Dangerous Obsession
Lucio Fulci und sein Spätwerk. Tatsächlich war ich mir in vorliegendem Fall nicht wirklich sicher, ob ich den innerhalb meiner Abarbeitung seiner Filmographie anschauen soll. Ein erotisches Psychodrama ist nun nicht unbedingt das, was bei mir sonst im Player landet. Das sah der Player genauso und verweigerte die Arbeit. Ein Wink mit dem Zaunpfahl? Schließlich las ich irgendwo im Netz, das „The devil`s honey“ selbst innerhalb seines Spätwerks, den absoluten Bodensatz bedeuten würde. Eine andere Quelle hingegen, behauptete allerdings das genaue Gegenteil.
Also buddelte ich die Playstation 3 mal wieder aus und probierte die Blu Ray dort. Die PS3 hatte tatsächlich Interesse an dem Film und bestätigte mir, dass sich meine Mühen vollumfänglich gelohnt hatten.
Jessica und Johnny sind ein Liebespaar. Allerdings nicht von der ganz alltäglichen Sorte. Jessica scheint ihrem Geliebten sexuell hörig zu sein und Johnny hat wiederum einige seltsame Einfälle und Obsessionen in diesem Bereich. Zumal ist nicht gänzlich klar, ob er sie liebt oder lediglich ausnutzt.
Dann gibt es noch das Ehepaar Simpson. Er ist ein angesehener Chirurg, der ebenfalls seltsame Neigungen besitzt, die er aber lieber bei Prostituierten auslebt, statt bei seiner Frau. Die ist allerdings auch nicht die normale Nachbarin von nebenan. Das ungleiche Paar kennt sich nicht, aber durch einen schweren Unfall kreuzen sich ihre Wege und das Verhängnis nimmt einen schweren Verlauf.
Zu Beginn des Films dachte ich noch an einen Sleazer, der direkt mit seltsamen Erotikszenen aufwartet. Da wusste ich allerdings noch nicht, dass sie für die Charakterzeichnung absolut notwendig sind. Zusätzlich waren sie keinesfalls mies inszeniert, sondern das Gegenteil war der Fall. Zudem wirkten die Charaktere interessant, während der Film eine gewisse Spannung aufbaute. Die griffbereite Vorspultaste rutsche bereits zu diesem Zeitpunkt ein Stück weiter weg von mir. Da ich vom Inhalt nichts wusste, zog mich der Film somit in seinen Bann, da ich zu diesem Zeitpunkt nicht mal erahnte, was hier alles noch folgen sollte.
Der typische Inszenierungsstil von Fulci war hier nur phasenweise zu sehen, aber er wurde nicht vermisst. Er gestaltete den Film anders als gewohnt und das ist in diesem Fall wirklich als Pluspunkt anzusehen. Er vermischte hier tatsächlich Erotik mit Drama, was er in ein thrillerhaftes Psychsospiel umwandelte. Hier passte echt alles. Selbstverständlich hatte der Film kein großes Budget, aber das benötigte er auch gar nicht. Zumal man bei den Kostümen eine Menge Geld gespart hat, da die 20-jährige Hauptdarstellerin Blanca Marsillach, die Hälfte der Spielzeit, splitterfasernackt im Bild zu sehen ist. Wenn man jetzt direkt an Bettszenen und Selbstzweck denkt, liegt man völlig falsch. Das passte total in den Film und zu ihrem sehr gut aufgebauten Charakter. Zudem hat sie einen wirklich guten Job gemacht, was zusätzlich auch für Brett Halsey gilt.
Da Fulci diesmal keine Splattereffekte benötigte, war auch hierfür kein Geld nötig. Das hat man neben den Darstellern wohl in die Beleuchtung und die Schauplätze gesteckt. Aber Fulci wusste ja wirklich gut, wie man aus wenig viel rausholen kann. Das ist ihm hier vortrefflich gelungen.
Auch wenn ich mit seinem Spätwerk noch nicht ganz durch bin, glaube ich das „Dangerous Obsession“ meine Nummer 1 bleiben wird, was die Filme von ihm nach 1982 angeht. So seltsam es auch klingen mag. Vielleicht liegt es auch am Überraschungseffekt, da ich hier gar nichts erwartet habe. Aber ich bin mir absolut sicher, dass er zu Unrecht völlig unbekannt geblieben ist. Klar, hier ist es schwierig die Klientel zu finden. Wer sich in erotischen Gefilden der 80er aufhält, wird sich eher mit den damaligen Hochglanz Filmen beschäftigen, die aus den USA stammten. Die meisten Fulci Fans wollen natürlich Gore oder zumindest einen Giallo. Der passt also nicht überall ins Spektrum. Am ehesten ist er wohl für diejenigen geeignet, die sich ernsthaft mit seinem Schaffen auseinandersetzen. Die dürften aber hiermit ihre helle Freude haben.