Das Rettungsboot

Tarantino1980

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Das Rettungsboot
Mitten im zweiten Weltkrieg wird ein englisches Schiff von einem deutschen U-Boot angegriffen und sinkt. Ein paar Überlebende können sich auf ein Rettungsboot retten und kämpfen gemeinsam um das Überleben.

Alfred Hitchcock inszenierte im Jahr 1944, aus heutiger Sicht kurz vor Kriegsende, den Film Das Rettungsboot. Es war somit bereits der dritte Film welcher Hitchcock im Auftrag für die 20th Century Fox zum Thema zweiter Weltkrieg inszenieren sollte. Hitchcock liebäugelte zu diesem Zeitpunkt schon länger mit der Idee einen Film auf gegrenzten Raum zu inszenieren. Meines Wissens geisterten hierzu vorher die Idee, die Handlung nur in einer Telefonzelle oder in einem Sarg spielen zu lassen, bereits in seinem Kopf. Jedoch, inspiriert durch die bekannte Absturz Szene in Der Auslandskorrespondent, in welcher die Überlebenden für kurze Zeit auf den Überresten des Flugzeuges umhertrieben, kam Hitchcock die Idee, die Handlung seines damals neusten Filmes auf ein Rettungsboot zu beschränken. Anders als viele seiner anderen Filme basiert dieser Film also nicht auf einer Roman bzw. Theaterstück Vorlage, sondern es wurde eigens für diesen Film ein Drehbuch geschrieben. Ursprünglich wollte Hitchcock hierfür sogar keinen geringeren als Ernest Hemingway gewinnen, der aber leider aus Termingründen abgesagt hatte. Schlussendlich wurde es dann von Jo Swerling verfasst, jedoch wurden sämtliche Dialogszenen von Alfred Hitchcock persönlich kurz vor Drehbeginn umgeschrieben.

Der Film ist also, wieder einmal, aus filmhistorischer und aus geschichtler Sicht, sehr interessant, da er zum einen handlungstechnisch nur an einem Schauplatz spielt, was aus meiner Sicht auf jeden Fall eine sehr innovative aber natürlich auch riskannte Idee war, aber eben auch zu einem Zeitpunkt gedreht wurde, wo sich die Welt im Krieg befand. Es gibt aber für mich auch einen weiteren interssanten Aspekt, welcher aber leider einen Spoiler zur Handlung darstellt. Daher werde ich nachher, innerhalb der Filmdisskussion, mehr auf diesen eingehen. Filmtechnisch hat Alfred Hitchcock auch hier wieder etwas gemacht, was durchaus als innovativ zu bezeichnen ist. Da man selbstverständlich den Film nicht tatsächlich auf dem Atlantik inszenieren konnte, bediente er sich auch hier wieder der damals beliebten Rückprojektionen, welche in vielen seiner Produktionen immer wieder zum Einsatz kamen, jedoch bereits in Der Auslandskorrespondent von der Größe der Leinwand ganz andere dimensionen einnahm. Bereits dort wurden die Darsteller in einem Wassertank vor einer großen Leinwand gefilmt so das später für das Kinopublikum nicht erkennbar war wo das echte Wasser aus dem Wassertank aufhörte und das projezierte Wasser anfing. Denselben Effekt benutzte Hitchcock in Das Rettungsboot auch, nur mit dem Unterschied das er ihn hier auf Spielfilmlänge anwenden musste. Auch hier will ich wieder hervorheben welchen technischen Aufwand er hier betrieben hat. Heutzutage würde man einfach diesselbe Szenerie vor einem Greenscreen drehen und der Rest wäre alles CGI generiert. Ich finde es daher immer sehr beeindruckend das Hitchcock nie dein einfachsten Weg gegangen ist einen Film zu inszenieren, sondern immer interssante innovative Ansätze verwendet hat. Man hätte genauso die Story als gestrandete, nach einem Schiffsbruch, auf eine einsame Insel verlagern könnten, oder nach einem Flugzeugabsturz mitten im Nirgendwo. Beides wäre mit Sicherheit aus damaliger Sicht einfacher und günstiger gewesen zu inszenieren, aber eben nicht so interessant und innovativ. Genau das macht für mich aber einen großen Teil von Hitchcock´s Erfolg aus, das er nie den einfachten Weg gegangen ist und immer wieder aufs neue versucht hat Film neu zu denken und somit das Publikum immer wieder aufs neue fasziniert hat.

