A Girl Walks Home Alone at Night
Ein iranischer Vampirfilm, der in schwarz-weiß gedreht wurde? Gibt es das wirklich? Ja, das gibt es. Regisseurin Ana Lily Amirpour drehte den Film im Jahr 2014 und brachte ein visuell äußerst beeindruckendes Kleinod zu Stande, das man in dieser Form nicht sehr oft zu Gesicht bekommt. Dadurch das eine iranische Crew am Werk ist und als Schauplatz ein fiktiver Ort im Iran gewählt wurde, könnte einen das Vorurteil einholen, das der Film ein politisches Statement wird, aber dem ist nicht so. Natürlich ist ein weiblicher, iranischer Vampir, der nachts im Tschador durch iranische Straßen wandelt, auch ein wenig in diese Richtung platziert, aber es gibt weder im Film eine Bewertung oder irgendeine Form von Politik, aber worum geht es denn jetzt genau?
Arash hat Probleme mit dem Drogendealer seines abhängigen Vaters und schlägt sich durch die trostlose Industriestadt „Bad City“. Er kann nämlich nicht bezahlen, weshalb er sein geliebtes Auto an ihn verliert. Als er es zurückhaben möchte, begegnet er an der Tür einer jungen Frau, die ihm entgegenkommt. Innerhalb des Hauses findet er nur noch die Leiche des Drogendealers, sowie Geld und Drogen, was er an sich nimmt.
Der jungen Frau begegnet er von nun an öfter. Sie fasziniert ihn und es entwickelt sich eine Romanze. Dennoch streift sie weiter durch die Nacht, um böse Menschen mit ihrem Biss zu bestrafen.
„A girl walks home alone at night“ setzt konsequent auf seine Bilder und die wundervolle Optik in schwarz-weiß. Deshalb erinnert die Stadt „Bad City“ natürlich auch an „Sin City“, da sie ebenfalls einen völlig hoffnungslosen Mikrokosmos vermittelt, der scheinbar keine Außenwelt kennt. Der Segen ist allerdings auch der Fluch des Films. Ist man die meiste Zeit noch absolut gebannt durch die Atmosphäre und den außergewöhnlichen Stil des Films, hat man sich irgendwann daran satt gesehen und verlangt nach mehr Inhalt. Den bekommt man aber nicht. Der Film ist sehr sehr langsam und absolut dialogarm gedreht, sodass die wiederkehrenden Bilder irgendwann nicht mehr reichen. Teilweise sind diverse Einstellungen auf mehrere Minuten ausgelegt und musikalisch sehr schön untermalt aber auf 100 Minuten gestreckt auch sehr langatmig. Es ist wie eine Kunstgallerie, die auf 100 Bilder im gleichen Stil ausgelegt ist. Die ersten 40 faszinieren vielleicht noch, nur irgendwann verliert man ein wenig das Interesse, wenn man bei Nummer 80 angekommen ist, da auf dem Gezeigten wenig Änderung stattfindet.
Dennoch ist das irgendwie ein schöner Film, der in seiner hypnotischen Ruhe verweilt aber auch an Experimentalfilme erinnert. Da muss man offen für sein. Selbst die Romanze wirkt eher kühl, statisch und unnahbar, weshalb der Film wahrscheinlich nur wenigen Zuschauern gefallen wird. Wenn ich ihn in einem Wort bewerten müsste, wäre meine Wahl das Wort „interessant“.
Noch eine persönliche Randnotiz: Als in der Hälfte des Films, zu äußerst ruhigen Bildern, plötzlich der Song „Death“ von der Band „White Lies“ startet und fast komplett gespielt wird, hat es mich fast von der Couch geworfen. Einer meiner Lieblingstracks der britischen Alternative Band, in einem iranischen schwarz-weiß Film über Vampire, war das Letzte womit ich gerechnet hatte. Allein für diese Sequenz hat der Film einen Platz im Regal verdient.