst machen sondern in erster Linie vertrauen können und somit die Fähigkeit besitzen Leute auf der Position mit der Aufgabe zu betrauen für die sie am Besten geeignet sind. Und dann ihnen komplett zu vertrauen das sie diese Aufgabe zu ihrer vollen Zufriedenheit erleidigen, ohne ständig Entscheidungen in Frage zu stellen oder sich zu sehr einzumischen. Beim Film ist die Führungskraft am Set der Regisseur und Hitchcock verstand es perfekt dies umzusetzen. Er hatte also das Talent von Bernard Herrmann erkannt und anstatt ihm erstmal kleine Aufgaben zu geben bzw. erst langsam zu schauen ob er mit seiner Arbeit weiterhin zufrieden sein konnte, ging Hitchcock direkt All-in und vertraute ihm dieses wichtige Projekt an, was er, soweit ich es verstanden habe, aus dem Hauptmotivationsgrund genau diese Szene in der Royal Albert Hall neu zu drehen, überhaupt so lange verfolgte. Zu dem Zeitpunkt war es kein Studioboss der Hitchcock gezwungen hatte ein Remake seines eigenen Films zu drehen, es war seine eigene Entscheidung. Und ich bin mir ziemlich sicher, auch wenn es weder im Buch noch im Interview mit Truffaut erwähnt wurde, das wenn hier Herrmann gescheitert wäre, es auch die letzte Zusammenarbeit gewesen wäre. Aber er ist nicht gescheitert im Gegenteil er konnte hier meisterlich beweisen was für ein musikalisches Genie er war!

Der zweite Punkt betrifft Bernard Herrman, der natürlich wieder die Filmmusik komponiert hat. Sein Name steht nebst Orchester auf einem Plakat vor der Royal Albert Hall und er tritt im Film dann auch wirklich als der Dirigent auf. Diese Ehrerbietung fand ich von Hitchcock absolut klasse.
Als ich den Film das erste mal sah war mir der Name noch nicht so bekannt und ich hatte natürlich auch kein Bild von ihm vor Augen. Aber das Hitchcock ihm hier soviel Ehrerbietung gab finde ich abslut klasse. Er hatte ihm ja sogar selber die Entscheidung überlassen ob er dasselbe Musikstück aus dem originalen Film für diese wichtige Szene nimmt, oder selber etwas komponiert. Auch hier zeigte Herrmann absolute weitsicht, weil das Stück einfach perfekt für diese Sequenz ist und wahrscheinlich eine eigen Komposition es auf jeder Ebene hier schwer gehabt hätte.

Diese Sequenz fand ich also im Remake auf jeden Fall nochmals beeindruckender, obwohl ich ein paar Elemente aus dem Original besser fand. Ich fand z.B. besser das man die Szenen rund um Peter Lorre´s Charakter immer wieder gesehen hatte und den Kniff, das im Original das Konzert live im Radio übertragen wurde deutlich besser. Dafür war selbstverständlich, allein auf Grund der neuen Möglichkeiten, die Sequenz deutlich opulenter im Remake. Alleine das hier Hitchcock das London Symphony Orchestra so perfekt in Szene setzen konnte, inkl. Chor, das war schon ein magischer Kinomoment. Was mir hier auch wieder aufgefallen war und mir dann auch innerhalb des Making Of auf der Blu-ray bestätigt wurde, das in dieser Sequenz es keine Dialoge zu hören gab. Man sah zwar immer mal wieder Gespräche, hörte aber die Worte nicht. Wieder ein toller Stummfilm Moment in einem Tonfilm von 1956!


Tatsächlich mag ich beide Varianten irgendwie gleich gerne. Im Original gefallen mir die düsteren s/w Bilder und auch Peter Lorre.
Für mich gab es nicht nur Verbesserungen zum Original sondern auch Verschlechterungen und auch wenn das Remake ein toller Film ist, den ich auch bei meiner aktuellen Sichtung sehr genossen habe, ist das Original für mich der deutlich bessere Film.