Der Cast ist zwar nicht prominent besetzt, hat mich persönlich aber wirklcih perfekt abgeholt. Die mir, bis zur Sichtung dieses Filmes, vollkommen unbekannte Tallulah Bankhead hat mich als Hauptdarstellerin wirklich komplett begeistert. Bereits in der ersten Einstellung wirkte sie auf mich komplett deplatziert in diesem Setting, was ich aber nicht auf ihre schauspielischen Fähigkeiten beziehe, sondern eher auf ihre, wie man aus heutiger Sicht so schön sagt "Attitude" die sie hier sehr dominant austrahlt. Für mich ist sie neben Walter Slezak definitiv die Person, welche den Film trägt. Natürlich sind es auch die interessanten Dialoge der anderen Schiffsbrüchigen und die von Hitchcock gekonnte Gesellschaftskritik welche er in die Handlung einbaute, aber schauspielerisch haben diese beiden mich auf jeden Fall am meisten beeindruckt.

Das Rettungsboot
ist wieder einmal einer dieser Filme die jemand aufzählen würden, wenn man an die besten Filme von Alfred Hitchcock denkt. Dennoch hat er für mich hier aus mehreren Gründen einen filmhistorisch wichtigen Film erschaffen, der auf jeden Fall in keiner gute sortierten Hitchcock Sammlung fehlen darf, aber auch sonst für Filmfans interessant sein könnte.

Wertung: 7/10
 

Tarantino1980

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Wie bereits in meiner spoilerfreien Filmkritik angedeutet möchte ich noch auf einen Aspekt eingehen, welcher mich wirklich total begeistert hat, aber eben auch ein Spoiler gewesen wäre und auch ein sehr großer Spoiler. Ich spiele auf den Charakter Willi an, welcher sich im Laufe des Filmes als deutscher U-Boot Kommandant herrausstellt. Für diesen Charkter wurde Hitchcock auch kritisiert, aber für mich war er einfach perfekt und im Grunde auch eine Blaupause für spätere diabolische Antragonisten in Filmen. Ich kenne leider zu wenige noch ältere Filme um mit Gewissheit zu sagen das auch diese Idee somit von Hitchcock stammt, aber ich gehe einfach mal davon aus, dass in der Entstehungszeit von Das Rettungsboot es weinige Filmcharaktere gab, welche sich erst später im Laufe des Filmes als das ausgegeben haben, was sie eigentlich sind und vorher ein falsches Spiel gespielt haben, also aus Berechnung!

Willi wird als schiffsbrüchiger, zunächst nach eigenen Angaben als Matrose, der noch dazu des Englischen nicht mächtig zu sein scheint, von den restlichen überlebenden aus Menschlichkeit aufgenommen. Er war sich hier natürlich schon der Tatsache bewusst, hätte er direkt hier mit deutschen Akzent englisch gesprochen, wäre der Verdacht größer gewesen das es sich zumindest um einen Offizier handelt und somit auch aus seiner Sicht die Chance sehr gering gewesen, das er überhaupt von den Überlebenden auf das Rettungsboot aufgenommen worden wäre. Also hat er hier bewusst mit ihnen gespielt und sich dümmer gestellt als er dann tatsächlich war. Nachdem sich dann die ersten Wogen geglättet hatten und es zu der Situation kam das Gus Wundbrand an seinem verletzten Bein bekam, hat er sich dann ja zumindest weiter zu erkennen gegeben, das er nicht nur perfekt der englischen Sprache mächtig ist, sondern auch auf Grund seiner Bildung vor dem Krieg als Chirurg gearbeitet hat und somit er an Bord der Einzige war der Gus das Leben retten konnte, indem er sein Bein amputieren konnte. Für mich auch eine sehr spannende Szene und auch, aus meiner Sicht kein Zufall das hier genau diese Kombination aufeinandert traf, da der Zuschauer zuvor erfahren hatte das Gus Smith eigentlich mit Nachnamen Schmidt und somit deutsche Vorfahren hatte, von dem Nazi gerettet wurde.

