Das Geheimnis der jungen Witwe
Ein spärlich beleuchteter Durchgang, umgeben von einem uralten Mauerwerk. Eine einzelne Person geht hindurch, aber sie ist nicht völlig allein. Dicht dahinter ist eine schwarz gekleidete Person, mit schwarzen Handschuhen und einem Messer ausgestattet. Der Killer vollbringt sein Nachtwerk und in der nächsten Szene sehen wir bereits die erste Flasche J&B.
Was hier wie aus einem Lehrbuch für den Giallo beginnt, ist in Wirklichkeit ein Thriller von 1968, der also noch vor der Hochphase des Genres anzusiedeln ist. Die typischen Zutaten weichen dann auch in den Hintergrund aber dennoch sehen wir einen hochinteressanten Thriller, mit einem äußerst einfallsreichen Plot. Inspektor Bulon sieht sich nämlich einer Mordserie gegenüber. Keiner gewöhnlichen Mordserie, da der Täter immer genau die Zielperson ausschaltet, die er für seine Ermittlungen benötigt. Zusätzlich hat der alternde Polizist auch Probleme mit seiner deutlich jüngeren Ehefrau. Ob dies wirkliche Probleme sind oder der extrem eifersüchtige Ehemann sich die Zusammenhänge selbst bastelt, bleibt erstmal dahingestellt. In jedem Fall behindern diese Gedanken seine Arbeit. Dennoch kann er die Fährte Richtung Killer aufnehmen, aber auch hier bleibt zunächst unklar, ob das wirklich eine gute Idee ist.
Massimo Dallamano, der uns mit „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“ und „Der Tod trägt schwarzes Leder“ zwei Klassiker bescherte, drehte einige Jahre zuvor „A black veil for Lisa“ in dem er später etablierte Stilmittel bereits 1968 verwendete. Dennoch ist es kein klassischer Giallo und trotz Zutaten ist er davon sogar weit entfernt. Was ihn aber dennoch auszeichnet ist die Spannung und auch die abwechslungsreiche Dramaturgie, die die 3 Hauptpersonen immer weiter in den Abgrund führt. Falls es das gibt, könnte man ihn als einen Giallo-Noir ansehen, da er sehr viele Dinge aus dem „Film-Noir“ verarbeitet. Die „femme fatal“ ist in jedem Fall aufregend.
Was einen stutzig macht, ist allerdings der Schauplatz und die Namen der Protagonisten. Der Film spielt nämlich in Hamburg und die Protagonisten tragen alle deutsche Namen. Im Abspann sieht man dann auch dass es eine deutsche Co-Produktion ist und tatsächlich ist der Film 1969 bei uns im Kino gelaufen. Das heißt, es gab wohl mal eine deutsche Synchro. Verwunderlich ist nur, dass er nie eine Auswertung für das Heimkino erhielt. Eventuell ist die Synchro auch hoffnungslos verschollen. Dennoch lohnt sich der Film auch ohne Synchro, da er mir wirklich gut gefallen hat.