Das möchte ich natürlich gerne etwas genauer Begründen. Wie bereits erwähnt fängt das Remake deutlich anders an was von dem Drehort und den wunderschönen Farbszenen in Vistavision auf jeden Fall phänomenal ist, aber spätestens bei den Szenen in London, mal abgesehen von der tollen neuen Sequenz in der Royal Albert Hall, besitzt das Original für mich die deutlich bessere Herangehensweise. Zum einen ist dort die Geschichte für mich interessanter hergeleitet und die düsteren s/w Bilder, die Du ja auch erwähnt hast, punkteten hier bei mir deutlich mehr.

Natürlich wollte Hitchcock Unterschiede schaffen, was ja auch grundsätzlich gut ist, aber wenn ich z.B. alleine an die Stuhlschlacht aus dem Original denke, die Szene beim Zahnarzt oder natürlich die tolle Schießerei zwischen den Gangstern und der Londoner Polizei sind das für mich einfach Szenen die sich so in mein Filmauge eingebrannt hatten und die ich so liebe, das sie mir in diesem Film einfach fehlten und mir die Alternativ Ideen mit dem Tierpräparator nicht annährend so gut gefallen hat.

Zugegeben die Auflösung im Remake war auch sehr gut und Doris Day hier am Klavier Que sera, sera singen zu hören, natürlich auch zum niederknien gut, aber ich fand die Dynamik im Orginal gipfelnd in der Schießerei halt irgendwie passender zu der Geschichte.


Doris Day fand das Lied "Que sera, sera" einfach nur schrecklich und wollte es laut Buch auch nur ein einziges Mal in der Filmproduktion singen und danach nie wieder. Es wurde ihr größter Hit, Erkennungsmusik ihrer eigenen Fernsehshow und sie musste es unzählige Male singen.

Das fand ich dann im übrigen eine tolle Geschichte die wirklich nur das Leben schreiben kann! Alleine wenn man bedenkt, das Hitchcock hier zunächst natürlich wieder Grace Kelly besetzen wollte, die sich aber aus bekannten Gründen der Schauspielerei leider abgewendet hatte, wäre durch die Besetzung von Ihr wahrscheinlich weder der Song, noch die daraus entstehende Erfolgshit von Doris Day entstanden. Ich glaube auch das Ende hätte anders geschrieben werden müssen, da ich bezweifele das dieses Lied diese Bedeutung in dem Film bekommen hätte, wenn Grace Kelly die Rolle der Jo übernommen hätte. So schwer mir das als großer Fan von Grace Kelly fällt zu sagen, aber ich habe sie bisher nur einmal singen hören und zwar im Film Die oberen Zehntausend das Duett True Love gemeinsam mit Bing Crosby, was zwar auch eine wunderschöne Szene war und auch ein schönes Lied ist, aber ihr Anteil an dem Gesang war deutlich kleiner und es klang zwar gut, aber so groß wie Doris Day hier in Der Mann, der zuviel wusste das Lied Que sera, sera gesungen hat, bezweifele ich, dass Grace Kelly dies hätte vom Stimmumfang geschafft. Von daher war es glaube ich eine glückliche Fügung, so gerne ich auch Grace Kelly in einem weiteren Alfred Hitchcock Film gesehen hätte, das hier Doris Day die Rolle bekam.

Aber auch sonst hat sie die Rolle wirklich sehr gut gespielt und sie hatte mich auch damals schon total begeistert, da ich zu dem Zeitpunkt wirklich nur ihre RomCom Filme, welche ich auch sehr gerne immer wieder sehe, kannte. Aus filmhistorischer Sicht sind jedoch all Ihre Liebeskomödien, für die sie so bekannt war, erst nach diesem Film entstanden. Sie hatte zwar auch schon zuvor in einigen Filmen mitgespielt, aber tatsächlich glaube ich mittlerweile das diese Rolle in Hitchcocks Film einen großen Teil zu Ihrer Bekanntheit beigetragen hat, auch wenn sie, mal abgesehen von Mitternachtssspitzen aus dem Jahr 1960, meisten eher in den romantischen Komödien wiederzufinden war.