Man merkte dann, je mehr die Handlung voranschritt, wie dominanter Willi wurde und im Grunde, auch durch die Tatsache das er der Einzige an Bord war, der das Rettungsboot wirklich navigieren konnte, er mit allen anderen ein Katz und Maus Spiel trieb. Er schaffte es sie davon zu überzeugen von ihrem ursprünglichen Kurs abzuweichen und Kurs auf das näher gelegene deutsche Versorgungsschiff zu setzen. Und schon verbesserte sich seine Lage und er hätte, wenn da nicht noch das rettende englische Kriegsschiff gekommen wäre und sein falsches Spiel nicht vorher schon aufgeflogen wäre, geschafft die Situation um 180 Grad umzudrehen und anstelle das er als Kriegsgefangener geendet wäre, hätte er alle anderen zu Kriegesgefangenen gemacht. Eine wirklich krasse Wandlung.

Natürlich hat Hitchcock hier diesen Charakter auch etwas als Übermensch dargestellt, aber mal losgelöst von der politischen und damals leider vorhandenseins des Nationalsozialismus, ein sehr dunkles Thema in der Geschichte, hat Hitchcock hier aber auch den perfekten Schurken kreiert. Anders wie in vielen anderen Filmen wo der Schurke direkt von Szene eins an klar war und auch mit all seinen Worten und Taten sofort als die Person in Erscheinung getreten ist, die er war, taucht hier Willi zunächst als sogar etwas einfacher naiver Charakter auf der sich bewusst verstellt um erst mal alle Leute besser einschätzen zu können, ihre Stärken und Schwächen zu analysieren um sie dann später geziehlt gegen alle einzusetzen und ganz einfach das Komando an sich zu reißen, obwohl es zu Anfang danach aussah als ob er definitiv keine Chance gehabt hätte in diese Position innerhalb dieser Gruppe zu gelangen. Und erst kurz vor Schluss sieht man wer er wirklich ist und was für ein perverses Doppelspiel er die ganze Zeit betrieben hat.
 
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deadlyfriend

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Alfred Hitchcock inszenierte im Jahr 1944, aus heutiger Sicht kurz vor Kriegsende, den Film Das Rettungsboot. Es war somit bereits der dritte Film welcher Hitchcock im Auftrag für die 20th Century Fox zum Thema zweiter Weltkrieg inszenieren sollte. Hitchcock liebäugelte zu diesem Zeitpunkt schon länger mit der Idee einen Film auf gegrenzten Raum zu inszenieren.

