Hitchcock selbst bezeichnete „Champagne“ als den Tiefpunkt seiner Karriere. Ob es jetzt tatsächlich der Tiefpunkt ist, vermag ich nicht zu beurteilen, da sich der Film auf ähnlichem Niveau wie der Vorgänger bewegt. Insgesamt hatte Hitchcock in dieser Phase der Auftragsarbeiten für das „British International Pictures“, keinen guten Lauf.
Ich finde es auf jeden Fall sehr interessant hier zu sehen wie unterschiedlich damals noch die Filmbranche funktionierte. Es ist ja heutzutage eher sehr selten das ein Regisseur einen festen Deal mit einem Studio hat und und dann eher solche Auftragsarbeiten inszenieren muss. In der moderneren Filmwelt ist es ja dann eher so das es entweder Regisseure gibt die alles komplett selbst machen, was jedoch die Ausnahme ist und eben Studios die für jedes Projekt individuell einen Regisseur suchen.
Ich erwähne dies deshalb, weil, so hart das jetzt klingen mag Hitchcock sicherlich mit solchen Filmen wie
Champagne heutzutage sehr schnell so Schiffbruch erleiden würde, das es schwierig wäre sich davon zu erholen. Somit war dieser Vertrag mit BIP sozusagen Segen und Fluch zugleich da er einerseits viele Filme als Auftragsarbeit drehen musste, aber dadurch auch genügend Chancen erhalten hat seine filmischen Skills stetig zu erweitern.
Wie auch beim Vorgänger, ist für mich hier die Geschichte selbst und die vorhandene Laufzeit das Problem. Allerdings müssen auch die Produktionsbedingungen für Hitchcock eine Katastrophe gewesen sein, weshalb ich eher hier die Bemerkung über den Tiefpunkt seiner Karriere sehe und nicht nur am Endergebnis.
Tatsächlich sehe ich auch hier das größte Problem in der sehr langweiligen Geschichte. Die Bilder die Hitchcock hier inszeniert hat sind sehr schön, die Großaufnahmen teilweise sogar richtig genial, aber auch das was der Zuschauer im Hintergrund des Nachclubs z.B. alles erkennen kann fand ich sehr schön in Szene gesetzt. Also handwerklich ist der Film auf jeden Fall gut!
Das Studio verfügte nämlich darüber, dass der erste Drehbuchentwurf, welcher eher in Richtung Drama ging, in eine Komödie umgeschrieben wird.
Daran musste ich auch sofort denken als ich dann im Nachgang wieder in meine Bücher gelesen habe. Die ursprüngliche Geschichte wäre mit Sicherheit viel interessanter gewesen und natürlich wäre durch die Ausrichtung eines Dramas das Ganze auch passender gewesen. Es könnte aber natürlich auch der Wunsch der Gesellschaft gewesen ein das man eben lieber Komödien sehen will als Dramen.
Zusätzlich schleppten sie mit Betty Balfour eine Darstellerin an, mit der er gar nicht arbeiten wollte
Hier muss ich jedoch gestehen, das ich Betty Balfour als eine sehr gute Besetzung fand. Sie konnte für mich beide Seiten sehr gut darstellen, die unbedarfte leichtlebige und verwöhnte Millionärs Tochter die aber dann auch eine Entwicklung durchmacht um etwas reifer und erwachsener zu werden. Natürlich konnte hier Hitchcock, da wir uns immer noch Ende der 1920er befinden, keine emanzipierte Frau plötzlich aus ihr machen die selber auf eigenen Beinen steht und ihr Leben so in den Griff bekommt, dass sie schlussendlich hätte sich selbst retten können. So musste natürlich im Finale sowohl der reiche Vater als auch der zukünftige Ehemann dafür sorge tragen das sie wieder glücklich wird und ihr Leben wieder in geordnete Bahnen gerät.
Die Kamera durch das Champagnerglas beispielsweise ist absolut gelungen,
Tatsächlich auch wieder eine sehr interessante Idee die auch technisch gut umgesetzt wurde!
wie auch der Gag mit dem etwas angetrunkenen Passagier auf dem Schiff
Den Gag fand ich auch köstlich!
Trotzdem plätschert der Champagner eher etwas abgestanden aus der Flasche und wirkt auf den Zuschauer nicht immer prickelnd. Auch hier gilt: Nur interessant, wenn man sich näher mit dem Gesamtwerk von Alfred Hitchcock beschäftigen möchte.
Tatsächlich finde ich den Film auch eher filmhistorisch interessant und es war wieder ein Genuss ihn in einer so schönen restaurierten Fassung zu sehen. Optisch hatte der Film daher für mich einige Highlights zu bieten. Es ist halt nur die fehlende interessante Story die ihn etwas vor sich hin plätschern lässt.