Optisch war's dazu wieder eine wahre Freude, wie toll die BD auf der Leinwand aussieht! Strahlende Farben und sehr gute Qualität. Und gerade die Bilder in der Royal Albert Hall (inkl. Außenaufnahme derselben) sehen dabei fantastisch aus.

Was "Newcomer", die nicht mit alten Filmen groß geworden sind, beim Betrachten des Films wahrscheinlich stören wird, sind die auffälligen Hintergrundprojektionen, die es bei einigen Hitchcock-Filmen gibt, was natürlich der Entstehungszeit geschuldet ist. Aber so etwas kann natürlich - wenn man die heutigen technischen Möglichkeiten gewohnt ist - schon etwas die Stimmung trüben, weil man eben deutlich auf die Tatsache verwiesen wird, dass man es mit einem Schauspiel zu tun hat. Das muss man akzeptieren.

Mich persönlich stört das auch nicht, weil ich es eben so aus alten Filmen kenne. Ich kann mir aber vorstellen, dass es junge Visionäre gibt, die das anders sehen. Schön, dass Du ein Feeling für so etwas hast und es zu schätzen weißt.

Was den geringeren Aufwand anbelangt, fragte ich mich allerdings schon öfters, ob sich das wirklich so deutlich bemerkbar macht (muss es aber wohl). Ich achtete z.B. besonders darauf, ob bei Außenaufnahmen ohne Hintergrundprojektion mit den Darstellern gedreht wurde oder mit Doubles. So gibt es im vorliegenden Fall z.B. Szenen, in denen James Stewart und Doris Day mit einer Kutsche in Marrakech zum Hotel fahren. Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht sicher bin, ob's die Darsteller waren. Nur falls sie's waren, liegt halt die Frage nahe, ob man nicht auch andere Außendrehs mit ihnen hätte machen können. Muss mal googlen, ob ich dazu etwas finde.

Das Thema Rückprojektionen hatten wir beide ja schon einmal etwas weiter Vorne im Thread uns ausgetauscht. Aber gerade in den Filmen die in Vistavision gedreht wurden gibt es wohl einen Aspekt, der mir vorher auch noch nicht bewusst war und zusätzlich zu den ohnehin schon verwendeten Rückprojektionen, weitere benutzt werden mussten, bzw. Hitchcock dies so wollte, da wohl bei Nahaufnahmen das Geschehen unheimlich scharf und gut aussah, was man deutlich in seinen Filmen mit diesem Verfahren sieht, aber wohl Dinge im Hintergrund dadurch teilweise sehr unscharf wirkten oder einfach nicht so gut aussahen wie er sich das vorstellte. Also mussten bei einigen Szenen, obwohl sie an realen Drehorten gedreht wurden etwas getrickst werden, damit auch der Hintergrund gut aussieht und dafür hat er dann Rückprojektionen benutzt um andere gedrehte Bilder dort wieder einzufügen.

Von daher glaube ich, ohne es zu wisen, das in der fahrenden Kutsche am Hotel wirklich James Stewart und Doris Day drin saßen, aber dann als die Kutsche Stand halt wieder Rückprojektionen verwendet wurden, um einen möglichst gutes Hintergrund Bild zu bekommen. Man darf hierbei halt auch nie vergessen das diese Szenen damals im Kino sicherlich nicht so scharf aussahen wie wir sie heute in unseren Heimkinos erleben dürfen. Wenn Zeitreisen möglich wären, mal abgesehen von vielen geschichtlichen Ereignissen die ich gerne live sehen würde, wäre dies auf jedern Fall auch ein großer Wunsch von mir in verschiedenen Zeiteprochen einfach Filme mit der damaligen Projektionstechnik zu erleben wie sie damals im Kino gewirkt haben. Gerade bei Hitchcock bin ich mir ziemlich sicher das viele Leute im Leben nicht darauf gekommen wären das es sowas wie Rückprojektonstechnik gibt und das ganze Zugfahrten in seinen Filmen nie wirklich passiert sind.