Der Film ist also, wieder einmal, aus filmhistorischer und aus geschichtler Sicht, sehr interessant, da er zum einen handlungstechnisch nur an einem Schauplatz spielt, was aus meiner Sicht auf jeden Fall eine sehr innovative aber natürlich auch riskannte Idee war, aber eben auch zu einem Zeitpunkt gedreht wurde, wo sich die Welt im Krieg befand.
Die Idee war wie du sagtest mit viel Risiko behaftet, aber es hat großartig funktioniert. Mit Sicherheit auch nicht ganz einfach gewesen, einen Stoff zu entwickeln, der nur auf einem kleinen Boot spielt und trotzdem genügend Inhalte für über 90 Minuten bieten muss.
Bereits dort wurden die Darsteller in einem Wassertank vor einer großen Leinwand gefilmt so das später für das Kinopublikum nicht erkennbar war wo das echte Wasser aus dem Wassertank aufhörte und das projezierte Wasser anfing. Denselben Effekt benutzte Hitchcock in Das Rettungsboot auch, nur mit dem Unterschied das er ihn hier auf Spielfilmlänge anwenden musste. Auch hier will ich wieder hervorheben welchen technischen Aufwand er hier betrieben hat.
Ich bin von der Umsetzung ebenfalls absolut beeindruckt. Ich habe mir auch zwischendrin gedacht, das den Darstellern doch bestimmt irgendwann kotzübel war, was das Buch ja auch bestätigt hat. Das wirkte so echt, da er ja auch wirklich die Projektion mit echtem Wasser verband. Dadurch das sich auch Leute im Wasser befanden, war die Illusion perfekt.
Heutzutage würde man einfach diesselbe Szenerie vor einem Greenscreen drehen und der Rest wäre alles CGI generiert.
LANGWEILIG :D
Ich finde es daher immer sehr beeindruckend das Hitchcock nie dein einfachsten Weg gegangen ist einen Film zu inszenieren, sondern immer interssante innovative Ansätze verwendet hat. Man hätte genauso die Story als gestrandete, nach einem Schiffsbruch, auf eine einsame Insel verlagern könnten, oder nach einem Flugzeugabsturz mitten im Nirgendwo. Beides wäre mit Sicherheit aus damaliger Sicht einfacher und günstiger gewesen zu inszenieren, aber eben nicht so interessant und innovativ. Genau das macht für mich aber einen großen Teil von Hitchcock´s Erfolg aus, das er nie den einfachten Weg gegangen ist und immer wieder aufs neue versucht hat Film neu zu denken und somit das Publikum immer wieder aufs neue fasziniert hat.
Kann ich unterschreiben. Sich für ein Projekt, mit Handlung auf einem sehr begrenzten Raum, sich ausgerechnet ein Rettungsboot auszusuchen, ist eigentlich völlig irre. Zumindest im Entstehungsjahr. Entsprach aber gerade dem aktuellen Zeitgeschehen.
Der Cast ist zwar nicht prominent besetzt, hat mich persönlich aber wirklcih perfekt abgeholt. Die mir, bis zur Sichtung dieses Filmes, vollkommen unbekannte Tallulah Bankhead hat mich als Hauptdarstellerin wirklich komplett begeistert.
Interessant das sie bereits mehrfach in der Nähe von Hitchcock war. Bei "Blackmail" war sie die Darstellerin der Bühnenvorlage und bei "The skin game" sollte sie bereits im Film mitspielen, was nicht geklappt hatte.
Bereits in der ersten Einstellung wirkte sie auf mich komplett deplatziert in diesem Setting, was ich aber nicht auf ihre schauspielischen Fähigkeiten beziehe, sondern eher auf ihre, wie man aus heutiger Sicht so schön sagt "Attitude" die sie hier sehr dominant austrahlt. Für mich ist sie neben Walter Slezak definitiv die Person, welche den Film trägt. Natürlich sind es auch die interessanten Dialoge der anderen Schiffsbrüchigen und die von Hitchcock gekonnte Gesellschaftskritik welche er in die Handlung einbaute, aber schauspielerisch haben diese beiden mich auf jeden Fall am meisten beeindruckt.
Die Charaktere waren für mich insgesamt gut ausgearbeitet, was eben ein Teil der Schwierigkeiten war. Die mussten ja über 90 Minuten Spielzeit füllen und das ist superb gelungen.
Das Rettungsboot ist wieder einmal einer dieser Filme die jemand aufzählen würden, wenn man an die besten Filme von Alfred Hitchcock denkt. Dennoch hat er für mich hier aus mehreren Gründen einen filmhistorisch wichtigen Film erschaffen, der auf jeden Fall in keiner gute sortierten Hitchcock Sammlung fehlen darf, aber auch sonst für Filmfans interessant sein könnte.

