Das Brandneue Testament
Diesen Film aus dem Jahre 2015 hatte ich lange auf dem Schirm, weil er in unserer Zeitung monatelang auf der Liste der am besten bewerteten Filme stand und ebenso lange in einem kleinen Kino unserer Region lief. Jetzt sah ich ihn im Heimkino......
Gott ist ein Familienvater und lebt in einer Hochhauswohnung in Brüssel. Er ist ein fieser Zeitgenosse und Macho, der seine Familie nicht gerade freundlich behandelt. Sein Äußeres wirkt sehr herunter gekommen. Er läuft immer im Bademantel herum, raucht Kette und hat wohl schon lange kein Bad mehr aufgesucht. Seine Frau hat nichts zu melden und seine 10-jährige Tochter wird ständig in die Schranken verwiesen, bekommt auch mal den Gürtel zu spüren, wenn sie nicht tut, was er sagt. Der Sohn ist schon lange nicht mehr im Haus und hat sein (bekanntes) Schicksal bereits hinter sich.
Ansonsten sitzt Gott den ganzen Tag in seinem Arbeitszimmer am Computer und überlegt sich neue Gebote, weit über 2.000 sind es bereits. Dabei hat er stets Boshaftes im Sinn und ergötzt sich daran, wenn's den Menschen schlecht geht.
Seiner Tochter missfällt dieses Leben und das, was ihr Vater treibt, so dass sie zum Einen in einem unbeaufsichtigten Moment an seinem Computer in das Göttliche Schicksal der Menschen eingreift und zum anderen aus der ansonsten abgeschlossenen Wohnung ausbricht, um in der Welt noch 6 Apostel zu suchen, um die Runde am Tisch des letzten Abendmahls auf 18 aufzustocken. Begleitet wird sie von einem Obdachlosen, der die Erlebnisse und Erkenntnisse mit den neuen Aposteln notieren soll, um daraus ein brandneues Testament entstehen zu lassen.
Der Film enthält sehr viele kreative Ideen, Absurditäten und interessante Charaktere. Und die Umsetzung erinnert stark an "Die fabelhafte Welt der Amélie". Es gab Zeiten, in denen ein solcher Vergleich inflationär und irreführend verwendet wurde - hier passt er wirklich!
Der Regisseur, Jaco Van Dormael, hatte vor einigen Jahren "Mr. Nobody" inszeniert, der einigen hier bekannt sein dürfte und der eine ähnliche Herangehensweise aufwies. Wem dieser Film gefiel, wird auch hier seine Freude daran haben.
Die meisten Darsteller sind wohl für die deutschen Zuschauer eher Unbekannte, wobei man das eine oder andere Gesicht aber doch schon mal gesehen hat, so z.B. die Darstellerin der Ehefrau Gottes, die bei "Amélie" eine Mitbewohnerin spielte, die vergeblich auf ihren Geliebten als Kriegsheimkehrer wartete, und einer der 6 neuen Apostel, der vom gleichen Schauspieler wie der Taubstumme in "Verstehen Sie die Belliers?" gespielt wird.
Das Hauptthema ist letztendlich der Tod, der jeden Menschen irgendwann ereilen wird und das, was der Mensch aus seinem Leben macht. Das führt beim Zuschauer oftmals zu nachdenklichen Momenten, obwohl es sich in erster Linie um eine Komödie handelt.
Am Ende wird man mit einer positiven Grundstimmung und mit einem Lächeln auf dem Gesicht aus dem Film entlassen. Und der "unkaputtbare Kevin" darf am Schluss des Abspanns nochmal einen drauf setzen.
Genau nach meinem Geschmack, da lasse ich mich gerne zu einer 10/10 hinreißen.