Aber generell ein super spannendes Thema und sowohl durch das Making Off, als auch durch mein Hitchcock Buch weiß ich jetzt das Hitchcock damals tatsächlich in Marroko in der Stadt Marrakesch gedreht hat. Damals, bei meiner ersten Sichtung, war ich mir da noch nicht sicher ob nicht doch nur Studiosets verwendet wurden.

Übringes auch in London hat er viele Außenaufnahmen gedreht und nur die Innenaufnahmen sind Studiosets. Es macht so unheimlich viel Spaß solche kleinen aber feinen Dinge im Nachgang zu erfahren.


James Stewart und Doris Day machen ebenfalls einen tollen Job, weshalb mir das überhaupt nicht leicht fällt, mich für eine der zwei Varianten zu entscheiden. Deshalb mache ich das auch nicht.
Von den Darstellern her, abgesehen von Peter Lorre der natürlich im Original eine Bank ist, haben mir natürlich James Stewart und Doris Day nochmal besser gefallen, als damals Leslie Banks und Edna Best. Was mir aber im Original besser gefallen hat war der Wortwitz des Ehepaars Lawrence der im Remake nicht vorhanden war. Es gibt natürlich diese lustige Sequenz im Restaurant in Marrakesch, aber wenn ich da an die ganzen witzigen Dialoge zwischen Bob und Jill denke, das war schon toll. Dabei wirkten die Dialoge zwischen Ben und Jo stellenweise etwas ernster manchmal sogar etwas agressiver. Doris Day und James Stewart haben ihre Rollen toll gespielt, aber Leslie Banks und Edna Best hatten auch tolle Momente.

Ebenfalls klasse finde ich, das ein gewisser Dario Argento für sein "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" auf den gleichen Profikiller zurückgriff, wie Hitchcock in "Der Mann, der zuviel wusste": Reggie Nalder
Nicht umsonst hat Dario Argento den von mir sehr gliebten Do You Like Hitchcock? inszeniert. :nice:

Er muss einfach ein riesen Fan von Hitchcock sein was sowohl im Fall von Alida Valli als nun auch bei Reggie Nalder nochmal ganz klar hervorgeht. Alida Valli war natürlich deutlich bekannter, aber eben auch kein Weltstar aber Reggie Nalder ist nun wirklich kein Weltstar und gefragter Darsteller gewesen, als das es auf der Hand war das man ihn für einen Film castet. Somit muss also einem Dario Argento letzgenannter in diesem Film von Hitchcock aufgefallen sein um ihn dann 14 Jahre später für seinen Erstling zu besetzen. Ein genialer Fakt! Natürlich war mir dies bei meiner Erstsichtung nicht aufgefallen, aber als ich Nalder das erste mal heute sah bekam ich sofort ein fettes Grinsen ins Gesicht. Ich musste sofort an ihn in der gelben Jacke denken.

Als Fazit muss ich sagen das ich beide Filme sehr mag, aber das Orginal liebe und er es auch in meine persönliche Hitchcock Top 10 geschafft hat. Aber dennoch hat das Remake absolut seine Berechtigung, was definitiv sehr selten der Fall ist.
 

2moulins

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Das Thema Rückprojektionen hatten wir beide ja schon einmal etwas weiter Vorne im Thread uns ausgetauscht. Aber gerade in den Filmen die in Vistavision gedreht wurden gibt es wohl einen Aspekt, der mir vorher auch noch nicht bewusst war und zusätzlich zu den ohnehin schon verwendeten Rückprojektionen, weitere benutzt werden mussten, bzw. Hitchcock dies so wollte, da wohl bei Nahaufnahmen das Geschehen unheimlich scharf und gut aussah, was man deutlich in seinen Filmen mit diesem Verfahren sieht, aber wohl Dinge im Hintergrund dadurch teilweise sehr unscharf wirkten oder einfach nicht so gut aussahen wie er sich das vorstellte.
Das klingt einerseits verständlich. Andererseits kann ich Dir aber auch ein Beispiel nennen, wo es gerade bei einem Film in „Vistavision“ gelungen ist, eine hervorragende Tiefenschärfe darzustellen. Siehe hier.
 
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