Wertung: 7/10
Ich werde ihm wohl eine 8 verpassen.
Wie bereits in meiner spoilerfreien Filmkritik angedeutet möchte ich noch auf einen Aspekt eingehen, welcher mich wirklich total begeistert hat, aber eben auch ein Spoiler gewesen wäre und auch ein sehr großer Spoiler. Ich spiele auf den Charakter Willi an, welcher sich im Laufe des Filmes als deutscher U-Boot Kommandant herrausstellt.
Ich hoffe du hast den O-Ton gesehen. Das ist fabelhaft, wie hier die Sprachbarriere dargeboten wurde. In der deutschen Tonspur hatte man zwar einen sehr guten Einfall mit der niederländischen Variante, aber das kam deutlich schwächer rüber.
Für diesen Charkter wurde Hitchcock auch kritisiert, aber für mich war er einfach perfekt und im Grunde auch eine Blaupause für spätere diabolische Antragonisten in Filmen. Ich kenne leider zu wenige noch ältere Filme um mit Gewissheit zu sagen das auch diese Idee somit von Hitchcock stammt, aber ich gehe einfach mal davon aus, dass in der Entstehungszeit von Das Rettungsboot es weinige Filmcharaktere gab, welche sich erst später im Laufe des Filmes als das ausgegeben haben, was sie eigentlich sind und vorher ein falsches Spiel gespielt haben, also aus Berechnung!
Aus heutiger Sicht völlig zu Unrecht. Ich fand den ebenfalls absolut großartig geschrieben und die Kernaussage passte doch sehr gut zu dieser Zeit.
Willi wird als schiffsbrüchiger, zunächst nach eigenen Angaben als Matrose, der noch dazu des Englischen nicht mächtig zu sein scheint, von den restlichen überlebenden aus Menschlichkeit aufgenommen. Er war sich hier natürlich schon der Tatsache bewusst, hätte er direkt hier mit deutschen Akzent englisch gesprochen, wäre der Verdacht größer gewesen das es sich zumindest um einen Offizier handelt und somit auch aus seiner Sicht die Chance sehr gering gewesen, das er überhaupt von den Überlebenden auf das Rettungsboot aufgenommen worden wäre. Also hat er hier bewusst mit ihnen gespielt und sich dümmer gestellt als er dann tatsächlich war. Nachdem sich dann die ersten Wogen geglättet hatten und es zu der Situation kam das Gus Wundbrand an seinem verletzten Bein bekam, hat er sich dann ja zumindest weiter zu erkennen gegeben, das er nicht nur perfekt der englischen Sprache mächtig ist, sondern auch auf Grund seiner Bildung vor dem Krieg als Chirurg gearbeitet hat und somit er an Bord der Einzige war der Gus das Leben retten konnte, indem er sein Bein amputieren konnte. Für mich auch eine sehr spannende Szene und auch, aus meiner Sicht kein Zufall das hier genau diese Kombination aufeinandert traf, da der Zuschauer zuvor erfahren hatte das Gus Smith eigentlich mit Nachnamen Schmidt und somit deutsche Vorfahren hatte, von dem Nazi gerettet wurde.
Wie der Charakter sich langsam entwickelte, war einer der ganz feinen Aktionen im Film. Ganz ganz stark geschrieben und auch dargeboten. Auch die Idee das Tallulah Bankhead deutsch sprach und das somit immer für die anderen im Boot und auch für den Zuschauer übersetzt hat, war fantastisch.
Man merkte dann, je mehr die Handlung voranschritt, wie dominanter Willi wurde und im Grunde, auch durch die Tatsache das er der Einzige an Bord war, der das Rettungsboot wirklich navigieren konnte, er mit allen anderen ein Katz und Maus Spiel trieb. Er schaffte es sie davon zu überzeugen von ihrem ursprünglichen Kurs abzuweichen und Kurs auf das näher gelegene deutsche Versorgungsschiff zu setzen. Und schon verbesserte sich seine Lage und er hätte, wenn da nicht noch das rettende englische Kriegsschiff gekommen wäre und sein falsches Spiel nicht vorher schon aufgeflogen wäre, geschafft die Situation um 180 Grad umzudrehen und anstelle das er als Kriegsgefangener geendet wäre, hätte er alle anderen zu Kriegesgefangenen gemacht. Eine wirklich krasse Wandlung.
Auch hier kann ich wieder nur unterstreichen, wie stark der Film geschrieben wurde. Soviel Spannung und Story-Wendungen muss man auf einem einzelnen Boot erstmal hinbekommen.
Natürlich hat Hitchcock hier diesen Charakter auch etwas als Übermensch dargestellt, aber mal losgelöst von der politischen und damals leider vorhandenseins des Nationalsozialismus, ein sehr dunkles Thema in der Geschichte, hat Hitchcock hier aber auch den perfekten Schurken kreiert. Anders wie in vielen anderen Filmen wo der Schurke direkt von Szene eins an klar war und auch mit all seinen Worten und Taten sofort als die Person in Erscheinung getreten ist, die er war, taucht hier Willi zunächst als sogar etwas einfacher naiver Charakter auf der sich bewusst verstellt um erst mal alle Leute besser einschätzen zu können, ihre Stärken und Schwächen zu analysieren um sie dann später geziehlt gegen alle einzusetzen und ganz einfach das Komando an sich zu reißen, obwohl es zu Anfang danach aussah als ob er definitiv keine Chance gehabt hätte in diese Position innerhalb dieser Gruppe zu gelangen. Und erst kurz vor Schluss sieht man wer er wirklich ist und was für ein perverses Doppelspiel er die ganze Zeit betrieben hat.
Den Vorwurf "Übermensch" hatte ich auch gelesen, aber das habe ich so nicht gesehen. Er war immerhin U-Boot Kapitän und vor dem Krieg Chirurg. Der muss also definitiv was auf dem Kasten haben und gleichzeitig Menschen führen können. Niemand auf dem Boot hat da intellektuell rangereicht. Das fand ich also gar nicht mal überzogen. Ich schätze die Kritik war eher gegeben, das die Amerikaner im Kontext einfach unterlegen dargestellt wurden. Das wird sie gewurmt haben. Dennoch hat er ja damit auch die Aussage getroffen, das wenn man sich gegen einen überlegen scheinenden Feind vereint, man trotzdem mit vereinten Kräften gewinnen kann. Wenn man aus der amerikanischen Nationalstolz-Brille schaut, kann man die Kritik auch nachvollziehen, da sie im Grunde einfach nur das Glück hatten, dass das deutsche Boot am Ende angegriffen wurde. Sie haben zwar Willi besiegt aber hätten dennoch am Ende verloren. Ich finde die kompletten Konstellationen im Film wahnsinnig gut.
 

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Kann ich unterschreiben. Sich für ein Projekt, mit Handlung auf einem sehr begrenzten Raum, sich ausgerechnet ein Rettungsboot auszusuchen, ist eigentlich völlig irre. Zumindest im Entstehungsjahr. Entsprach aber gerade dem aktuellen Zeitgeschehen.
Aus meiner Sicht wirklich ein wichtiger Film von Hitchcock. Daher kann ich mich dem auch nur anschließen!

Ich hoffe du hast den O-Ton gesehen. Das ist fabelhaft, wie hier die Sprachbarriere dargeboten wurde. In der deutschen Tonspur hatte man zwar einen sehr guten Einfall mit der niederländischen Variante, aber das kam deutlich schwächer rüber.
Ich hatte den Film in der Synchro angefangen, welche ich auch gut fand bis eben Willi auf der Bildfläche auftauchte und ich anhand der niederländischen Sprache schnell merkte, das hier etwas für die Synchro getrickst wurde. Ab dem Zeitpunkt hatte ich dann in den O-Ton gewechsel.

Wie der Charakter sich langsam entwickelte, war einer der ganz feinen Aktionen im Film. Ganz ganz stark geschrieben und auch dargeboten. Auch die Idee das Tallulah Bankhead deutsch sprach und das somit immer für die anderen im Boot und auch für den Zuschauer übersetzt hat, war fantastisch.

Auch hier kann ich wieder nur unterstreichen, wie stark der Film geschrieben wurde. Soviel Spannung und Story-Wendungen muss man auf einem einzelnen Boot erstmal hinbekommen.
Absolut! Es wurde keinen Falls langweilig und es war nicht nur spannend sondern eben auch plausibel erzählt.

Den Vorwurf "Übermensch" hatte ich auch gelesen, aber das habe ich so nicht gesehen. Er war immerhin U-Boot Kapitän und vor dem Krieg Chirurg. Der muss also definitiv was auf dem Kasten haben und gleichzeitig Menschen führen können. Niemand auf dem Boot hat da intellektuell rangereicht. Das fand ich also gar nicht mal überzogen. Ich schätze die Kritik war eher gegeben, das die Amerikaner im Kontext einfach unterlegen dargestellt wurden. Das wird sie gewurmt haben.
Ich vermute aber auch mal das dieser Vorwurf auch mit auf das Köperliche bezogen war. Also nicht nur das geistige, da er ja gefühlt ohne große Verpflegung und Schlaf unermütlich das Rettungsboot navigiert hat. Ich empfand es aber auch nicht als so störend und für mich war es klar das eine Person die sowohl Chirurg ist, als auch den militärischen Rang eine Kapitän inne hat, kein Dumkopf sein kann.


Dennoch hat er ja damit auch die Aussage getroffen, das wenn man sich gegen einen überlegen scheinenden Feind vereint, man trotzdem mit vereinten Kräften gewinnen kann. Wenn man aus der amerikanischen Nationalstolz-Brille schaut, kann man die Kritik auch nachvollziehen, da sie im Grunde einfach nur das Glück hatten, dass das deutsche Boot am Ende angegriffen wurde. Sie haben zwar Willi besiegt aber hätten dennoch am Ende verloren. Ich finde die kompletten Konstellationen im Film wahnsinnig gut.
Geht mir auch so. Defintiv einer der zu unrecht so unbekannten Filme von Hitchcock.
 
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